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Irland: Wo Urlauber in einem Wehrturm übernachten können


Ulysses lässt grüßen
Einmalig in Irland: Hier können Urlauber in einem Wehrturm übernachten

Christian Haas/srt

Aktualisiert am 03.01.2019Lesedauer: 4 Min.
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Der Martello Tower von oben: Hier können Urlauber Irlands Küsten entdecken.Vergrößern des Bildes
Der Martello Tower von oben: Hier können Urlauber Irlands Küsten entdecken. (Quelle: Peter Barrow/Tourism Ireland)

Den 200 Jahre alten Wehrturm in Sutton können Urlauber als exklusive Ferienunterkunft mieten. Vor allem Romantiker werden entzückt sein ob des James-Joyce-Ambientes und der Top-Sicht auf die Dublin Bay.

Ob Napoleon sich vom mitunter zweifelhaften Wetter abschrecken ließ? Von den suspekten Bräuchen der Nachfahren der Kelten? Oder von den Wehrtürmen, die in Rekordtempo gegen seine drohende Invasion errichtet wurden? Man weiß es nicht. Jedenfalls ließ er sich nie in Irland blicken. So wurde von den sogenannten Martello-Türmen, den standhaften Bauwerken im korsischen Martello nachempfunden, nie eine Kanonenkugel abgefeuert.

Martello Tower: Die etwas andere Ferienwohnung

Als friedliche Zeugen der damaligen Kriegsstimmung blieben die meisten der etwa zwölf Meter hohen und mit meterdicken, glatt verputzten Ziegelmauern versehenen Türme bestehen. 164 errichtete das britische Empire damals. Allein in Irland sind noch rund 50 zu sehen, in der Dublin Bay vor der Hauptstadt gleich mehrere. Einer davon ist der im Norden der Bucht gelegene Martello Tower Sutton.

Das Besondere: Er war 1804 nicht nur der erste Verteidigungsturm, der auf der grünen Insel erbaut wurde, sondern ist auch der bislang einzige, in dem man seit ein paar Jahren übernachten kann. Eine ganz spezielle Ferienwohnung, ideal für Gäste, denen die abgeschiedene Lage direkt am Meer ebenso wenig ausmacht wie die teils beengte Architektur.

Wendeltreppe und dunkles Ambiente

Bill, der uns mit der für Irland so typischen und herrlich unprätentiösen Art empfängt, erzählt: "Die meisten Gäste sind begeistert, auch wenn es für sie anfangs ein wenig ungewohnt ist." Damit meint er wohl vor allem die Wendeltreppe, auf der wir uns über die drei Etagen bewegen müssen. Sie ist eng und steil. Ungewohnt gestaltet sich auch das leicht dunkle Ambiente der Räume, die andererseits sehr stilvoll eingerichtet sind: Müsste man dem komfortablen, aber nicht überbordenden Designmix vom plüschigen Pomp aus edwardianischer Zeit bis hin zur modernen Küchenzeile samt Designertisch Hotelsterne verleihen: Vier wären schon drin.

Dazu trägt die rund um den Turm führende Holzterrasse ebenso bei wie der Whirlpool im Bad. Dafür fehlt dort das Fenster. Die beiden Schlafgemächer nebenan haben zwar welche, aber diese befinden sich in ehemaligen Schießscharten. Besonders hell wird es hier also nicht. Wer die Fenster öffnen will, muss in den langen Schacht klettern. Und die Mauern sind über drei Meter dick. Die Betten sind jedoch allemal bequemer als damals, als Kanonenmeister hier auf unkommoden Pritschen lagen.

Meerblick und Turmromantik

Auch wenn der etwas hellere Raum darüber mit Kamin, DVD-Player, Sofas und Minibalkon als Living Room deklariert ist, halten wir uns am liebsten ganz oben auf: in der Wohnküche, die erst durch die aufwendige Renovierung 2008 entstand. Wer die 32 Stufen nach oben meistert, der wird mit einem hellen, 25 Quadratmeter großen Raum belohnt. Rundum geben Fenster den Blick auf die weite Bucht frei, auf den Ort Sutton und die Küste. Mit dem bereitliegenden Fernglas beobachten wir Fähren, Kreuzfahrtschiffe, Jollen der nahen Segelschule und das ständige Kommen und Gehen des Meeres.

Vor lauter Turmromantik mag man selbst zwei hoch aufragende Schornsteine am Horizont für die Masten eines fernen Segelbootes – Napoleon? – halten. Die poetische Ader der Gäste fördert auch ein Raum, der nach James Joyce benannt ist, dessen weltberühmter Roman Ulysses in dieser Gegend spielt. Passend dazu liegt entsprechende Literatur aus.

Wandern, Golfen und Entspannen auf der grünen Insel

Lieber Lust auf Bewegung? Schöne Wanderwege starten direkt am Turm und führen durch Brombeergrün entlang aufregender Klippen bis nach Howth, einem netten Küstenörtchen mit vielen Fischläden. Und dem nächsten Martello Tower. Der steht wie der in Sutton unter Denkmalschutz. "Früher klopften die Ausflügler an 'unserem' Martello Tower einfach an die Tür", erzählt Bill. Weil sie dachten, es sei ein Museum. Aus diesem Grund wurde eine hüfthohe Mauer gebaut und eine Alarmanlage installiert. "Aber sie ging nur einmal los", beruhigt Bill, "nämlich als ein Kormoran gegen die Scheibe flog." Die Alarmanlage soll Gäste, die sich durch die abgelegene Lage unwohl fühlen, also eher beruhigen.

Aber eigentlich kann man sich nur wohlfühlen: Der Ausblick, die Ruhe, der Komfort – alles passt. Nur das ständige Auf und Ab im engen Treppenschacht kann nach ein paar Tagen etwas lästig werden. Entsprechende Freiheit findet sich aber direkt vor der Turmtür. Inklusive imposanter Geräuschkulisse. Wo einst Kanonendonner befürchtet wurde, schreien heutzutage Möwen und rauscht das Meer auf den Kieselstrand. Oberhalb der Klippen wiehern Pferde und verbessern Golfer ihr Handicap. An der Dublin Bay registriert man die höchste Golfplatzdichte Irlands.

Dublin erkunden: Auf den Spuren von James Joyce

Was den Turm zusätzlich attraktiv macht, ist die gerade einmal 30 Autominuten entfernte Innenstadt von Dublin. Eine feine Kombination: erst im Wehrturm im Ulysses schmökern, der die irische Hauptstadt vor einhundert Jahren beschreibt, und sich dann selbst ein Bild vom Dublin des Jahres 2019 machen. Zahlreiche Ulysses-Wege führen durch die Stadt: etwa zum James Joyce Centre und zum berühmten, von Joyce beschriebenen Pub "Davy Byrnes" in der Duke Street.

Und dann gibt es ja noch den James Joyce Tower in Sandycove im Süden der Bucht. In diesem Wehrturm, auch ein Martello Tower, erdachte Irlands größter Schriftsteller 1904 die Szenen des ersten Ulysses-Kapitels. Folgerichtig werden dort diverse Buchausgaben und Briefe ausgestellt. Aber ganz ehrlich: Das größere Joyce-Feeling kommt in Sutton auf, bei einem Glas Rotwein auf der privaten Turmterrasse im Sonnenuntergang.

Verwendete Quellen
  • Reiseredaktion SRT
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