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Typhon-Raketen: Mit dieser US-Waffe will Deutschland Putin abschrecken


Moderne US-Waffe bald in Deutschland?
Dann verkündet Pistorius "die neue Nachricht des Tages"


Aktualisiert am 15.07.2025 - 17:37 UhrLesedauer: 4 Min.
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Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (l.) und sein US-Amtskollege Pete Hegseth in Washington: Die Bundesregierung will das US-System Typhon beschaffen. (Quelle: IMAGO/Mehmet Eser/imago)
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Deutschland will aufrüsten – und damit vor allem Russland abschrecken. Dazu plant die Bundesregierung den Kauf eines neuen US-Waffensystems, das schon China in Unruhe versetzt hat.

Erstmals seit dem Amtsantritt von US-Präsident Donald Trump ist Bundesverteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) am Montag in die USA gereist. Auf seiner Agenda stand dabei auch ein Treffen mit seinem Amtskollegen Pete Hegseth. Vor seiner Reise ließ Pistorius von seinem Ministerium das Ziel der USA-Reise erklären: "Direkte und persönliche Abstimmung" mit Hegseth. Doch mit leeren Händen wollte der SPD-Politiker offensichtlich nicht nach Deutschland zurückkehren.

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Nach dem Treffen mit Hegseth trat Pistorius am Montagnachmittag (Ortszeit) vor Medienvertreter und verkündete, dass Deutschland ein weitreichendes Waffensystem aus US-Produktion kaufen wolle: Typhon. Der Raketenwerfer soll laut Pistorius Deutschlands und Europas Verteidigungs- sowie Abschreckungsfähigkeit "deutlich steigern". Der Verteidigungsminister sprach von "der neuen Nachricht des Tages" – nur wenige Stunden, nachdem sich US-Präsident Donald Trump und Nato-Generalsekretär Mark Rutte im Weißen Haus auf neue Waffenhilfen für die Ukraine geeinigt hatten.

Video | Über diese Waffensysteme spricht Pistorius mit seinem US-Amtskollegen
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Quelle: reuters

Der Deal mit den USA ist noch nicht abgeschlossen. Pistorius bekundete in Washington lediglich den deutschen Wunsch, das Typhon-System zu erwerben. Dieser Wunsch kommt nicht von ungefähr, denn der Raketenwerfer könnte in der Tat Fähigkeitslücken der Bundeswehr und anderer europäischer Streitkräfte schließen. Der mögliche Erwerb gilt vor allem als Zeichen der Abschreckung an Russland – denn damit rückt sogar die Hauptstadt Moskau in die Reichweite deutscher landbasierter Waffensysteme.

Bis zu 2.000 Kilometer Reichweite

Aktuell lassen sich zwei Waffentypen aus US-Produktion mit dem Typhon-System abfeuern: Raketen des Typs SM-6, die entweder gegen Fluggeräte oder Schiffe eingesetzt werden können, sowie Tomahawk-Marschflugkörper. Letztere haben eine Reichweite von bis zu 2.000 Kilometern, die SM-6 fliegen bis zu knapp 500 Kilometer weit. Perspektivisch soll das System mit einer US-Hyperschallwaffe bestückt werden können, die sich jedoch bislang nur in der Entwicklung befindet.

Noch verfügt die Bundeswehr über keine der Waffen, die USA wollen jedoch ab 2026 SM-6 und Tomahawks zeitweise in Deutschland stationieren. Das deutet darauf hin, dass schon ab kommendem Jahr hierzulande Typhon-Systeme stehen könnten. Die Tomahawk-Marschflugkörper können mit nuklearen Sprengköpfen bestückt werden.

Im Juli 2024 haben Frankreich, Deutschland, Italien und Polen das gemeinsame Rüstungsprojekt European Long-Range Strike Approach (ELSA) gestartet. Später schlossen sich Schweden und Großbritannien an. Noch steckt das Projekt in den Kinderschuhen. Am Ende soll jedoch laut ersten Berichten die Entwicklung eines landbasierten Marschflugkörpers mit bis zu 2.000 Kilometern Reichweite stehen. Bis eine solche Waffe in Dienst gestellt wird, können viele Jahre vergehen. Bis dahin soll Typhon die Fähigkeitslücke überbrücken.

USA wollen noch nachbessern

Das Typhon-System besteht aus einem Einsatzzentrum und mehreren Abschussrampen, die jeweils vier Raketen führen. Die Anlagen sind auf Lkw montiert, sodass sie ein hohes Maß an Mobilität haben. Das komplette System ist so konzipiert, dass es in ein Transportflugzeug des Typs C-17 Globemaster passt. Perspektivisch soll das System jedoch kleiner werden, um den Transport insgesamt zu vereinfachen.

Das US-System ist noch relativ jung, wurde erst 2023 in Dienst gestellt. Viel früher wäre das auch gar nicht möglich gewesen, denn bis 2019 waren sowohl die USA als auch Russland noch an den INF-Vertrag gebunden. Das Abkommen verbot es beiden Staaten, landgestützte, konventionelle wie atomare Waffensysteme mit Reichweiten zwischen 1.000 bis 5.500 Kilometern in ihren Arsenalen zu führen. Die USA kündigten bereits 2018 ihren Rückzug an und warfen Russland mehrere Brüche des Vertrags vor.

China beäugt Typhon im Indopazifik mit Argwohn

Das Typhon-System hat seit seiner Indienststellung insbesondere Kritik aus China hervorgerufen. Die Vereinigten Staaten hatten bereits im vergangenen Jahr einen der Raketenwerfer auf den Philippinen stationiert. Es war das erste Mal seit dem Ende des Kalten Krieges, dass die USA ein solch weitreichendes, landbasiertes System außerhalb des eigenen Staatsgebiets aufstellten. Peking warf den Regierungen in Washington und Manila daraufhin vor, ein Wettrüsten anzuheizen.

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Die USA begründeten die Stationierung zunächst damit, das System in heiß-feuchtem Klima austesten zu wollen. Zwei Abschussrampen sowie ein Einsatzzentrum und Begleitfahrzeuge wurden auf die Insel Luzon verlegt, jedoch keine Raketen. Ein vollständiges System besteht aus vier Abschussrampen. Später verlängerten die US-Streitkräfte die Stationierung auf unbestimmte Zeit. Das philippinische Militär erklärte, seine Soldaten an dem System ausbilden zu wollen.

Raketen feuerten die Batterien in dem Inselstaat bislang nicht ab. Ein Livetest mit SM-6-Raketen sollte jedoch im Rahmen der Übung "Talisman Sabre" stattfinden, die Mitte Juni in Australien abgehalten wurde. Eine Typhon-Batterie sollte dazu eigens vom Militärstützpunkt Lewis-McChord im US-Bundesstaat Washington nach Australien verlegt werden. Ob der im März formulierte Plan in die Tat umgesetzt wurde, ist derzeit nicht bekannt.

USA betonen Abschreckungsfähigkeit

Bei der Entwicklung des Systems hatten die USA vornehmlich Russland und China im Sinn. Spätestens seit den 2000er-Jahren hatte es wiederholt Kritik aus Russland an dem INF-Vertrag gegeben sowie gegenseitige Vorwürfe über Verstöße. Einer der Hauptkritikpunkte Moskaus war, dass China als dritte Großmacht nicht an den Vertrag gebunden war.

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Peking hatte so seit der Unterzeichnung des Abkommens im Jahr 1987 32 Jahre lang Zeit, sein Arsenal an Raketen mit mittlerer Reichweite deutlich auszubauen. Laut einer Schätzung der US-Denkfabrik Center for Strategie and International Studies (CSIS) könnte China über deutlich mehr als 2.000 Raketen und Marschflugkörper mit Reichweiten zwischen 1.000 und 5.500 Kilometern verfügen.

Die Stationierung von Typhons auf den Philippinen kann daher als Versuch gewertet werden, ein US-Gegengewicht zur chinesischen Macht im Indopazifik herzustellen. Das erklärt auch der wissenschaftliche Dienst des US-Kongresses in einem Bericht zu dem Waffensystem: Angesichts der Reaktionen aus China könnte man argumentieren, dass Typhon-Einheiten "zu Abschreckungsoperationen im Indopazifik beitragen und auch in anderen Regionen eine ähnliche Rolle spielen könnten".

Der wissenschaftliche Dienst schlussfolgert: "Angesichts dieser Möglichkeit könnte der Kongress beschließen, mit der Armee, der Führung des Verteidigungsministeriums und den Kampfkommandanten zu diskutieren, wie dieser potenzielle Abschreckungswert in anderen Einsatzgebieten optimal genutzt werden kann."

Verwendete Quellen

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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