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Cottbus: Nach Razzia Tatverdacht gegen 16 Rechtsextreme


Tatverdacht gegen 16 Rechtsextreme im Raum Cottbus

dpa, afp, rew

Aktualisiert am 11.04.2019Lesedauer: 3 Min.
Polizeirazzia in Cottbus: Die Stadt stand bei den Durchsuchungen von Objekten der rechtsextreme Hooligan-Szene im Mittelpunkt.Vergrößern des BildesPolizeirazzia in Cottbus: Die Stadt stand bei den Durchsuchungen von Objekten der rechtsextreme Hooligan-Szene im Mittelpunkt. (Quelle: Michael Helbig/dpa-bilder)
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Sie sollen ein rechtsextremes Netzwerk gebildet haben, das sich gegen Journalisten und Ausländer richtete: Nach einer Razzia in der Hooligan-Szene besteht dringender Tatverdacht gegen 16 Männer.

Nach Razzien in vier Bundesländern wegen der mutmaßlichen Bildung einer rechtsextremen Vereinigung haben die Ermittler einen dringenden Tatverdacht gegen 16 Männer aus dem Raum Cottbus. Die Führungsriege der Gruppe bestehe wohl aus fünf Deutschen zwischen 28 und 35 Jahren, sagte Brandenburgs Polizeipräsident Hans-Jürgen Mörke in Potsdam. Die Tatverdächtigen kommen demnach aus dem Milieu von Hooligans, Kampfsportlern und Rechtsextremen.

Ziel der Gruppe sei die "Begehung von Straftaten zum Nachteil von Journalisten, politisch Andersdenkenden und Ausländern", sagte Mörke. Konkret wurden demnach fünf Journalisten als gefährdet betrachtet, mit denen die Ermittler zu deren Schutz Kontakt aufgenommen hätten. Bei den Ermittlungen habe sich auch gezeigt, dass sich innerhalb der Gruppierung offenbar eine sogenannte "schnelle Einsatztruppe" gebildet habe, die bei "Notfällen" unter anderem "mit Kanaken abrechnen" sollte.

Die Gruppe mischte auch bei den Ausschreitungen in Chemnitz mit

Insgesamt würden 20 Menschen zwischen 22 und 45 Jahren aus dem Raum Cottbus und dem Spree-Neiße-Landkreis beschuldigt, erläuterte Landesinnenminister Karl-Heinz Schröter bei der gemeinsamen Pressekonferenz. Alle Beschuldigten seien bereits zuvor polizeilich bekannt gewesen. Auch an den gewalttätigen Ausschreitungen in Chemnitz im vergangenen Jahr seien Mitglieder der Gruppierung beteiligt gewesen.

Den Verdächtigen werden infolge der seit mehr als einem Jahr andauernden Ermittlungen 50 Taten vorgeworfen, zum Beispiel Fälle von Körperverletzung und Verstöße gegen das Waffengesetz. Der Verdacht wegen weiterer 39 Taten soll mithilfe der beschlagnahmten Gegenstände erhärtet werden.

Die Polizei stellte Schlagringe und andere Waffen sicher

Insgesamt 410 Polizisten hatten am Mittwoch 33 Wohnungen und Gewerberäume in Berlin, Brandenburg, Sachsen und Mecklenburg-Vorpommern durchsucht – davon befanden sich den Angaben zufolge 29 Objekte in Brandenburg. Festnahmen habe es noch keine gegeben. Beschlagnahmt wurden Material der Identitären Bewegung sowie Schlagringe und andere Waffen. Einige Gegenstände hatten einen eindeutig nationalsozialistischen Bezug, zum Beispiel ein Becher mit einem Hakenkreuz.

Die Ermittler hätten bereits die Daten mehrerer Handys ausgewertet, erläuterte der leitende Oberstaatsanwalt in Cottbus, Bernhard Brocher. Darauf befanden sich demnach mehr als 500.000 Chatnachrichten, fast zehntausend Videos und 45.000 Bilder.

Cottbus ist immer wieder in den Schlagzeilen

Die zweitgrößte Stadt Brandenburgs sorgt mit ihrem rechtsextremistischen Potenzial, gewalttätigen Ausschreitungen und zeitweise aggressiver Stimmung immer wieder für Schlagzeilen. Der Verfassungsschutz bezeichnete den Raum Cottbus jüngst als "Hotspot" des Rechtsextremismus in Brandenburg. Der Referatsleiter Öffentlichkeitsarbeit des Verfassungsschutzes Brandenburg, Heiko Homburg, spricht von rund 400 rechtsextremen Personen.

Es gebe sowohl den parteipolitischen Rechtsextremismus in Form der NPD als auch die Kampfsport-Szene, die unter starkem Einfluss rechtsextremistischer Strukturen stehe, sagte Homburg. Er nannte aber auch den gewaltbereiten Fußball-Hooliganismus wie die Gruppierung Inferno Cottbus.

Nach Angaben von brandenburgischen Verfassungsschutzchef Frank Nürnberger liegt die Zahl der Rechtsextremisten in Cottbus selbst bei rund 170 Personen. Die rechtsextreme Szene sei vielschichtig, sagte Nürnberger im Februar. Sie reiche vom Rockermilieu über die Türsteher-Szene bis hin zu Teilen des Security-Gewerbes.

Tattoo-Studios, Plattenlabel und Shops

Die rechtsextreme Szene versuche im Raum Cottbus auch ökonomisch Fuß zu fassen, ergänzte Homburg. Eine wirtschaftliche Grundlage für Mitglieder der Szene seien zum Beispiel Tattoo-Studios, Plattenlabel oder Shops, die rechte Modelabel oder Fitnesspräparate verkauften. Es gebe sehr deutliche Kontaktverhältnisse zwischen den Akteuren in den einzelnen rechtsextremistischen Milieus, sagte Homburg.

"Wir haben Probleme mit Rechtsextremismus und den Strukturen", sagte Jan Gloßmann, Sprecher der Stadt Cottbus. Zunächst sollten die Ergebnisse der Durchsuchungen ausgewertet werden. Der Cottbuser Landtagsabgeordnete der Linksfraktion, Matthias Loehr, spricht von einem Problem, dass die Region Cottbus seit 30 Jahren habe. "Es gibt einen festen braunen Bodensatz", sagte er am Mittwoch. Die Stadt versuche zwar mit Netzwerken wie "Cottbus ist bunt" dagegen anzugehen. Sie schaue aber auch zu oft weg. Der Innenexperte der CDU-Landtagsfraktion, Björn Lakenmacher, sagte: "Ich begrüße, dass der Rechtsstaat dort Flagge zeigt."


Der Fußballverein FC Energie Cottbus bezeichnete in einer ersten Stellungnahme die Großrazzia als "gutes Signal". Nun werde sich zeigen, was bei den Ermittlungen herauskomme, sagte Präsident Werner Fahle. Dem Verein wird immer wieder vorgeworfen, nicht genügend gegen die zahlreichen rechtsextremen Energie-Fans zu tun und beispielsweise Ordner für die Heimspiele aus dem rechtsextremen Milieu zu rekrutieren. Die Ordner des Fußball-Drittligisten werden nun vom Verfassungsschutz überprüft.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagenturen AFP, dpa
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