Aufrüstung der Bundeswehr Kabinett beschließt Pläne für schnellere Rüstungs-Beschaffung

Die Bundeswehr investiert Milliarden in neues Gerät. Die Bundesregierung billigte jetzt ein Gesetz, dass die aufwändigen Verfahren beim Rüstungseinkauf vereinfacht.
Die Bundesregierung vereinfacht die ausufernd langwierige Rüstungsbeschaffung für die Bundeswehr. Das Kabinett beschloss am Mittwoch einen Gesetzentwurf, der Beschaffungsvorhaben der Streitkräfte vereinfachen und beschleunigen soll. Die Pläne ermöglichen insbesondere häufiger den Verzicht auf Ausschreibungen bei der Vergabe von Aufträgen. Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) sprach von einem "Quantensprung".
Die Bundesregierung will den regulären Verteidigungshaushalt bis 2029 auf rund 162 Milliarden Euro pro Jahr fast verdreifachen. Dazu soll auch die umständlichen Vorgaben beim Einkauf entschlackt werden. Gelten sollen die Sonderregelungen zur Beschaffungsbeschleunigung vorerst bis Ende 2035. Mit ihnen würden "künftig Direktvergaben von Aufträgen" an einzelne Firmen ohne Ausschreibung "schneller und häufiger möglich", sagte Pistorius. Dies gelte etwa, wenn gemeinsam mit Partnerländern Waffensysteme beschafft würden.
8.000 Aufträge beschleunigt
Angehoben werden Wertgrenzen, bis zu denen Aufträge ohne förmliche Ausschreibung direkt an Firmen vergeben werden können. Dies gilt bisher nur bis 15.000 Euro.
Laut Pistorius soll die Schwelle nun für alle Aufträge, "die unsere Verteidigungsfähigkeit stärken", auf 443.000 Euro angehoben werden. Damit könnten fast 8.000 Aufträge schneller bearbeitet werden, sagte der Minister. Bei Bauaufträgen solle die Schwelle auf eine Million Euro erhöht werden. Dies betreffe 4.000 Aufträge.
Pistorius räumte ein, der Verzicht auf übliche Ausschreibungsverfahren werde "die ein oder andere Zumutung" für Firmen aus der Branche bedeuten, wenn es um die Möglichkeit von Klagen gegen Vergabeverfahren gehe. "Da wird der ein oder andere sich dann vielleicht auch mal zurücknehmen müssen im Interesse des großen Ganzen."
Unmut in der Wirtschaft
Der Zentralverband Deutsches Baugewerbe warnte aber vor Nachteilen für kleine und mittlere Firmen durch die Sonderregeln. "Der Mittelstand darf dabei nicht unter die Räder geraten", erklärte Hauptgeschäftsführer Felix Pakleppa. Der Verband fordert insbesondere, die sogenannte Losvergabe beizubehalten – also die Möglichkeit der Vergabe von Teilaufträgen bei größeren Bauvorhaben an unterschiedliche Anbieter.
Erleichtern will die Bundesregierung die Zusammenarbeit mit Start-ups, die innovative Verteidigungstechnik entwickeln. An diese jungen Unternehmen könnten künftig "in viel größerem Umfang" Vorauszahlungen für Aufträge geleistet werden, sagte Pistorius. Denn ihnen fehlten häufig die finanziellen Möglichkeiten, "um schnell die Produktion hochfahren zu können".
Im Gesetzentwurf wird ausdrücklich auf die Bedrohung durch Russland und einen möglichen Angriff auf Nato-Länder verwiesen. Komplexe Beschaffungs- und Genehmigungsverfahren dürften deshalb die Aufrüstung der Bundeswehr nicht bremsen. "Entscheidend ist der Faktor Zeit."
Die Linkspartei warf der Koalition vor, "Kriegsvorbereitung" mit dem Gesetz "Vorrang" zu geben. "Denn es setzt Standards von Auftragsvergaben außer Kraft", erklärte der Abgeordnete Ulrich Thoden. Auch Anforderung an klimafreundliche Leistungen würden für Rüstungsbeschaffungen nicht gelten. Thoden kritisierte auch eine Einschränkung parlamentarischer Kontrollrechte im Verteidigungsbereich.
Die Grünen kritisierten die Pläne der Bundesregierung als unzureichend. Wer wirklich mehr Schnelligkeit wolle, müsse Produktionskapazitäten erhöhen und Probleme in der Lieferkette lösen, sagte Grünen-Fraktionsvize Agnieszka Brugger der "Rheinischen Post". Das lasse sich beispielsweise über mehr gemeinsame europäische Beschaffungsprojekte erreichen. Hier passiere aber "nach wie vor viel zu wenig".
- Nachrichtenagentur AFP