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Meteor über Berlin: "Die größte vorstellbare Naturkatastrophe"


Meteor verglüht über Berlin
"Dann wird es gefährlich"

  • Matti Hartmann
Von Matti Hartmann

23.01.2024Lesedauer: 4 Min.
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Aufnahmen zeigen Meteoriten: Ein ungewöhnliches Szenario am Himmel. (Quelle: t-online)

Das Schauspiel war spektakulär, selbst von Prag und Leipzig aus war der Feuerball sichtbar. Die Nasa hatte gewarnt – allerdings erst ganz kurz vorher. Was, wenn statt eines kleinen Meteors eines Tages der ganz große Brocken kommt?

Von der Ankündigung bis zum Himmelsspektakel dauerte es nur wenige Augenblicke. "Achtung", schrieb die Nasa um 1.08 Uhr am frühen Sonntagmorgen auf X (früher Twitter). In wenigen Minuten, und zwar exakt um 1:32 Uhr, werde ein winziger Asteroid westlich von Berlin in der Nähe von Nennhausen erwartet.

Der Himmelskörper war zwar klein, die Aufmerksamkeit aber immens. Hinterher kursierten in den sozialen Medien zahlreiche Bilder und Videos. Selbst aus Leipzig und Prag war noch zu sehen, wie der Himmelskörper als Feuerball gen Erde raste und zerfiel. Entdeckt worden war der Meteor erst einige Stunden zuvor von einem ungarischen Astronomen.

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Die Frage, die nun viele umtreibt: Kann so ein Ereignis eigentlich gefährlich werden? Die Antwort ist vielschichtig – und reicht von einer ganz persönlichen Risikoeinschätzung bis hin zu globalen Fragen, die die gesamte Menschheit betreffen.

"Dieser Meteor hier war eher harmlos", sagt der Freiburger Geologieprofessor Thomas Kenkmann t-online. Der Asteroiden-Experte schätzt, dass das Objekt wohl nicht größer war als einen Meter. Es sei mit kosmischer Geschwindigkeit in die oberste Erdatmosphäre eingedrungen, also mit mindestens 40.000 km/h.

1961 traf ein Meteorit eine Frau beim Nickerchen

Je tiefer der Körper kam, auf umso dichtere Atmosphäre traf er. Der anfangs noch sehr schnelle Meteor wurde immer stärker abgebremst. Die Reibung ließ ihn aufflammen, schließlich zerplatzte er.

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Ob Teile bis zur Erde gelangten, ist bis jetzt nicht geklärt. Noch wurden zumindest keine Splitter gefunden. "Wenn, dann hatten sie aber nur noch eine Fallgeschwindigkeit wie ein normaler Stein", sagt Kenkmann. "So lange einem nichts auf den Kopf fällt, ist das nicht gefährlich."

1911 soll ein Meteorit vom Mars einmal einen Hund getroffen haben. Ein Bauer behauptete, das Tier sei verdampft. Aber unter Astronomen gilt die Geschichte als äußerst zweifelhaft. Besser dokumentiert ist hingegen ein Fall, bei dem eine Kuh erschlagen wurde. Und mindestens einmal erwischte es auch einen Menschen: 1961 hielt eine US-Amerikanerin auf ihrem Sofa ein Nickerchen, als ein 3,9 Kilogramm schwerer Meteorit durch das Dach ihres Hauses krachte, ins Wohnzimmer zischte, vom Radio abprallte und sie schließlich an der Hüfte traf. Sie überlebte den Zwischenfall: Bis auf einen mächtigen Bluterguss blieb die durch mehrere Decken geschützte Frau unverletzt.

Der Tscheljabinsk-Meteor: 1.500 Verletzte ohne Vorwarnung

Die Wahrscheinlichkeit, dass einem so etwas geschieht, wird als enorm gering eingeschätzt. Beziffern lässt sie sich aber kaum. Der Astronom und Buchautor Michael Reynolds versuchte es, vom "National Geographic" befragt, mit folgender Formulierung: "Das Risiko, gleichzeitig von einem Tornado, einem Hurrikan und einem Blitz getroffen zu werden, ist definitiv höher."

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Und dies, obwohl laut dem Freiburger Experten Kenkmann jährlich mehrere Male kleine Meteoriten die Erde erreichen. Aber: Die Oberfläche ist eben zum größten Teil mit Wasser bedeckt oder aus anderen Gründen unbewohnt. Und selbst dort, wo Menschen dicht an dicht siedeln, bleibt es für gewöhnlich bei Sachschäden – die sich hinterher sogar als lohnend erweisen können. "In einem New Yorker Vorort hat ein Meteorit einmal ein Auto demoliert", weiß Kenkmann. "Das hat dann eine ungeahnte Wertsteigerung erfahren." Und in Elmshorn hofft eine Familie gerade, das 3,7 Kilo schwere Meteoritenstück, das im April 2023 in ihrem Garten landete, für 200.000 Euro verkaufen zu können; mehr dazu lesen Sie hier.

Weit weniger glimpflich läuft es ab, wenn der Meteor größer ist. Im Februar 2013 explodierte ein sogenannter Superbolide mit 19 Metern Durchmesser über der russischen Millionenstadt Tscheljabinsk am Ural. Die Druckwelle beschädigte nach Angaben des Deutschen Zentrums für Luft- und Raumfahrt (DLR) mehr als 7.000 Gebäude. Rund 1.500 Menschen wurden durch herumfliegende Glassplitter verletzt. "Ab etwa 20 Metern Durchmesser wird es gefährlich", sagt Kenkmann.

"So etwas über einer Großstadt, und es gibt Tausende Tote."

Tückisch für die Menschen damals: Der Meteor kam direkt aus Richtung der Sonne. Keines der irdischen Himmelsüberwachungsprogramme hatte den immer noch relativ kleinen und leuchtschwachen Meteor daher erkennen können. Er erzeugte einen großen Feuerball, als er in der Atmosphäre zerplatze, so Kenkmann. So etwas könne theoretisch jederzeit wieder geschehen – und das auch mit möglicherweise weitaus größeren Schäden. "1908 hat der bis zu 50 Meter große sogenannte Tunguska-Asteroid 2.000 Quadratkilometer Taigawald komplett umgemäht", erklärt der Experte. "So etwas über einer Großstadt, und es gibt Tausende Tote."

Video | NASA enthüllt Infos zu Außerirdischen
Quelle: Glomex

Immerhin sind Kenkmann zufolge inzwischen wahrscheinlich alle Objekte in Erdnähe identifiziert, die einen Durchmesser von einem Kilometer und mehr haben. Ein solcher Brocken habe vor 14,6 Millionen Jahren im Grenzgebiet zwischen Schwäbischer und Fränkischer Alb das Nördlinger Ries geschaffen, einen 350 Quadratkilometer großen Krater. Würde so ein Brummer heute einschlagen – es bliebe laut Kenkmann immer noch bei einer regionalen Katastrophe.

Der Dino-Killer: "Je größer heißt auch umso seltener"

Von globalem Ausmaß hingegen wären die Folgen eines Einschlags wie von dem Asteroiden, der vor 66 Millionen Jahren die heutige mexikanische Halbinsel Yucatán traf. Der wohl rund 14 Kilometer große Himmelskörper pulverisierte die oberen zehn Kilometer der Erdkruste und schleuderte so viel Staub in die Atmosphäre, dass sich das globale Klima drastisch änderte. Erst verdunkelte es sich auf dem Planeten, durch das abgehaltene Sonnenlicht wurde es kälter. Dann sorgte das viele CO₂ in der Atmosphäre für steigende Treibhaustemperaturen.

Video | Nasa warnt vor Einschlag auf der Erde
Quelle: Glomex
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Kenkmann: "Die Nahrungsketten gerieten durcheinander. Rund 70 Prozent aller Tierarten starben aus, darunter wohl auch die Dinosaurier."

Eine solche Gefahr drohe von den derzeit 30.000 bekannten erdnahen Asteroiden allerdings zumindest vorerst nicht. Für Asteroiden gelte: "Es wäre die größte vorstellbare Naturkatastrophe. Aber: Je größer heißt auch, umso seltener."

Apophis kommt der Erde 2029 nahe

Der Asteroid Apophis, der 2029 die Erde knapp verfehlen soll, ist "nur" 370 Meter groß. Er werde uns ziemlich nahe kommen, sagt Kenkmann, aber sicher nicht treffen. Es blieben immer noch etwa 30.000 Kilometer Abstand, auch wenn das in kosmischen Dimensionen wenig sei.

Für den Fall, dass Apophis bei späteren Umläufen doch noch auf Kollisionskurs mit der Erde geraten sollte, könne man ihn hoffentlich von seiner Bahn ablenken, etwa durch Beschuss mit einem schweren Raumschiff. "Bei der Dart-Mission hat das 2022 bereits geklappt."

Verwendete Quellen
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