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Wort des Jahres 2018: "Heißzeit" – blödsinning, meint Jörg Kachelmann


Meinung
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"Heißzeit" – das Märchen von der Hitze
"Das Wort des Jahres ist blödsinnig"

MeinungEine Kolumne von Jörg Kachelmann

Aktualisiert am 14.12.2018Lesedauer: 3 Min.
Ein Dromedar in der Wüste: Bei so viel Fantasie wie die "Wort des Jahres"-Jury an den Tag legt, könnte es in womöglich bald auch in Deutschland so aussehen.Vergrößern des Bildes
Ein Dromedar in der Wüste: Bei so viel Fantasie wie die "Wort des Jahres"-Jury an den Tag legt, könnte es in womöglich bald auch in Deutschland so aussehen. (Quelle: blickwinkel/AGAMI/R.Martin)
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Dieser Sommer war nicht mega-warm, er war nur trocken. Trotzdem ist das Wort des Jahres "Heißzeit". Bei so viel Verblödung hilft nur ein Blick auf die Topwörter des Jahres 1977.

Um das Wort des Jahres 2018 einordnen zu können, hilft ein Blick zurück ins Jahr 2003, ein noch viel heißerer Rekordsommer. Damals war bei den Temperaturen zwar viel mehr Lametta, aber irgendwie kam nicht so recht Bewegung in den Laden der Wortakrobaten der Gesellschaft für deutsche Sprache, wenn man die Rangliste von damals betrachtet:

  1. das alte Europa
  2. Agenda 2010
  3. Reformstreit
  4. SARS/Sars
  5. eingebettete Journalisten
  6. Maut-Desaster
  7. Steuerbegünstigungsabbaugesetz
  8. Jahrhundertglut
  9. googeln
  10. Alcopops
  11. "Deutschland sucht den Superstar (DSDS)"

Immerhin ein Achtungserfolg damals für die "Jahrhundertglut" mit Platz 8, noch vor "googlen". Früher war die Welt ohnehin mehr in Ordnung. Im Jahr 1984 belegte "Umweltauto" noch Platz 1. Der Sieg für Heißzeit in diesem Jahr zeigt, dass Dinge wahr werden können, wenn man sie nur lange genug behauptet.

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Vom postfaktischen Zeitalter profitieren nicht nur US-Präsidenten, sondern letztendlich all die Medien, die gebetsmühlenartig behauptet haben, dass das Entscheidende an diesem Jahr die Hitze gewesen sei, die Wälder trocken, Flüsse leer und Äcker dürr gemacht habe.

Wie schon früher geschrieben, war das natürlich völliger Blödsinn. Weder war der Sommer besonders heiß (er war einfach sehr lange viel heißer als der Durchschnitt, aber die Hitze war gerade nicht das typische Merkmal), noch war es zur selben Zeit auf der ganzen Nordhemisphäre oder auf der ganzen Erde heiß, wie allenthalben phantasiert wurde. Das Wesentliche: Es war in weiten Teilen Mitteleuropas leider verdammt trocken, was zu all den Feld-, Wald- und Wiesen-Problemen geführt hat.

Entscheidend war die Dürre

Journalisten hofften auf auf das Ende der Hitze, als würde das das Problem der Trockenheit lösen:

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So ist dieses Wort des Jahres für solche Leute ein später Erfolg, aber auch ein gelungener und auch beunruhigender Test. Wer schreibt, was zwar nicht der Wahrheit entspricht - indem die Auswirkungen des beobachteten Zustandes (trockene Flüsse) absolut nichts mit der behauptet Ursache ("Heißzeit"/“Hitzewelle") zu tun hatten, aber in Zeiten des naturwissenschaftlichen Prekariats (Hurra, abgewählt!) für möglich gehalten werden könnte?

Wir stellen fest: Es läuft. Das Wort "Heißzeit " ist völliger Blödsinn. aber wenn man es nur oft genug schreibt, glauben die Leute – sowie Sprachforscher und Wort-des-Jahres-Erfinder – am Ende, dass Hitze die Flüsse austrocknet, schlechtere Getreide-Ernten verursacht und Wälder anzündet.


Deswegen mein letztes Ceterum censeo für dieses Jahr zum Thema: Es war immer die Trockenheit, die Dürre. Aber mit "Trockenzeit" ist sprachspielerisch kein Blumentopf zu gewinnen. Das wäre sowas von 60er.

Inspiration aus der näheren Vergangenheit hülfe uns leider nicht. Nach dem heißen Dürrejahr 1976 gab es leider kein Wort des Jahres, und 1977 lässt nur der Platz 5 noch ahnen, was 1976 beim Wetter passierte und ich distanziere mich schon mal höchstvorsorglich davon, dass ich das hier zitiere. Es war halt so, damals:

  1. aufmüpfig
  2. Junktim
  3. Umweltschutz
  4. Nostalgie
  5. heiße Höschen

Und falls Sie ein junger Leser sind: Bitte Platz 2 selber googlen, danke!

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