Experten warnen vor Corona-Schnelltests
Corona-Schnelltests werden in vielen Altenheimen und KrankenhÀusern eingesetzt. Doch Experten mahnen zur Vorsicht: Denn viele Tests halten bei Weitem nicht, was die Hersteller versprechen.
Die vielfach eingesetzten Corona-Schnelltests sind Studien zufolge hÀufig unzuverlÀssig. Die Empfindlichkeit der Antigen-Schnelltests ist demnach zum Teil erheblich geringer als von den Herstellern angegeben. Das betonen deutsche Wissenschaftler des Nationalen Forschungsnetzwerks der UniversitÀtsmedizin zu Covid-19 in einem Positionspapier. Die Mediziner warnen dringend davor, die Hygieneregeln in Alten- und Pflegeheimen zu lockern, in denen Schnelltests hÀufig zum Einsatz kommen.
Nicht alle Infektionen werden erkannt
Anders als die sehr zuverlĂ€ssigen PCR-Tests weisen Antigen-Schnelltests den Erreger nicht anhand seines Erbguts nach, sondern anhand bestimmter Virusproteine. Die QualitĂ€t solcher Verfahren testeten zwei MĂŒnchner Unikliniken an insgesamt 859 Abstrichen. Die Tests fĂŒhrte dabei Fachpersonal durch. ĂberprĂŒft wurden der in Deutschland meistverwendete Schnelltest sowie ein zweites Produkt.
"Nach unseren Untersuchungen werden nur sechs von zehn SARS-CoV-2-Infektionen erkannt", sagt Oliver Keppler, Chef der Virologie am Max-von-Pettenkofer-Institut der MĂŒnchner Ludwig-Maximilians-UniversitĂ€t. "Anderseits erhalten auch zwei von hundert nicht infizierten Personen ein falsch-positives Ergebnis."
PCR-Verfahren liefert genaueres Ergebnis
Die MĂŒnchner stehen mit ihren Ergebnissen nicht allein da. So wurden in der Notaufnahme des Stuttgarter Katharinenhospitals 459 Patienten mit zwei verschiedenen Verfahren getestet. Auch hier war die ZuverlĂ€ssigkeit der Antigen-Schnelltests deutlich schlechter als die des PCR-Verfahrens, insbesondere bei Patienten ohne Symptome.
Antigen-Schnelltests könnten zumeist "hochinfektiöse Menschen mit hohen Viruslasten" erkennen, erlÀutert Keppler. "Es ist jedoch nicht so, dass eine Infektion durch das negative Ergebnis eines Schnelltests zuverlÀssig ausgeschlossen werden könnte. Bei Weitem nicht."
Daher warnt der Mediziner: "Ein negativer Antigen-Schnelltest ist kein Freifahrtschein. Viele Menschen denken bei einem negativen Ergebnis: "Naja, dann muss ich ja nicht mehr so konsequent auf Abstand achten oder die lĂ€stige Maske tragen." Wenn die Vorsicht in Hochrisikobereichen wie Alten- und Pflegeheimen nachlĂ€sst, halten wir das, wie in unserem Positionspapier dargestellt, fĂŒr wirklich kritisch."
Die Hersteller dĂŒrften mit ihren eigenen Angaben zur TestqualitĂ€t werben, beklagt Kepler. "Das gleicht einer Fehlinformation. Wir haben in den letzten Wochen Ausbruchsszenarien gesehen, bei denen wahrscheinlich falsche Ergebnisse von Antigen-Schnelltests eine entscheidende Rolle fĂŒr den Eintrag des Virus gespielt haben."
ZuverlĂ€ssigkeit sinkt auch bei fehlerhafter DurchfĂŒhrung
Der Experte bemĂ€ngelt nicht nur, dass die Antigen-Schnelltests selbst nicht sehr zuverlĂ€ssig seien. Er betont, diese Tests mĂŒssten auch unbedingt korrekt durchgefĂŒhrt werden. "Das sollte in HĂ€nden geschulten Fachpersonals sein", sagt er. "Nun gibt es die Idee, groĂe Zahlen von Arbeitssuchenden zu rekrutieren, um solche Tests in Alten- und Pflegeheimen durchzufĂŒhren. Wenn ungeschultes Personal zum Einsatz kommt, habe ich Sorge, dass die ZuverlĂ€ssigkeit der Testergebnisse noch weiter leiden wird."
Die Ergebnisse von Schnelltests könnten nur dann hilfreich sein, wenn sowohl die Abnahme des Abstrichs gut sei, als auch der Test richtig durchgefĂŒhrt werde. Und auch nach dem negativen Resultat eines Schnelltests mĂŒsse man die Hygieneregeln einhalten, betont Keppler: "Das ist extrem wichtig, insbesondere zum Schutz von Menschen mit dem Risiko eines schweren Krankheitsverlaufs."