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LKA-Spezialisten schließen die Akte Nostradamus


Gestohlenes Werk
LKA-Spezialisten schließen die Akte Nostradamus

  • Lars Wienand
Von Lars Wienand

18.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Abschrift des Werks von Nostradamus: Der Apotheker, Arzt und Astrologe lebte von 1503 bis 1566 und wurde schon zu Lebzeiten mit seinen prophetischen Gedichten berühmt.Vergrößern des Bildes
Abschrift des Werks von Nostradamus: Der Apotheker, Arzt und Astrologe lebte von 1503 bis 1566 und wurde schon zu Lebzeiten mit seinen prophetischen Gedichten berühmt. (Quelle: LKA Baden-Württemberg/Montage t-online)

Die Prophezeiungen des Nostradamus mehr als 500 Jahre nach Erscheinen als Kriminalfall: Ermittler aus Deutschland und Italien können die Akte jetzt schließen.

"Eine Frau aus der Welt des Gesangs wird Bedeutung am Hofstaate erlangen. Sie wird Italien glücklich machen mit Zeugnissen der Vergangenheit": Dies hätte eine der Prophezeiungen des Nostradamus sein können – und sie wäre eine Voraussage in eigener Sache gewesen. Am Freitag hat ein spektakulärer Kulturdiebstahl sein gutes Ende gefunden. Eine gestohlene Abschrift der geheimnisumwitterten Weissagungen des Franzosen geht zurück an eine römische Bibliothek.

Kulturstaatsministerin Claudia Roth, früher Managerin der Rockband "Ton Steine Scherben", hat insgesamt fünf illegal in Deutschland gehandelte Kunstobjekte an Italiens Botschafter übergeben.

Es war der Zeitpunkt für das LKA Baden-Württemberg, an die Öffentlichkeit zu gehen: Der Kriminalfall ist abgeschlossen, und er ist ein Lehrstück für grenzüberschreitende Kriminalität und internationale Zusammenarbeit. Botschafter Armando Varricchio zur Übergabe: "Diese Zeremonie bietet die Gelegenheit, den Worten 'Freundschaft' und 'Zusammenarbeit' konkrete Bedeutung zu verleihen."

Bei Auktion für 12.000 Euro

2007 war das Werk aus einer römischen Bibliothek verschwunden. 14 Jahre später meldeten sich italienische Ermittler in Deutschland: Im April 2021 wurde die Hand(ab)schrift des Manuskripts "Nostradamus M. Prophezeiungen von Michele Nostradamo" in Pforzheim bei einer Auktion angeboten: 12.000 Euro Startgebot.

Es kam nicht zum Zuschlag: Die römische Staatsanwaltschaft schaltete die Kollegen in Pforzheim ein. Per europäischer Ermittlungsanordnung sollte das Werk beschlagnahmt werden. Das geschah auch, Zugriff am 3. Mai 2021. Experten des Landesarchivs Baden-Württemberg bekamen den Schatz zur Prüfung und stellten fest: Er ist echt.

Abschrift seiner Prophezeiungen

Es ist eine rund 300 Jahre alte Abschrift aus dem Werk des Apothekers und Arztes Michel de Notredame, besser bekannt als Nostradamus. 1555 hatte er den ersten Teil seiner Centurien veröffentlicht, mit denen er die Zukunft bis ins Jahr 3797 vorhersagt. Er selbst sprach von "nebelhaften Bildern": Die Verse sind so metaphorisch und unkonkret, dass es auf alles zutreffen könnte. Nostradamus mischte auch Latein und Französisch mit eigenen Wortumbildungen und verzichtete meist auf Satzzeichen, was das Verständnis noch erschwert.

Die "Welt" hat angebliche Prophezeiungen für 2022 aufgegriffen. In diese Andeutungen lässt sich sogar eine Atombombenexplosion im Ukraine-Krieg interpretieren. Nostradamus orakelte:

Wie die Sonne wird der Kopf das leuchtende Meer versiegeln die lebenden Fische des Schwarzen Meeres werden fast kochen.

Er prophezeite auch eine mögliche Folge des russischen Angriffskriegs an: gestiegene Weizenpreise. Sogar Kannibalismus deutet er deshalb an:

So hoch der Weizenpreis. Dieser Mann ist gerührt seine Mitmenschen essen in seiner Verzweiflung.

Für die Ermittler bei LKA und Staatsanwaltschaft gab es andere Fragen: Welchen Weg hat das Werk bis zur Auktion genommen, wer ist vielleicht noch beteiligt? Inzwischen ist klar: Gegen den Antiquitätenhändler aus Karlsruhe, der das Buch verkaufen wollte, wird wegen des Verdachts der Hehlerei sowie des Verstoßes gegen das Kulturgutschutzgesetz ermittelt. Hendrik Blaßies, Sprecher der zuständigen Staatsanwaltschaft in Pforzheim: "Dem Mann hätte sich aufdrängen müssen, dass es sich zumindest um abhanden gekommenes Kulturgut handelt." Im Werk ist ein Stempel der römischen Bibliothek.

Für 200 Euro in Paris gekauft

Der Mann hatte nach seinen Angaben Zeit verstreichen lassen, bis er den Nostradamus per Auktion verkaufen wollte: Er will das Buch vor einigen Jahren auf einem Bücherflohmarkt in Paris gekauft haben, angeblich für 200 Euro. Nun hoffte er auf mehr als 12.000.

Was ihn stattdessen erwartet? Die Ermittlungen dauern noch an, sagt Blaßies. Der Staatsanwalt kann keine Voraussage treffen, ob und wann es zu einer möglichen Anklage kommt. Er ist ja kein Hellseher: "Es wäre unseriös, wenn ich das sagen würde'."

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