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E-Mobilität: Insolvenzen bei Ladesäulen-Anbietern häufen sich


Insolvenzwelle bei Ladesäulen
E-Mobilität in Deutschland in der Krise


Aktualisiert am 16.09.2024Lesedauer: 4 Min.
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E-Auto an LadesäuleVergrößern des Bildes
E-Ladesäule (Symbolbild): Einige Anbieter sind in die Insolvenz gerutscht. (Quelle: Julian Stratenschulte/dpa/dpa-bilder)

Die E-Mobilität in Deutschland schwächelt derzeit – was sich auch negativ auf die Anbieter von Ladestationen auswirkt. Wird das zum langfristigen Problem?

Deutschland soll schrittweise auf E-Mobilität umsteigen – doch aktuell geht es nur schleppend voran: Mit dem Ende der E-Auto-Förderung ist die Nachfrage nach E-Autos massiv eingebrochen. Im Juli 2024 wurden 30.762 neue Pkw mit batterieelektrischem Antrieb (BEV) zugelassen – laut Kraftfahrtbundesamt waren das 36,8 Prozent weniger als im selben Monat des Vorjahres. Die Zahl der Pkw-Neuzulassungen insgesamt ist jedoch beinahe konstant geblieben.

Der Einbruch bei den Elektroautos führt auch zu Einbußen in den Geschäftsfeldern, die um die Elektroautos herum angesiedelt sind: Mit dem australischen Schnellladesäulenhersteller Tritium, dem Ladetechnologie-Anbieter Compleo, dem österreichischen Anbieter EnerCharge und Numbat (Schnellladesäulen mit Batterietechnik) sind innerhalb eines Jahres gleich vier Anbieter von Ladeinfrastruktur in die Insolvenz gerutscht. Compleo hat sich im vergangenen Jahr unter dem neuen Besitzer Kostal neu aufgestellt.

Der Bundesverband Beratung neue Mobilität (BBNM) schrieb im Mai in einem offenen Brief an die Bundesregierung, dass die Insolvenzen erst der Beginn einer fatalen Entwicklung seien. "Diese Misere ist vor allem auf diverse politische Fehler zurückzuführen. Hauptgründe sind überstürzte Förderstopps, ein fehlendes Bekenntnis zur Elektromobilität, ein völlig wirkungsloser Masterplan Ladeinfrastruktur II, eine momentan weitgehend untergetauchte Nationale Leitstelle für Ladeinfrastruktur, eine destruktive Opposition und dann noch die Illusion, dass dank HVO100 und E-Fuels vielleicht doch alles beim guten alten Verbrenner bleiben könnte."

Pleitewelle ist "Konsolidierungsprozess"

Nicolai Woyczechowski, Geschäftsführer für den DACH-Raum beim finnischen Ladelösungsanbieter Virta, sieht in den Entwicklungen vor allem einen laufenden Konsolidierungsprozess. "Vor allem in den Hochlaufphasen ist das in jeder Industrie normal", sagt er zu t-online.

In den vergangenen Jahren seien mehrere Komponenten zusammengekommen: verschleppte Insolvenzen der Corona-Zeit, die schwache Wirtschaftslage und die Zinswende, die sich auch auf das Investitionsklima ausgewirkt hat: "Als das Geld billig war, waren die Risikokapitalgeber freigiebig. Jetzt wird viel stärker geprüft, wer Geld bekommt und wer nicht."

Woyczechowski sieht Internationalisierung als wichtigen Schlüssel für langfristigen Erfolg – und nicht den kurzfristigen Kampf um Marktanteile: "Es braucht tragfähige Geschäftsmodelle, die auch refinanzierbar sind." Sein Unternehmen setze daher auf eine langfristige Vision, auch wenn das derzeitige Marktgeschehen seiner Einschätzung nach viele andere Anbieter zu einem aggressiveren Vorgehen verleite. Derzeit expandiert das Unternehmen sowohl in Europa als auch in Südostasien.

Weniger E-Autos, weniger Ladevorgänge

Der Rückgang bei den Neuzulassungen von E-Autos fügt sich in der Krise erschwerend ein: Kommen weniger Stromer auf die Straßen als geplant, gibt es weniger Ladevorgänge. Und das wird für die Anbieter zum Problem: Denn die Kosten für die Ladeinfrastruktur sind hoch – und müssen wieder hereingeholt werden.

"Die Geschäftsmodelle für die Betreiber werden sich unter den aktuellen Umständen langsamer refinanzieren", so Woyczechowski. Wenn ein Geschäftsmodell auf tönernen Füßen steht, kann das schnell das Aus bedeuten. Anbieter wie Virta erhoffen sich nun, von der Pleitewelle zu profitieren und sich so ihren Status als Marktführer dauerhaft zu sichern.

Trotz der aktuellen Insolvenzen sei der Markt an Anbietern von Infrastruktur und Services in Deutschland und Zentraleuropa immer noch sehr fragmentiert. "In Nordamerika gibt es etwa fünf bis sechs große Ladestation-Netzwerke. Hierzulande haben wir geschätzt 30 bis 40. Das ist sehr viel, um ein profitables, nachhaltiges, qualitativ hochwertiges Geschäftsmodell aufzubauen", sagt Woyczechowski. Daher komme es darauf an, eine Kombination von technischer Innovation und individuellen Lösungen für die Kunden anzubieten, um sich so von der Vielzahl der Konkurrenten abzugrenzen.

Knick beim Ausbau des Ladenetzes

Noch im vergangenen Jahr boomte das Geschäft und damit auch der Ausbau des Ladenetzes in Deutschland. 2023 stieg die Zahl der Ladeleistung um beinahe die Hälfte – es wurden immer stärkere Ladesäulen aufgestellt, vorwiegend Schnelllader. In diesem Jahr stieg die Leistung weiter – doch die Zahl der installierten Ladesäulen sank im ersten Quartal im Vergleich zum Vorjahreszeitraum um knapp ein Viertel, rechnet die "Wirtschaftswoche" vor.

Was man aber nicht vergessen darf: Neben dem Ausbau der öffentlichen Ladeinfrastruktur bauen auch viele Unternehmen ihr Netz an privaten Ladepunkten aus. Und hier geht es laut Virta-DACH-Geschäftsführer Woyczechowski weiter voran: "Allein in Berlin gibt es mehr als 30.000 private Ladepunkte, und es geht steil bergauf", sagt er.

Für den Ausbau öffentlicher Infrastruktur ist er allerdings auch nur verhalten optimistisch: "Deutschland ist beim Bauen ohnehin am langsamsten, weil die Genehmigungsverfahren sehr viel Zeit benötigen. Selbst eine Rückmeldung vom Netzbetreiber zu bekommen, ob genug Anschlussleistung an einem Standort vorhanden ist, dauert sehr lange." Gleichzeitig sehe er aber, dass die großen Anbieter weiter expandieren.

Weniger Schnellladesäulen 2024

Wulf Schlachter von der Beratungsgesellschaft DXBe rechnet allerdings damit, dass die Zahl der installierten Schnellladesäulen in diesem Jahr deutlich sinken werde: 2023 wurden 32.733 neue Schnellladestationen für Elektroautos gebaut; für 2024 rechnet er mit der Hälfte. Wie die "Wirtschaftswoche" weiter schreibt, wird auch Ladesäulenhersteller Alpitronic aus Bozen seine Produktion drosseln: Statt 80 Prozent Wachstum wie in den vergangenen Jahren rechne man mit zehn bis 20 Prozent.

Auf der anderen Seite waren die Hersteller der Technologie auch von der Teileknappheit infolge der Corona-Krise und des Ukrainekriegs betroffen. Die Unternehmen hatten sich daraufhin mit Technik ausgerüstet, die sie jetzt nicht mehr so schnell verbauen können. Entsprechend sinkt die Nachfrage – und die Hersteller der Ladesäulen sitzen auf vollen Lagern und müssen hohe Rabatte gewähren.

Auswirkungen auf E-Auto-Fahrer

Doch die Nutzer von bestehenden Ladesäulen brauchen sich in der Regel wenig Sorgen zu machen, dass sich eine Insolvenz auf die Auswahl an Ladeanbietern auswirkt: "Heutzutage arbeiten alle mit öffentlichen Standards. Plattformen können ein Ladenetzwerk innerhalb weniger Stunden komplett übernehmen. Bei vielen Ladestationen kann das dann auch mal einen Tag dauern. Aber es geht hier nicht um ein halbes Jahr oder um ein paar Monate Stillstand", so Nicolai Woyczechowski. Im Fall von Numbat läuft das Laden von Elektroautos oder die Nutzung der Werbescreens uneingeschränkt weiter. Das Unternehmen will bis Ende 2024 sogar rund 400 neue Ladesysteme an 200 Tegut-Supermarkt-Standorten aufbauen.

Die zukünftige Entwicklung der Ladeinfrastruktur ist bislang nicht absehbar. Das Aufkommen günstigerer E-Autos könnte dazu beitragen, dass die Nachfrage in den kommenden Jahren wieder ansteigt.

Verwendete Quellen
  • merkur.de: "Bedeutender E-Auto-Ladesäulen-Anbieter meldet Insolvenz an"
  • kleinezeitung.at: "'Sportlicher Zeitplan' für insolventen Ladetechnik-Hersteller"
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