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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Hyundai Ioniq 9 im Test Dieser Elektro-Riese macht den Van überflüssig

Ein E-SUV für bis zu sieben Personen: Der Hyundai Ioniq 9 zielt auf Platzbedarf und Komfort – doch passt er auch nach Deutschland?
Braucht man ein so riesiges SUV wie den Ioniq 9? Diese Frage stellt sich zunächst, wenn man das XL-SUV zum ersten Mal live sieht. In den USA, einem der Hauptmärkte des Fahrzeugs, ist die Nachfrage nach übergroßen Autos natürlich ungebrochen. Und auch hierzulande gibt es offenbar eine Nachfrage – das zeigt nicht zuletzt der Erfolg des technisch eng verwandten Schwestermodells Kia EV9, das bereits häufiger im Straßenbild zu sehen ist.
Mit seinen 5,06 Metern Länge, fast zwei Metern Breite (ohne Spiegel) und 1,79 Metern Höhe ist der Ioniq 9 ein echtes XXL-Auto. Andererseits ist er genauso lang wie ein BMW 5er Touring – nur eben deutlich höher. Ein VW Multivan ist übrigens je nach Radstand zwischen 4,97 und 5,17 Meter lang, der elektrische ID.Buzz bis zu 4,96 Meter.
Mit seinem glatten, eher europäischen Design fällt er nicht ganz so kantig aus wie der Kia EV9: Während der mit seinem forscheren Design punkten will und robuster wirkt, gibt sich der Ioniq 9 eleganter.

t-online-Kurztest – was ist das?
Immer wieder laden Fahrzeughersteller zu sogenannten Fahrveranstaltungen ein – hier können Journalistinnen und Journalisten neue Modelle für einige Stunden oder einen Tag Probe fahren. Dabei handelt es sich nicht um einen ausführlichen Alltagstest, sondern um eine erste Einschätzung: Wie wirkt das Auto auf den ersten Kilometern? Was fällt sofort positiv oder negativ auf? Unsere Eindrücke stammen also aus einem kompakten Zeitraum – mit dem Ziel, Ihnen möglichst schnell einen authentischen Eindruck vom neuen Modell zu vermitteln.
Platzangebot
Platz ist die große Stärke des Ioniq 9. Serienmäßig bietet das SUV sieben Sitzplätze, auf Wunsch auch sechs – dann mit zwei Einzelsitzen in Reihe zwei. Die dritte Sitzreihe lässt sich ebenerdig im Boden versenken – praktisch im Alltag. Wer ganz hinten mitfährt – übrigens gut klimatisiert, mit Lüftungsdüsen im Dachhimmel –, muss zwar etwas klettern, sitzt dann aber überraschend gut, selbst als größerer Erwachsener. Zumindest für kurze Strecken.
Auch vorn und in der zweiten Reihe gibt es viel Raum, elektrisch verstell- und umklappbare Sitze (je nach Ausstattung), sowohl für die Beine als auch für den Kopf ein luftiges Raumgefühl – besonders mit dem 1.350 Euro teuren Glasdach – und eine hohe Variabilität. Dass der Ioniq 9 mit Blick auf die USA entwickelt wurde, zeigt auch die Zahl der Becherhalter: In der zweiten Reihe sind jeweils zwei in den Türen und zwei in der ausklappbaren Mittelarmlehne (beim Siebensitzer) zu finden. Und auch in der dritten Reihe gibt es Getränkehalter.
Der Kofferraum bietet im Siebensitzer-Modus 338 Liter, mit versenkter dritter Reihe 908 Liter. Wer alles umklappt, schafft bis zu 2.494 Liter Ladevolumen. Die hohe Ladekante ist dabei der einzige echte Nachteil. Unter der Haube gibt es weiteren Stauraum, zum Beispiel für ein Ladekabel.
Innenraum und Bedienung
Trotz viel Technik bleibt die Bedienung übersichtlich: Klimabedienung über Drehregler, genügend, aber nicht zu viele Tasten am Lenkrad, ein zentrales 12,3-Zoll-Touchdisplay – intuitiv, schnell zugänglich und nicht überfrachtet. Auch Untermenüs wie Reichweitenanzeige oder Verbrauch sind rasch zu finden – wobei natürlich klar sein muss: Ein Auto in dieser Preisklasse hat viele Funktionen, und die wollen irgendwie gesteuert werden. Ganz ohne Fragezeichen funktioniert die Bedienung bei keinem Auto, etwas Einarbeitung braucht es immer.
Die Mittelkonsole ist verschiebbar und beidseitig zu öffnen – praktisch für Familien mit Kindern. Dazu gibt es Wireless Charging, ausreichend Ablagen und viele USB-C-Anschlüsse. Optional: digitale Außenspiegel, ChatGPT-Integration oder Bose-Active-Noise-Cancelling, um Außengeräusche zu mindern.
Ein kleiner Schwachpunkt: Die Materialanmutung wirkt nicht überall so hochwertig, wie es sein sollte. Besonders ein Dekor in Marmoroptik auf der Beifahrerseite fiel unter die Kategorie "Geschmackssache" – angesichts des Preises könnte das noch etwas besser aussehen.
So fährt er
Zwei Varianten standen im Test zur Verfügung: der Hecktriebler mit 160 kW (218 PS) und der Allrad mit 226 kW (307 PS). Beide bieten eine souveräne, aber keine übertrieben sportliche Beschleunigung – was bei mehr als 2,6 Tonnen Leergewicht nicht überrascht. Das stärkere Allradmodell spurtet jedoch spürbar ambitionierter, wenn es darauf ankommt.
Die Motorisierungen
Der Hyundai Ioniq 9 kommt immer mit einem 110,3-kWh-Akku und ist in drei Motorvarianten erhältlich: als Hecktriebler mit 218 PS, als Allradler mit 307 PS und als Performance-Allradler mit 428 PS. Alle Varianten nutzen ein 800-Volt-System und unterstützen bis zu 233 kW Ladeleistung.
Das Fahrverhalten ist auf Komfort abgestimmt. Die Lenkung ist leichtgängig und eher synthetisch (aber ausreichend direkt), das Fahrwerk weich – Bodenwellen werden gut weggefiltert, manchmal schwingt das Auto aber nach. Adaptive Dämpfer gibt es nicht: Die verschiedenen Fahrmodi verändern die Antriebscharakteristik, aber nicht das Fahrgefühl grundsätzlich.
Was aber auf der Testfahrt rund ums hessische Eltville deutlich wird: Der Ioniq 9 wurde nicht primär für mitteleuropäische Altstädte entwickelt. Enge Gassen und Parklücken oder niedrige Parkhäuser sind nicht sein Revier.
Verbrauch und Reichweite
Die WLTP-Reichweite liegt je nach Version bei 600 bis 620 Kilometern – realistisch erscheint das nur unter günstigen Bedingungen. Auf der überwiegend ländlichen Testroute mit viel Verzögern und Beschleunigen lag der Verbrauch zwischen 20 und 26 kWh pro 100 Kilometer, was maximal 500 Kilometer Reichweite ermöglichen würde.
Positiv: Die Reichweitenanzeige war realistisch und gab Einschätzungen, welche Reichweite maximal und im schlechtesten Fall möglich ist. Das 800-Volt-System ermöglicht schnelles Laden. Unter optimalen Bedingungen "tankt" der Ioniq 9 von 10 auf 80 Prozent in rund 24 Minuten (max. 233 kW DC). Selbst bei 80 Prozent wird noch eine Ladeleistung von 150 kW gehalten, heißt es vom Hyundai. Testen konnten wir das nicht.
Das kostet er
Der Hyundai Ioniq 9 ist in drei Ausstattungslinien erhältlich: als Basisversion "Ioniq 9", in der mittleren Linie "Techniq" und als Topmodell "Uniq". Schon die Basis bietet serienmäßig eine Wärmepumpe, 3-Zonen-Klimaautomatik und zahlreiche Assistenzsysteme. Die höheren Linien ergänzen je nach Version Komfortdetails wie Relaxsitze, digitale Spiegel, Bose-Soundsystem oder ChatGPT-Integration.
Los geht es bei 68.490 Euro mit Heckantrieb und Basis-Ausstattung. Die Allrad-Variante in der Top-Ausstattung "Uniq" kostet rund 86.750 Euro. Das ist eine Menge Geld. Der Ioniq 9 dürfte damit vor allem Leasingkunden ansprechen: In dem Segment der großen SUVs ist der Gewerbekundenanteil mit rund 80 Prozent sehr hoch.

Fazit
Der Hyundai Ioniq 9 ist groß, komfortabel und durchdacht. Wer viel Platz braucht – etwa für Familie, Alltag oder Business – bekommt ein E-Auto, das auch den klassischen Hochdachkombi oder Van ersetzt. Bedienung, Ladeleistung und Raumangebot überzeugen.
Weniger überzeugend: die Materialauswahl in Details und die schiere Größe im Alltag, vor allem in engen Straßen. Für alle, die mit dem Format umgehen können (oder es schlicht brauchen), ist der Ioniq 9 aber eine interessante Alternative – vor allem zum ähnlich positionierten Kia EV9.
- Eigene Erfahrungen
- Hyundai-Pressematerial