Haenyeo-Frauen Studie: Taucherinnen haben sich genetisch angepasst

Die Haenyeo-Frauen in Korea tauchen auch in der Schwangerschaft und im hohen Alter nach Muscheln. Forscher fanden jetzt heraus, was sie so besonders macht.
Ohne Atemgeräte holen sie Seegurken, Abalone-Muscheln und anderes Meeresgetier aus dem Meer. Die Haenyeo, wie sie genannt werden, sind auf der koreanischen Insel Jeju legendär. Viele internationale Dokumentationen widmen sich ihrem Leben, und auch in zahlreichen koreanischen TV-Serien spielen sie eine Rolle.
Die Frauen tauchen dabei bis zu 18 Meter tief und bleiben dabei zwischen 30 Sekunden und zwei Minuten unter Wasser. Sie führen täglich Dutzende Tauchgänge durch – selbst schwanger oder im fortgeschrittenen Alter. Ein Team von Wissenschaftlern hat die einzigartige Frauengemeinschaft nun eingehend analysiert. Ziel war es, zu verstehen, warum die Haenyeo so außergewöhnlich lange und effizient tauchen können.
"Wir glauben, dass sie seit Tausenden von Jahren dieses unglaubliche von der Mutter vererbte Verhalten an den Tag legen, bei dem sie schon in jungen Jahren lernen, wie man taucht", sagte Melissa Ann Ilardo, Genetikerin und Assistenzprofessorin für biomedizinische Informatik an der Universität von Utah, dem amerikanischen Sender CNN.
Verlangsamter Herzschlag unter Wasser
Sie hat zusammen mit Kollegen eine Studie im Fachjournal "Cell Reports" veröffentlicht. Die Forscher gingen der Frage nach, ob die besonderen Tauchfähigkeiten der Frauen genetisch bedingt sein könnten. Bislang war bekannt, dass sich zum Beispiel in Tibet manche Bevölkerungsgruppen an das Leben in extremen Höhen angepasst hatten.
Bei ihren Untersuchungen stellten die Wissenschaftler fest, dass die koreanischen Frauen einen verlangsamten Herzschlag beim Tauchen haben, eine Fähigkeit, die sie sich antrainiert haben könnten. Außerdem untersuchten sie Genmaterial und fanden heraus, dass die Frauen beim Tauchen während der Schwangerschaft einen niedrigeren Blutdruck entwickelt haben. Und man fand Hinweise darauf, dass es eine genetische Anpassung an das kalte Wasser gegeben hat.
Anpassung schützt Ungeborene
Diese Anpassung wurde nicht nur bei Taucherinnen gefunden, sondern auch bei anderen Bewohnerinnen der Insel. Sie haben eine viermal höhere Wahrscheinlichkeit, eine genetische Variante zu haben, die mit niedrigem Blutdruck einhergeht, als Festland-Koreaner. "Der Blutdruck steigt beim Tauchen. Der Blutdruck der Jeju-Bewohnerinnen steigt aber weniger stark an", erklärte Ilardo.
Es wird vermutet, dass sich die Anpassung entwickelte, um schwangere Frauen und ihre Babys im Bauch beim Tauchen zu schützen. Man fand auch genetische Markierungen, die auf eine besondere Toleranz gegen Kälte und Schmerz hinweisen.
Die Anpassung an das Tauchen zeigt sich aber nicht nur in körperlichen Symptomen. Weil wenig Luft zum Atmen bleibt, sind viele Wörter im Jeju-Dialekt kürzer als in der koreanischen Hochsprache. Lange wird es die Haenyeo-Frauen aber wohl nicht mehr geben. Die meisten Taucherinnen sind schon in ihren 70ern, junge Frauen kommen nicht nach.
- cell.com: "Genetic and training adaptations in the Haenyeo divers of Jeju, Korea" (englisch)
- cnn.com: "Haenyeo: South Korea’s ‘mermaid’ divers are changing our understanding of evolution" (englisch)