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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Mordprozess gegen Pfleger "Ich bringe die hier alle um": Zeugin sagt vor Gericht aus

Vor dem Aachener Landgericht berichten Zeugen von verstörenden Aussagen eines ehemaligen Pflegers. Auch die Chefärztin sagt aus.
Im Mordprozess gegen einen ehemaligen Pfleger des Rhein-Maas-Klinikums haben am Mittwoch (7. Mai) vor dem Aachener Landgericht weitere Zeugen im Mordprozess ausgesagt – darunter die Chefärztin der Klinik. Der Angeklagte soll von Dezember 2023 bis Mai 2024 neun Patienten auf der Palliativstation der Klinik mit Medikamenten-Überdosen ermordet haben. Die Staatsanwaltschaft wirft ihm darüber hinaus 34-fachen versuchten Mord bei weiteren Patienten vor.
Eine ehemalige Kollegin berichtete am Mittwoch, wie sie kurz nach ihrem Examen mit dem Angeklagten zusammengearbeitet hat. Ihr sei aufgefallen, dass nach seinen Nachtschichten die Patienten am Morgen schwer aufzuwecken gewesen seien. Als sie ihn "ohne Hintergedanken" darauf angesprochen habe, soll der Angeklagte lachend gesagt haben: "Jaja, ich bringe die hier alle um." Sie habe die Aussage ironisch verstanden – beide hätten darüber gelacht.
Eine weitere Ex-Kollegin bezeichnete den angeklagten Pfleger als "empathielos". So habe er einmal in Bezug auf die Patienten gesagt: "Hier liegen ohnehin nur Zombies herum, die sind nur hier zum Sterben." Sein früher hohes Engagement habe sich im Laufe der Zeit in eine "Scheißegal-Einstellung" gewandelt, so die Zeugin. "Wenn ich die Wahl hätte, dann würde ich den Job nie wieder machen", soll er ihr gesagt haben.
Aachen: Zeugin beschreibt den Pfleger als empathielos
Die Chefärztin des Rhein-Maas-Klinikums bezeichnete den Vorwurf an den Pfleger als "unfassbar". Sie erklärte, dass es klar geregelt sei und sie immer wieder appelliere, dass Pfleger und Ärzte sie bei Auffälligkeiten in der Medikamentenvergabe "sofort kontaktieren" müssten – insbesondere, wenn der Verdacht besteht, dass Patienten gefährdet seien. "Das ist nicht erfolgt", so die Chefärztin.
Man habe ihr erst nach der Beurlaubung des Angeklagten von den Vorwürfen berichtet. Im Anschluss habe sie sofort angeordnet, das Medikament Midazolam – welches der Pfleger den Patienten überdosiert injiziert haben soll – in die Betäubungsmittelschränke einzuschließen. Sie habe Bestandskontrollen angeordnet und alle Fachärzte sowie Stationsleitungen über die Situation informiert.
Zudem seien Patientenakten durchforstet und eine Risikoanalyse einer externen Anwaltskanzlei angeordnet worden. Eine derartige Analyse ist ein systematischer Prozess zur Identifizierung von potenziellen Gefahren und Risiken, die die Gesundheit und Sicherheit von Patienten gefährden könnten. Das Ergebnis dieser Analyse habe sie aber nicht präsentiert bekommen, so die Chefärztin.
Bereits in der vergangenen Woche hatten ehemalige Kollegen und Kolleginnen des Pflegers ausgesagt und von ähnlich makaberen Äußerungen des Angeklagten berichtet. Auch sie sagten, sie hätten seine Worte und andere Warnzeichen nicht ernst genommen. Am kommenden Freitag sind die nächsten Zeugen geladen. Laut einer Sprecherin des Landgerichts könnte dann auch der Angeklagte selbst aussagen.
- Reporter vor Ort