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Münster: Trans Mann starb nach Prügelattacke – Verdächtiger festgenommen


Angriff bei CSD Münster
Trans Mann starb nach Prügelattacke – Verdächtiger festgenommen

Aktualisiert am 03.09.2022Lesedauer: 4 Min.
CSD in Münster: Bei der Versammlung am Wochenende war dem 25-Jährigen ins Gesicht geschlagen worden.Vergrößern des Bildes
CSD in Münster: Bei der Versammlung am Wochenende war dem 25-Jährigen ins Gesicht geschlagen worden. (Quelle: Rüdiger Wölk/imago images)

Der Tod eines 25-Jährigen, der beim Christopher-Street-Day in Münster angegriffen worden war, sorgte für Entsetzen. Nun ist ein Verdächtiger gefasst.

Im Fall der tödlichen Attacke gegen einen 25-Jährigen am Rande einer CSD-Versammlung in Münster hat die Polizei einen Verdächtigen festgenommen. Es handele sich um einen 20 Jahre alten Mann, teilte die Polizei Münster am Freitag mit.

Das 25 Jahre alte Tatopfer erlag am Freitagmorgen seinen Verletzungen. Er war am Rande einer Christopher-Street-Day-Versammlung (CSD) in Münster am 27. August niedergeschlagen worden. Der Tatverdächtige soll laut Zeugenaussagen mehrere Frauen mit "Lesbische Hure" oder "Verpisst euch" beschimpft haben und drohend auf sie zugegangen sein. Der 25-Jährige bekam laut Polizei die Situation mit und bat den Störer, die Beleidigungen zu unterlassen.

Der Verdächtige soll dem jungen Mann daraufhin ins Gesicht geschlagen haben. Dieser verlor daraufhin das Bewusstsein und schlug mit dem Kopf auf den Asphalt auf. Er kam ins Krankenhaus, wurde später ins künstliche Koma versetzt und starb am frühen Freitagmorgen. Die Leiche soll am Montag obduziert werden. Der Verdächtige war zu Fuß vom Tatort geflohen. Am Freitag war er dann am Hauptbahnhof in Münster festgenommen worden.

Der Tatverdächtigte schweigt bisher

Bislang hat sich der mutmaßliche Täter nicht zu den Vorwürfen geäußert, sagte Oberstaatsanwalt Dirk Ollech am Samstag auf dpa-Anfrage. Der 20-Jährige soll am Samstagmittag dem Haftrichter vorgeführt werden. Die Staatsanwaltschaft Münster beantragte einen Haftbefehl wegen Körperverletzung mit Todesfolge.

Ermittelt wird auch gegen einen unbekannten Begleiter des Mannes, der nach der Tat mit ihm geflohen sein soll und möglicherweise an den Beleidigungen beteiligt war. Hier gebe es bislang noch keine neuen Erkenntnisse, sagte Ollech.

Lesben- und Schwulenverband kritisiert Rolle sozialer Medien

Für Felix Adrian Schäper vom Verein Trans*Inter*-Münster steht fest: "Es war auf jeden Fall ein queerfeindlicher Angriff." Der 25-Jährige sei ein Transmann gewesen und der Angreifer habe vorher zwei lesbische Frauen homofeindlich beschimpft.

"Zu viele von uns werden durch seinen Tod einmal mehr daran erinnert, dass es Teile der Gesellschaft gibt, die uns die Menschenwürde absprechen", hieß es vom Bundesvorstand des Lesben- und Schwulenverbandes in Deutschland (LSVD). Die Tat zeige erneut deutlich, wie dringend es Aktionspläne gegen Trans- und Homophobie brauche.

Hohe Dunkelziffer bei queerfeindliche Gewalttaten

Queerfeindliche Einstellungen werden nach Einschätzung des LSVD durch soziale Medien verstärkt. Schon seit vielen Jahren gebe es in der Gesellschaft solche menschenfeindlichen Einstellungen, die durch die "Echokammern" im Internet noch angeheizt würden, kritisierte René Mertens vom Lesben- und Schwulenbundesverband (LSVD) am Samstag auf WDR 5 im "Morgenecho".

Soziale Medien tragen nach seiner Einschätzung dazu bei, dass "homophobe Sprüche und queerfeindliche Ideologien" in Hass und Gewalt umschlagen. Im rechtlichen und politischen Bereich habe es in den vergangenen Jahren viele Fortschritte gegeben. Aber bei den gesellschaftlichen Einstellungen und im Bildungsbereich sei noch viel zu tun. Man müsse auch jungen Menschen in den Schulen und über Jugendarbeit stärker vermitteln, wie man sich gegen Abwertungen zur Wehr setzen könne, forderte der LSVD-Referent.

Dem WDR-Bericht zufolge werden den Behörden in Durchschnitt täglich bundesweit etwa drei queerfeindliche Gewalttaten bekannt. Eine hohe Dunkelziffer komme hinzu - vieles werde nicht angezeigt.

Fall sorgt für Entsetzen

Der Fall und die Todesnachricht hatten weit über Münster hinaus für Bestürzung gesorgt. Bundesinnenministerin Nancy Faeser (SPD) schrieb auf dem Kurzmitteilungsdienst Twitter: "Ein junger Mann wird totgeschlagen, weil er anderen helfen wollte. Auf einem #CSD. Mitten in Deutschland. Im Jahr 2022. Das macht mich fassungslos und unendlich traurig." Ihr Mitgefühl gelte den Angehörigen des Opfers, so Faeser weiter. "Solcher Hassgewalt müssen wir mit aller Härte entgegentreten."

Der Queer-Beauftragte der Bundesregierung, Sven Lehmann, teilte mit: "Wir haben auch in Deutschland ein großes Problem mit Hass gegen queere Menschen. Queerfeindliche Gewalt ist eine Bedrohung, die tödlich enden kann. Wir alle müssen uns jeden Tag gegen diese Gewalt stellen."

Wüst: "Fassungslos und traurig"

NRW-Ministerpräsident Hendrik Wüst (CDU) betonte, der Mann habe Zivilcourage und Mut gezeigt, indem er sich im Alltag für andere einsetzte. "Dass er dabei sein Leben verloren hat, macht mich fassungslos und traurig. Diskriminierung und Gewalt dürfen bei uns keinen Platz haben. Gegen alle Formen von Menschenfeindlichkeit zeigen wir null Toleranz." NRW-Gleichstellungsministerin Josefine Paul teilte mit, noch immer seien Diskriminierung, Hass, Hetze und Gewalt für viele queere Menschen eine leider alltägliche Erfahrung. "Das dürfen wir in einer offenen Gesellschaft niemals hinnehmen."

Die Grünen-Vorsitzende Ricarda Lang äußerte sich auf Twitter: "Meine Gedanken sind bei Familie und Freunden des Verstorbenen. Und bei allen queeren Menschen, die sich unsicher und bedroht fühlen, wenn sie solche Nachrichten lesen. Es tut mir sehr leid."

Laut der Stadt werden in Münster an allen städtischen Gebäuden die Flaggen auf Halbmast gesetzt, am Freitagabend sollte eine Kundgebung und Trauerveranstaltung stattfinden. "Er geht uns alle an", sagte Oberbürgermeister Markus Lewe (CDU) mit Blick auf den Angriff. "Unsere Stadtgesellschaft ist weltoffen und tolerant und wird weiter dafür kämpfen, ein sicherer Ort für marginalisierte Menschen zu sein." Auch Münsters Polizeipräsidentin Alexandra Dorndorf und der katholische Bischof von Münster, Felix Genn, zeigten sich schockiert.

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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