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Karlsbad: Warum der Kurort gerade ein schönes und günstiges Reiseziel ist


Perle des böhmischen Bäderdreiecks
Warum Sie jetzt nach Karlsbad reisen sollten

srt, Von Hannah Herger

Aktualisiert am 02.01.2024Lesedauer: 6 Min.
Blick in die Stadt von Karlsberg: Die Dreifaltigkeitssäule stammt aus dem Jahr 1716.Vergrößern des BildesBlick in die Stadt von Karlsbad: Die Dreifaltigkeitssäule stammt aus dem Jahr 1716. (Quelle: tunart/getty-images-bilder)
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Weil Karlsbad vor allem auf russische Gäste gesetzt hat, bleiben jetzt die Hotelbetten leer. Ein guter Zeitpunkt für Deutsche, noble Herbergen zu buchen.

Karlsbad im Winter: Nur eine Handvoll Passagiere haben sich in die Seilbahn zum Aussichtsturm Diana verirrt, der seit mehr als 100 Jahren auf der Freundschaftshöhe direkt über dem Zentrum des böhmischen Heilbades thront. Das beliebte Ausflugslokal hat geschlossen; das Schmetterlingshaus sowie der Minizoo sind verwaist.

Ein schmuckloses Schild am Turm verkündet, dass der Aufzug außer Betrieb ist. Wer die Kurlegende am Fluss Tepla aus der Vogelperspektive erleben möchte, muss notgedrungen die 150 Stufen hinaufgehen.

Oben angekommen, fegt eine steife Brise den Kletterer beinahe von der Aussichtsplattform. Dicke Schneewolken hängen über den Hügeln des Erzgebirges, die sich im Westen auftürmen. Nur im Süden, im majestätischen Kaiserwald, blitzt gelegentlich die Sonne hervor.

Schon nach wenigen Minuten sind die Glieder steif gefroren. Nur schnell runter vom Turm und hinein ins Warme, in eines der traditionsreichen Cafés, wo schon der junge Goethe, Beethoven und Kaiser Franz I. tafelten.

Perle des böhmischen Bäderdreiecks verwaist

Eine steife Brise rüttelt auch sinnbildlich an den Grundfesten Karlsbads, das gemeinsam mit zehn weiteren traditionsreichen Kurstädten in Europa im Jahr 2021 in die Unesco-Welterbeliste aufgenommen wurde. Denn wegen des Ukraine-Kriegs, der Sanktionen und verschärfter Einreisebestimmungen für Russen wurde das Heilbad ungewollt zum Kriegsverlierer. "Karlsbad war wie eine russische Enklave", erzählt Reiseleiterin Sarka Kostalova.

Während Deutsche und Österreicher oft nur für ein paar Tage in die Perle des böhmischen Bäderdreiecks kämen, seien die konsumfreudigen Russen oft mehrere Wochen geblieben. Die Statistik untermauert ihre Aussage: 2019 gingen 31.5000 Übernachtungen auf das Konto von Russen, 2022 waren es gerade einmal 10.000.

Wandel der Touristen spürbar

Wer an der Tepla entlang spaziert, vorbei an prächtigen Bauten im Stil des Historismus und des Jugendstils, sieht die Unterschiede zu früher sofort. Die kyrillische Schrift ist noch immer auf Speisekarten, Werbetafeln und Geschäftsschildern zu finden.

Doch mischen sich nur noch selten russische Wortfetzen in den Wohlklang aus Tschechisch, Deutsch, Spanisch oder Japanisch. In der 132 Meter langen Mühlbrunnenkolonnade standen die russischen Kurgäste einst Schlange, um mineralienreiches Heilwasser aus den typischen Schnabeltassen zu schlürfen.

Heute versammeln sich japanische Besuchergruppen zum Gruppenfoto in der Sprudelkolonnade, einer architektonischen Grausamkeit aus Eisen und Stahl, wo eine bis zu 74 Grad heiße Quelle bis zu zwölf Meter in die Höhe schießt.

Glamour weicht Gemütlichkeit

In der Fußgängerzone Stara Louka drehen die Verkäufer der Nobelboutiquen und Juweliere Däumchen, weil statt betuchter Russinnen mit Zobelpelz, Valentino-Täschchen und mörderischen Highheels deutsche Senioren über das Kopfsteinpflaster stiefeln, immer auf der Suche nach Oblaten, Gulasch und Pilsner Bier.

Die Zeiten üppigen Glamours sind selbst in den traditionsreichen Nobelherbergen mit fünf Sternen vorüber, wo im hauseigenen Restaurant zwar der Dresscode "smart casual" propagiert wird, in den Fluren aber Jeans, Pullover und gelegentlich sogar Jogginghosen dominieren.

Die 173 Hotels und Herbergen sind schließlich auf Auslastung angewiesen. Abends zeigt sich das ganze Ausmaß der Misere. Restaurants bleiben geschlossen, ganze Etagen der hochherrschaftlichen Herbergen bleiben dunkel.

Selbst in den Flaggschiffen "Pupp" sowie dem "Imperial", das wie eine Tiara über der Stadt thront, sind noch Zimmer für wenig Geld zu bekommen. Bei einigen Busreiseveranstaltern gibt es die Woche Halbpension in einer der beiden Luxusherbergen bereits für 800 Euro: An- und Abreise sowie einige Kurbehandlungen sind im Preis dann inbegriffen. Wer sich mit einem Drei- oder Viersternehaus zufrieden gibt, kann locker einige Hundert Euro sparen.

Jedes zweite Haus in russischem Besitz

Karlsbad ist ein inszenierter Traum aus denkmalgeschützten Häusern, mit Stuck überladenen Foyers, in Gold schwelgenden Treppenhäusern und Heerscharen muskelbepackter Atlanten, die das Übermaß an Ornamenten kaum abstützen können. Dass sich die westböhmische Stadt, die der schweizerisch-französische Architekt Le Corbusier als "Ansammlung von Torten, alle vom gleichen Stil" beschrieb, heute so prachtvoll wie vor 100 Jahren präsentiert, verdankt sie vor allem reichen Russen.

Nach der Wende kauften sie Hotels, Pensionen und Privatvillen in großer Zahl und investierten viel Geld in die mustergültige Sanierung der heruntergewirtschafteten Anwesen. Schätzungen zufolge gehört jedes zweite Haus im Zentrum russischen Investoren.

Doch jetzt rächt sich dieser Umstand. "Viele Besitzer, die hier eine geraume Zeit des Jahres verbringen wollten, können nicht mehr kommen", erzählt Stadtführerin Jutta Hebronova. Einige wollen ihren Besitz jetzt möglichst schnell verkaufen, andere hoffen auf bessere Zeiten.

Einige der prächtigsten Bauten Karlsbads stehen leer, wie beispielsweise die im Jahr 1900 erbaute Jugendstilvilla des Schneidermeisters Felix Zawojski. Der gute Mann hatte mit seinem Salon mitten im historischen Zentrum ein Vermögen verdient und zählte erlauchte Herrschaften wie König Eduard VII. sowie den Schah von Persien zu seinen Kunden. Von 2006 bis 2008 wurde das mehrstöckige Anwesen aufwändig rekonstruiert, heimste gar Preise für die floral-verspielte Fassade ein, doch eine Nutzung ist nicht in Sicht.

Neue Nutzung der Kurhäuser

Karlsbads Quellen sprudeln täglich 18 Tonnen Mineralien aus 2.000 Metern Tiefe an die Erdoberfläche. Entdeckt wurde die Heilwirkung der faulig müffelnden Wässerchen eher durch Zufall. Angeblich soll Karl IV., König von Böhmen und römisch-deutscher Kaiser, während der Pirsch auf ein blubberndes Wasserloch gestoßen sein, wo er sein verletztes Bein kurierte.

Ihm folgten Generationen von Aristokraten, Geldadel und Literaten. Ein Zuckerschlecken war der Aufenthalt für die Kranken und Gebrechlichen damals nicht. Viele Jahrzehnte lang verfuhr man in Karlsbad nach einem simplen Rezept: Viel hilft viel, ob beim Trinken oder Baden. Bis zu sechzig Becher Sprudelwasser pro Tag mussten es sein, und wer in die Wanne in einer der fünf Kuranstalten stieg, musste dort zehn oder mehr Stunden ausharren.

Die fünf Kurhäuser mit ihren Badekabinen werden längst nicht mehr für den ursprünglichen Zweck gebraucht, "schließlich verfügt heute fast jedes Hotel über eine eigene Badeabteilung", erzählt Jutta Hebronova. Für das 50.000-Einwohner-Städtchen ist diese Ansammlung architektonischer Schmuckstücke eine nie endende Aufgabe.

Schließlich musste für jedes dieser Traumgebilde eine sinnvolle Nutzung gefunden werden. Im Elisabethbad mit seinem halbrunden Mittelbau ziehen heute Schwimmer ihre Bahnen, hinter der neugotischen Fassade von Bad III tritt im Antonín-Dvorák-Saal regelmäßig das Karlsbader Symphonieorchester auf.

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Höhen und Tiefen des Kaierbades

Am heftigsten wurde um die Zukunft des Kaiserbades gerungen, gleich gegenüber des pompösen Grandhotels Pupp. Die Wiener Architekten Fellner und Helmer, errichteten ein Renaissancejuwel, das in puncto Ausschmückung und Ausstattung neue Maßstäbe setzte.

"Hier gab es beispielsweise das erste Fitnessstudio Tschechiens mit mehr als 60 elektrisch betriebenen Turn- und Gymnastikgeräten", so Kurator Jan Charvát. Ob der Schah von Persien, Atatürk oder die Astronautenlegenden Juri Gagarin und Sigmund Jähn in der Muckibude trainiert haben, ist nicht bekannt. Gesichert ist, dass Äthiopiens Herrscher Haile Selassie der letzte Nutzer der für Kaiser Franz Josef I. konzipierten kaiserlichen Badekabine war.

Kurhaus, Kasino, zuletzt ein "Lost Place" voll morbiden Charmes: Das Kaiserbad hat Höhen und Tiefen erlebt. Der letzte Besitzer wollte den mondänen Bau kurzerhand abreißen und stattdessen einen Supermarkt mit angeschlossenem Parkhaus errichten. Glücklicherweise schoben Stadt und Staat diesen Plänen einen Riegel vor.

Rund 56 Millionen Euro nahm man für die Runderneuerung des denkmalgeschützten Baus in die Hand, der eher einem Theater denn einer Badeanstalt ähnelt, und der nun die Verbindung von Geschichte und Gegenwart schafft.

Die Hauptattraktion ist noch immer das kaiserliche Badezimmer mit den handbemalten Fliesen, der Mahagonivertäfelung und der Spültoilette, auf der etliche gekrönte Häupter saßen. Die Gegenwart repräsentiert ein neuer Multifunktionssaal, der auch als Kino genutzt wird – schließlich bringt das Internationale Filmfestival seit 1947 weltberühmte Hollywoodgrößen in das tschechische Heilbad.

Vorteile des Touristenmangels

Ein Gutes hat die Abwesenheit der russischen Gäste: Es ist herrlich entspannend, durch Karlsbads Gassen zu flanieren und die vielen Details der Häuser zu studieren. An unzähligen Ständen werden Schnabeltassen feilgeboten, auf denen Micky Maus, Marilyn Monroe und das Karlsbader Zwiebelmuster prangen. Noch größer ist das Angebot an Becherovka-Buden: Der Magenlikör gilt im Volksmund als Karlsbads "Quelle Nr. 13".

Im Westend, wo die schönsten Villen stehen und die goldenen Kuppeln der russisch-orthodoxen Kirche in den Himmel ragen, hält Karl Marx die Stellung. Dreimal war er in Karlsbad, Goethe brachte es dagegen auf 13 Besuche. Als ihn seine letzte große Liebe, die blutjunge Ulrika von Levetzow, verschmähte, verließ er im September 1823 enttäuscht die Stadt und kam niemals wieder.

Zur Erinnerung errichteten die Karlsbader den Aussichtsturm Goetheblick, der auf der Höhe des Ewigen Lebens thront. Wer die 160 Stufen zur Plattform auf 638 Metern Höhe erklimmt, fühlt sich dem Himmel nahe, denn ein schöneres 360-Grad-Panorama gibt es in ganz Karlsbad nicht.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenredaktion SRT
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