Sie sind eigentlich nicht möglich Signale aus der Antarktis geben Forschern Rätsel auf
Zwei Signale aus der Antarktis fordern die Physik heraus: Teilchenspuren mit enormer Energie kamen aus Richtung des Erdbodens. Das lässt sich kaum erklären.
In den vergangenen Jahren haben Forscher immer wieder rätselhafte Teilchensignale eingefangen, die nicht zu den bekannten physikalischen Modellen passen. Besonders spektakulär: zwei Radiopulse, die das ANITA-Experiment (Antarctic Impulsive Transient Antenna) – Messballons über der Antarktis – aufgezeichnet hat.
Die Signale kamen nicht wie erwartet von oben, sondern in einem Winkel von etwa 30 Grad von unten aus dem Eis. Das legen Auswertungen der Balloninstrumente nahe, die Radiowellen auffangen, wie sie bei der Wechselwirkung von Neutrinos mit der Atmosphäre oder dem Eis entstehen.
Diese beiden Ereignisse waren extrem energiereich und rund 200-mal stärker als typische Signale bekannter Teilchenquellen. Doch ihre Richtung stiftet Verwirrung: Ein solches Teilchen müsste die gesamte Erde durchquert haben. Das aber gilt nach aktuellem Stand der Physik als ausgeschlossen.
Kein Teilchen schafft die Reise durch den Planeten
Kein Teilchen des Standardmodells könne bei dieser Energie rund 5.700 Kilometer Gestein durchqueren, ohne absorbiert zu werden, erklären Forscher der Wissenschaftsvereinigung Pierre Auger Collaboration. Trotzdem registrierte ANITA zwei solche Ereignisse. Einige Wissenschaftler hatten zuvor vermutet, dass es sich um Zerfallsprodukte sogenannter Tau-Neutrinos handeln könnte, die tief im Erdinnern entstanden und dann nach oben in die Atmosphäre geschossen waren.
Doch eine neue Analyse des Pierre-Auger-Observatoriums, des weltweit größten Detektors für ultrahochenergetische kosmische Teilchen, stellt diese Interpretation infrage. Mithilfe spezieller Teleskope untersuchte das Team rund 7,6 Millionen Teilchenspuren, darunter gezielt solche, die aus dem Boden zu kommen schienen – wie bei ANITA.
Das Ergebnis ist eindeutig: Unter den Millionen Signalen wurde nur ein einziges Ereignis entdeckt, das möglicherweise von unten kam – und selbst das passt gut zu bekannten Störquellen. Der Vergleich mit den ANITA-Daten zeigt zudem: Wenn die Signale tatsächlich durch aufwärts gerichtete Teilchenkaskaden entstanden wären, hätte das Auger-Observatorium Dutzende solcher Ereignisse registrieren müssen.
Ungelöstes Rätsel bleibt bestehen
"Wir wissen nur, dass diese Anomalien höchstwahrscheinlich nicht durch Neutrinos verursacht wurden", erklärt Stephanie Wissel von der Pennsylvania State University. Gemeinsam mit Kolleginnen und Kollegen hat sie auch alternative Erklärungen untersucht – ohne Erfolg.
Die Physiker kommen zu dem Schluss: Die beiden Signale aus der Antarktis bleiben ein Rätsel. Weder bekannte Teilchen noch bisher getestete neue Theorien können die Beobachtungen ausreichend erklären. "Meine Vermutung ist, dass unter dem Eis oder am Horizont ein Prozess stattfindet, den wir bisher nicht verstehen", sagt Wissel. "Im Moment gehört das zu den ungelösten Rätseln."
Doch die Hoffnung bleibt. Zukünftige Messkampagnen – auch mit neuen Detektoren – könnten weitere solche Signale aufspüren. Und vielleicht bringt eines davon endlich Licht ins Dunkel dieser mysteriösen Teilchenspuren.
- journals.aps.org: "Search for the Anomalous Events Detected by ANITA Using the Pierre Auger Observatory" (Englisch)
- scinexx.de: "Rätsel um Extremsignale aus der Antarktis"