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Wiederholung von Berlin-Wahl? Verfassungsrechtler kritisiert Gericht


"Das geht nicht"
Berlin-Wahl komplett wiederholen? Verfassungsrechtler kritisiert Gericht

Von dpa, ads

29.09.2022Lesedauer: 3 Min.
Lange Schlangen bildeten sich etwa vor den Wahllokalen in der Jane-Addams-Schule in Friedrichshain (Archivbild): Bei den Wahlen ist es in Berlin zu vielen Problemen gekommen.Vergrößern des BildesLange Schlangen bildeten sich etwa vor den Wahllokalen in der Jane-Addams-Schule in Friedrichshain (Archivbild): Bei den Wahlen ist es in Berlin zu vielen Problemen gekommen. (Quelle: Bernd von Jutrczenka/dpa-bilder)
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Nach Aussage des Gerichts ist eine Wahl-Wiederholung in Berlin realistischer, die Politik bereitet sich vor. Ein Verfassungsrechtler ist darüber verwundert.

Nach der vorläufigen Einschätzung des Berliner Verfassungsgerichts müssen sich Politikerinnen und Politiker in der Hauptstadt auf eine komplette Wiederholung der Wahl zum Abgeordnetenhaus einstellen. Staats- und Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza hält das für problematisch.

Der Berliner Verfassungsgerichtshof hatte am Mittwoch rund sieben Stunden über Beschwerden der Landeswahlleitung, der Innenverwaltung sowie der Parteien AfD und Die Partei gegen die Wahl am 26. September 2021 verhandelt.

Verfassungsgerichtshof schätzt Wahlfehler als mandatsrelevant ein

Bei der Vorbereitung und Durchführung der Wahl habe es eine Vielzahl von schweren Wahlfehlern gegeben, führte Gerichtspräsidentin Selting aus. Diese seien nach einer vorläufigen Einschätzung mandatsrelevant gewesen – sie hatten nach Einschätzung des Gerichts also Auswirkungen auf die Zusammensetzung des Parlaments und die Verteilung der Mandate. Verantwortlich seien die Landeswahlleitung und der Senat.

Selting hatte zu Beginn einer mündlichen Verhandlung erklärt, dass nach vorläufiger Einschätzung des Verfassungsgerichtshofes eine komplette Wiederholung der von zahlreichen Pannen und organisatorischen Problemen überschatteten Wahl zum Berliner Abgeordnetenhaus vor einem Jahr in Betracht komme.

Gericht: Bekannte Wahlfehler womöglich nur "die Spitze des Eisbergs"

Das Gericht geht demnach davon aus, dass die bekannten Wahlfehler wie falsche oder fehlende Stimmzettel in etlichen Wahllokalen wegen einer lückenhaften Dokumentation nur "die Spitze des Eisbergs" darstellen.

Der Staats- und Verwaltungsrechtler Christian Pestalozza zeigte sich verwundert über die vorläufige Einschätzung des Gerichts, wonach die Wahl komplett wiederholt werden muss. "Der Umfang einer Wahlwiederholung muss im Verhältnis zu den Wahlfehlern stehen", sagte der Professor von der Freien Universität Berlin der Deutschen Presse-Agentur.

Verfassungsrechtler: "Nicht in größerem Umfang neu wählen lassen, als es wirklich nötig ist"

Man könnte nicht flächendeckend neu wählen, wenn die Wahl zu großen Teilen fehlerfrei war. Der Verfassungsgerichtshof sage offenbar: "Wir wollen reinen Tisch machen", so Pestalozza. Das sei aus seiner Sicht aber problematisch. "Man kann nicht aufgrund von Mutmaßungen in größerem Umfang neu wählen lassen, als es wirklich nötig ist. Das geht nicht."

Wahlfehler müssten zweifelsfrei festgestellt werden, dann müsse die Mandatsrelevanz geprüft werden. Er hoffe, dass das Gericht nach seiner am Mittwoch vorgetragenen vorläufigen Einschätzung noch einmal in sich gehe.

Pestalozza sagte, er sei überrascht, dass der Verfassungsgerichtshof seine vorläufige Wertung der Vorgänge am 26. September 2021 bereits so detailliert vor der mündlichen Verhandlung über Wahleinsprüche vorgetragen habe. Ein solches Vorgehen sei aus seiner Sicht ungewöhnlich.

Prozess um Pannen-Wahl in Berlin: Entscheidung Ende des Jahres erwartet

Insgesamt liegen dem Gericht 35 Einsprüche gegen die Wahl vor. Offen blieb zunächst, wann das Gericht sein Urteil sprechen will. Nach der Verhandlung haben die Richterinnen und Richter laut Gesetz drei Monate Zeit dafür, also bis Ende des Jahres. Im politischen Raum wird ihre Entscheidung im November oder Dezember erwartet.

Zwar liegt ein Urteil noch nicht vor und Präsidentin Ludgera Selting betonte in der mündlichen Verhandlung am Mittwoch mehrfach, das Gericht berate die vorgebrachten Argumente. Doch in der Politik sind die Vorbereitungen bereits angelaufen. So sagte CDU-Generalsekretär Mario Czaja den Berliner Christdemokraten bereits Unterstützung zu.

"Unser Bundesvorsitzender Friedrich Merz und ich werden den Kandidatinnen und Kandidaten der Berliner CDU dabei helfen, diese Wahl zu gewinnen", sagte der CDU-Politiker dem "Tagesspiegel".

CDU: "Franziska Giffey ist Regierende Bürgermeisterin auf Abruf"

Er sehe die Chancen hoch, dass "die Christdemokraten ganz Berlin erobern – zumal die Parteien der rot-grün-roten Koalition für das Wahlchaos 2021 verantwortlich sind". Berlins AfD-Fraktionsvorsitzende Kristin Brinker rechnet mit einer kompletten Wiederholung der Abgeordnetenhauswahl im nächsten Frühjahr.

"Ich würde mich wundern, wenn das Gericht da noch einen anderen Ausweg finden würde", sagte Brinker am Rand der mündlichen Verhandlung am Mittwoch. Auch CDU-Generalsekretär Stefan Evers ist der Meinung, Berlin müsse sich nun auf komplette Neuwahlen einstellen. "Franziska Giffey ist mit dem heutigen Tag eine Regierende Bürgermeisterin auf Abruf", sagte er mit Blick auf die SPD-Regierungschefin.

Schon jetzt wurden Forderungen nach einem Rücktritt des SPD-Politikers Andreas Geisel als Senator laut, der zum Zeitpunkt der Wahl im September 2021 Innensenator war und inzwischen an der Spitze der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Bauen steht.

"Er sollte weiteren Schaden vom Ansehen des Senats durch seinen sofortigen Rücktritt abwenden", meinte Berlins FDP-Landeschef Christoph Meyer. Auch CDU-Generalsekretär Evers hält einen Rücktritt für unausweichlich. Geisel lehnt einen Rücktritt ab (Mehr dazu hier).

Verwendete Quellen
  • Nachrichtenagentur dpa
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