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Frank-Walter Steinmeier: Bundespräsident würdigt Wegbereiter deutscher Demokratie


Vorkämpfer der Demokratie
Der Revolutionär, der im Kugelhagel starb

Von Marc von Lüpke

Aktualisiert am 25.10.2021Lesedauer: 3 Min.
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9. November 1848: Kaiserliche Soldaten erschossen den Revolutionär Robert Blum. Ein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier herausgegebenes Buch würdigt nun diesen und andere demokratische Vorkämpfer.Vergrößern des Bildes
9. November 1848: Kaiserliche Soldaten erschossen den Revolutionär Robert Blum. Ein von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier herausgegebenes Buch würdigt nun diesen und andere demokratische Vorkämpfer. (Quelle: adoc-photos/ullstein-bild)

Deutschlands Weg zur Demokratie war lang – und leider oft gewaltsam. Mit einem neuen Buch würdigt Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier tapfere Frauen und Männer, die für Freiheit und Recht stritten.

Der Prozess war kurz, das Urteil hart. Am 9. November 1848 stand Robert Blum in der Wiener Brigittenau vor einem Erschießungskommando. Die kaiserlichen Soldaten eröffneten das Feuer, dann war der Mann tot. "Ich sterbe für die Freiheit, möge das Vaterland meiner eingedenk sein" sollen Blums letzte Worte gewesen sein.

Einerlei, ob dieser Ausspruch nur Legende ist, er wurde gleichwohl berühmt. Denn Robert Blum avancierte nicht nur durch seinen tragischen Tod zur Ikone der deutschen Demokratie. Mit Intelligenz, Weisheit und Charisma hatte Blum für seinen Traum gestritten: ein Deutschland, geeint in Freiheit und Recht. Der gebürtige Kölner war nicht der einzige Träumer. Vor und nach ihm kämpften andere Frauen und Männer für Demokratie, Freiheit und Gleichheit.

Anerkennung vom Staatsoberhaupt

Wer kennt noch Namen wie Caroline Schlegel-Schelling? Adam von Itzstein? Louise Otto-Peters? Hugo Preuß? Ihre Verdienste der Vergessenheit zu entreißen, hat sich ein neues Buch zum Ziel gesetzt. "Wegbereiter der deutschen Demokratie. 30 mutige Frauen und Männer 1789–1918" wird von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier herausgegeben. Zahlreiche Autorinnen und Autoren, allesamt Koryphäen wie die Historikerin Hedwig Richter oder der Politologe Herfried Münkler, porträtieren darin lehrreich die Vorkämpfer der deutschen Demokratie.

Christopher Clark, Professor im britischen Cambridge und einer der besten Kenner der deutschen Geschichte, befasst sich mit erwähntem Robert Blum. Eine besonders imposante Biografie. Denn anders als viele andere entstammte Blum den oft beschworenen "kleinen Verhältnissen". So arm sein Elternhaus, so reich war Blum allerdings an besagten Eigenschaften wie Intelligenz, Weisheit und Charisma. Er dichtete, verlegte, betätigte sich am Theater – zu seiner Berufung, man könnte fast von Schicksal sprechen, wurde allerdings die Politik.

"Freiheit, Fortschritt, Gerechtigkeit", in diesen drei Worten fasst Clark Blums Gedankenwelt zusammen. Mit seinem Einzug in die Frankfurter Nationalversammlung 1848 konnte der Demokrat Blum an der Verwirklichung arbeiten. Eigentlich. Denn Demokratie will gelernt sein, es gab viel Streit, aber wenig Einigung in der Paulskirche. Was war mit den Polen, von deren Land sich Preußen einst reichlich einverleibt hatte? Was mit den Juden, dieser diskriminierten Minderheit?

Am Ende der Kräfte

Blum war resolut. Den Polen gebühre ein eigener Staat, den Juden Rechte. Die vielen Auseinandersetzungen forderten allerdings ihren Tribut. "Nie bin ich so lebens- und wirkensmüde gewesen", zitiert Clark den Revolutionär. Während sich die Parlamentarier in Frankfurt allerdings in der Demokratie erprobten, holten die Fürsten zum Gegenschlag aus. In Wien sollte das nächste Drama stattfinden. Und was tat Blum? Er reiste in die Hauptstadt Österreichs.

Kaiserliche Truppen lieferten sich Gefechte gegen die verbliebenen Revolutionäre, die Blum in ihre Reihen aufgenommen hatten. Blum war stark eingeschränkt bei den Barrikadenkämpfen: Seine Sehkraft war seit einer durchstandenen Krankheit als kleiner Junge gering. Vor dem Todesurteil bewahrte diese Tatsache Blum allerdings nicht. Einen Abgeordneten der Frankfurter Nationalversammlung kurzerhand erschießen zu lassen? Nichts macht die Verachtung der alten Obrigkeiten für die Demokratie deutlicher. "Gegen Demokraten helfen nur Soldaten", stieß Preußens König Friedrich Wilhelm IV. ins gleiche Horn.

Dabei sind Blums Ideale bis heute vorbildlich, wie es Christopher Clark auf den Punkt bringt: Respekt vor demokratischen Institutionen zu hegen, bereit für Kompromisse zu sein und "auch im Eifer des politischen Gefechts niemals zu vergessen, dass die Demokratie etwas Kostbares ist, für das es sich einzustehen und zu kämpfen lohnt."

Weimar hatte keine Zukunft

Zu kämpfen verstand mit Louise Otto-Peters auch eine Zeitgenossin Robert Blums. Und zugleich eine der großen Gestalten der Frauenbewegung. Blum habe Otto-Peters von an Anfang an in ihren "Bestrebungen für die Frauen" ermutigt, zitiert Clark. Lange lässt sich über "Wegbereiter der deutschen Demokratie" wie Robert Blum und Louise Otto-Peters lesen, am Schluss sei aber noch Hugo Preuß erwähnt.

Der Mann, dessen größtes Werk heute in Verruf steht: die Verfassung der Weimarer Republik. Anfangs noch gelobt als "demokratischste Demokratie der Welt" wird die Republik von Weimar heute eher von ihrem Ende her beurteilt: dem Beginn der Tyrannei der Nationalsozialisten, die in Weltkrieg und Shoah eskalierte.

"Die Erinnerung an das Menschheitsverbrechen der Shoah ist so zu einem unverrückbaren Teil unserer freiheitlichen demokratischen Identität geworden – und muss es bleiben", betont Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier im Buch. "Wir können dennoch stolz sein auf die Kämpfe für Freiheit und Demokratie. Es waren auch diese Ideale, die den Widerstand gegen den Nationalsozialismus prägten." An dieser Stelle kann man Frank-Walter Steinmeier nur uneingeschränkt Recht geben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • Frank-Walter Steinmeier (Hrsg.): Wegbereiter der deutschen Demokratie. 30 mutige Frauen und Männer 1789-1918, München 2021
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