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Hohe Parkgebühren für SUV in Paris: "Das ist Augenwischerei"


Höhere Parkgebühren
Der SUV-Plan ist eine kluge Taktik


Aktualisiert am 05.02.2024Lesedauer: 1 Min.
Interview
Was ist ein Pro & Kontra?

Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.

imago images 0312077102Vergrößern des Bildes
Oft zu groß für die Stadt: Ein Mercedes-SUV parkt in Berlin auf dem Gehweg. (Quelle: IMAGO/Schoening/imago-images-bilder)

Paris verdreifacht die Parkgebühren für schwere Autos in der Innenstadt. Ist das der richtige Schritt – oder nur ein fauler Kompromiss? Zwei Redakteure im Streitgespräch.

Paris macht Ernst im Kampf gegen schwere SUVs: Bei einer Bürgerbefragung hat sich eine Mehrheit der Abstimmenden (allerdings beteiligten sich nur 5,69 Prozent der 1,3 Millionen Berechtigten) für eine drastische Erhöhung der Parkgebühren für SUVs ausgesprochen.

Damit konnte die rot-grüne Stadtverwaltung einen Plan durchsetzen, nach dem für SUVs und andere schwere Autos die Parkgebühren für eine Stunde Parken im Zentrum 18 Euro statt üblicherweise 6 Euro und in den Außenbezirken 12 Euro statt 4 Euro betragen sollen. Für sechs Stunden Parken im Zentrum werden gar 225 Euro statt bislang 75 Euro fällig. Die neue Regelung soll ab dem 1. September dieses Jahres greifen.

Die sozialistische Bürgermeisterin Anne Hidalgo setzt sich für eine massive Verkehrswende ein: Alles, was die Bürger im Alltag bräuchten, solle fußläufig innerhalb von 15 Minuten zu erreichen sein. Das Argument der Stadt für höhere Gebühren für SUVs: Die schweren Karossen verursachten eine erhöhte Umweltverschmutzung, beanspruchten viel öffentlichen Raum und gefährdeten die Verkehrssicherheit. Mit dem Sondertarif für große Autos sollten die von ihnen verursachten Belästigungen begrenzt werden.

Ist das Vorgehen gegen SUVs in Paris richtig?

Pro
Tobias EßerRedakteur Politik, Wirtschaft, Gesellschaft

Ein kleines Puzzleteil im Klimaplan

Ja, vielleicht bringen die höheren Parkgebühren für auswärtige SUVs nicht unbedingt die Wende in der Pariser Verkehrspolitik. Aber das sollen sie auch gar nicht. Denn die beschlossene Regel ist nur ein winziges Puzzleteil im großen Klimaplan der sozialistischen Pariser Bürgermeisterin Hidalgo.

Zuerst war es das Tempolimit von 30 Kilometern pro Stunde, das auf den meisten Straßen der französischen Hauptstadt eingeführt wurde. Ab dem 14. September trifft Hidalgos Plan den Périphérique, die Ringautobahn um die Pariser Innenstadt. Tempo 50 gilt hier ab Mitte September.

Hidalgo ist so ambitioniert wie wohl kein anderer Amtskollege einer europäischen Hauptstadt mit mehreren Millionen Einwohnern. Bis 2030 sollen die direkten Emissionen um die Hälfte und der CO₂-Fußabdruck um 40 Prozent reduziert werden.

Um diesen Plan in die Tat umzusetzen, muss die Pariser Bürgermeisterin allerdings kleine Schritte machen, um die Unterstützung der Bevölkerung zu behalten. Schon jetzt war das Bürgervotum zu den erhöhten Parkgebühren für auswärtige SUV eine schwere Geburt – nur eine knappe Mehrheit der Pariserinnen und Pariser stimmte dem Vorhaben zu.

Die verhältnismäßig geringe Zustimmung zeigt aber auch: Hidalgo muss aufpassen, dass sie die Bevölkerung bei ihren Vorhaben mitnimmt. Sie kann ihren ambitionierten Klimaplan nur umsetzen, wenn sie lang genug im Amt bleibt. Deshalb ist die Umsetzung des Klimaplans in Form von kleinen Puzzlestücken auch keine Augenwischerei, sondern eine kluge Taktik, die das langfristige Ziel im Blick behält – und von der sich einige Amtskollegen noch eine Scheibe abschneiden könnten.

Kontra
Christopher Clausen PorträtChristopher ClausenStellvertretender Ressortleiter Aktuelle Ratgeber

Die geplante Regelung ist Augenwischerei

18 Euro statt üblicherweise 6 Euro: So viel soll es ab September kosten, wenn man im Pariser Zentrum sein SUV abstellen will. Übrigens nicht nur Fahrzeuge dieser Bauart, sondern jegliche schweren Autos (Verbrenner- und Hybridmodelle mit einem Gewicht ab 1,6 Tonnen und Elektromodelle ab zwei Tonnen Gewicht). Das klingt drastisch – und tut Betroffenen ordentlich im Geldbeutel weh. Die Aufregung ist entsprechend groß. Dabei ist diese Aktion nur Augenwischerei.

Denn Anwohner, Handwerker und Pflegedienste sind von den neuen Regelungen ausgenommen. Das heißt: Selbst wenn weniger Fahrer von dicken Autos aus dem Umland aus Kostengründen das Stadtzentrum ansteuern, dürften immer noch etliche große Fahrzeuge entlang der Straßen parken. Denn wer sich das Leben im teuren Zentrum der französischen Hauptstadt leisten kann, fährt in der Regel selten Kleinwagen.

Wenn es die Pariser Bürgermeisterin Anne Hidalgo und ihre Regierung mit Fußgänger- oder Umweltschutz wirklich ernst meinen würden, hätten sie ihr Gesetz deutlich schärfer formulieren müssen: Hohe Parkgebühren für alle schweren Autos müssten für alle fällig sein, egal ob Anwohner oder nicht. Oder noch drastischer: Parkgebühren nach Außenmaßen. Denn selbst ein viereinhalb Meter langes SUV wie der in Frankreich beliebte Citroën C5 Aircross kann je nach Motorisierung unter 1,6 Tonnen wiegen – und kommt damit um die erhöhten Gebühren herum, obwohl es viel Platz braucht. Doch das hätte keine knappe Mehrheit von 54,5 Prozent der Stimmen erhalten, sondern wahrscheinlich deutlich weniger.

Die Frage ist, ob ein solch fauler Kompromiss wirklich Teil der Lösung für die Verkehrs- und Umweltprobleme in den Städten sein kann – oder ob er einfach nur diejenigen besänftigen soll, die sich eigentlich viel mehr gewünscht hätten: weniger Verkehr, weniger Gefahren, mehr Raum für die Menschen in den vollen Metropolen.

 
 
 
 
 
 
 

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