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Hotel Adlon in Berlin: Das braune Mysterium des Grandhotels


Berliner Institution
Das braune Mysterium des "Hotel Adlon"

Von Jannik Läkamp

Aktualisiert am 08.12.2022Lesedauer: 4 Min.
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Das Berliner Hotel Adlon im Jahr 1935: Nach dem Zweiten Weltkrieg waren die Besitzer enteignet worden.

Luxus pur und eine bewegte Vergangenheit: Das Grandhotel Adlon. Nun wird über die Gesinnung der Gründerfamilie vor Gericht gestritten.

Bei wohl kaum einem anderen Namen in Berlin schwingt so viel Grandeur mit wie bei diesem: "Adlon". Er weckt Gedanken an prickelnden Champagner und puren Luxus. Die Geschichte dieses Namens ist eng verwoben mit der von Berlin, ja sogar der von Deutschland. Das "Hotel Adlon" am Pariser Platz ist eines der renommiertesten und geschichtsträchtigsten der Republik.

Nun ist es auch Gegenstand eines Rechtsstreits, der am Donnerstag vor dem Berliner Verwaltungsgericht beginnt. Im Mittelpunkt: Felix Adlon, Hotelerbe ohne Hotel, der gerne die Familienehre wiederherstellen möchte. Denn die Familie wurde enteignet – wegen Kollaboration mit dem Naziregime.

Eröffnet wurde das "Adlon" 1907 von niemand Geringerem als Kaiser Wilhelm II. Der damalige Herrscher des Deutschen Reiches war auch der erste Gast des visionären Hoteliers Lorenz Adlon aus Mainz. Der hatte sich einen Traum verwirklicht, ein Grandhotel in Berlin. Ein Traum, dem laut "FAZ" auch der Kaiser anhing: Berlin sollte sich nicht vor anderen Weltstädten wie Paris oder London verstecken müssen.

Berliner "Hotel Adlon": 20 Millionen Goldmark teuer

So habe der Monarch seine schützende Hand über das Großprojekt gehalten, in das "Adlon" beinahe seinen gesamten zusammengesparten Schatz gesteckt – immerhin zwei Millionen Goldmark, so die Zeitung. Eine horrende Summe damals, am Ende habe der Bau jedoch sogar rund zwanzig Millionen verschlungen. Schnell etablierte sich das Hotel als "Brennpunkt des gesellschaftlichen Lebens", wie es der Historiker Wilfried Rogasch laut "B.Z." ausdrückte. Zu Gast seien einige der bekanntesten Personen der damaligen Zeit gewesen: Charlie Chaplin, Zar Alexander II., Greta Garbo und viele andere.

Auch nach Ende des Ersten Weltkriegs blieb das Hotel bestehen, weiterhin hätten sich gut betuchte Gäste in die Suiten eingemietet. Das Hotel war "ein inoffizielles Parlament aller Nationalitäten, eine 'kleine Schweiz', also ein Ort, an dem man sich offiziell treffen und sich privat aussprechen konnte", zitiert der "Spiegel" Hedda Adlon, die Frau von Louis Adlon, Sohn des Hotelgründers. Louis Adlon übernahm die Leitung des Hotels nach dem Tod seines Vaters 1921.

All das habe sich schlagartig mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten 1933 geändert. Zwar sei das Hotel noch immer stark frequentiert gewesen, wie etwa am Tag vor der Ernennung Hitlers zum Reichskanzler am 30. Januar 1933. Alle Zimmer seien an dem Tag ausgebucht gewesen, so der "Spiegel". Insbesondere seien Zimmer, von denen aus der Fackelzug der Nationalsozialisten zu sehen war, begehrt gewesen.

Hitler- statt Kaiserbüste

Auch die Kaiserbüste, die lange in der Eingangshalle des Hotels stand, wurde laut dem Medium durch eine Hitlerbüste ersetzt. Ebenfalls seien Hotelier Louis und seine Frau Hedda 1940 Hitlers NSDAP beigetreten. Dies sei indes keine unübliche Aktion für Bürger in herausragenden Positionen, die nicht zwangsläufig eine stramm braune Gesinnung beweise. "Nach allem, was wir wissen, war Louis Adlon kein überzeugter Nationalsozialist", so Historiker Rogasch im "Spiegel". Der Erbe von Louis und Hedda, Felix Adlon, erklärte im Interview mit t-online, dass der Eintritt in die NSDAP nur geschehen sei, "weil sie unter Druck gesetzt wurden". Die Nazis hätten sich in dem Hotel breitgemacht, so Adlon. "Das ganze Hotel war verwanzt. Das heißt aber nicht, dass meine Urgroßeltern mit den Nazis kollaboriert hätten." Doch der Eintritt in die NSDAP soll schwere Folgen haben.

Zwar habe die Gästezahl in der auf die Machtergreifung folgenden Katastrophe abgenommen, doch die verheerenden Bombennächte des Zweiten Weltkriegs soll das Hotel relativ unbeschadet überstanden haben. Dies habe sich mit dem Angriff der Roten Armee auf Berlin geändert. Kurz vor Kriegsende sei das "Adlon" laut "B.Z." noch kurz zum Lazarett für Verwundete der Wehrmacht umfunktioniert worden. Jedoch auch dieses Intermezzo soll das "Adlon" überstanden haben.

Doch sei es, kurz nachdem die sowjetische Rote Armee Berlin erobert hatte, zur Tragödie für das "Adlon" gekommen sein. Es soll beinahe komplett in Flammen aufgegangen sein. Die tatsächliche Ursache lässt sich zwar nur schwerlich beweisen, doch sollen sowjetische Soldaten laut "FAZ" im Weinkeller Feuer gelegt haben. Übrig geblieben sei nur ein Seitenflügel. Dieser soll in der DDR weiter als Hotel genutzt und dann zum Lehrlingsheim umfunktioniert worden sein, so das Medium.

1997 sei das Hotel am Pariser Platz wieder aufgebaut worden, die Hotelgesellschaft Kempinski habe sich dem Projekt zusammen mit privaten Investoren angenommen. Doch ruhig ist es um das Berliner Grandhotel noch lange nicht geworden.

Der Gründerfamilie gehört das Hotel nicht mehr, sie wurden enteignet. Drei Mal, wie der Urenkel von Hedda und Louis, Felix Adlon, im Interview zu t-online sagt. "Das erste Mal von den Nazis, die sich im Dritten Reich im 'Adlon' eingenistet haben. Das zweite Mal von den Sowjets und das dritte Mal nach der Wiedervereinigung, vom Land Berlin." Der Grund dafür sei die Kollaboration von Hedda und Louis Adlon mit den Nationalsozialisten, ihr Eintritt in die NSDAP. Das hält Felix Adlon für Quatsch. Er will das Grundstück wieder in Familienbesitz sehen. Und zieht vor das Berliner Verwaltungsgericht.

Nazi-Kollaborateure oder Widerstandskämpfer?

Denn seiner Aussage nach seien die Adlons alles andere als Nazi-Kollaborateure gewesen. "Meine Urgroßeltern waren sogar im Widerstand", so der Hotelerbe ohne Hotel zu t-online. Sie seien eng befreundet gewesen mit Paul und Margarethe von Hase. Paul von Hase war Teil der Aktion "Walküre", dem Anschlagsversuch auf Hitler 1944, an dem Claus Schenk Graf von Stauffenberg maßgeblich beteiligt war.

Teile eben dieses Attentats sollen laut Adlon im Hotel seines Namens geplant worden sein – vor den Augen der Geheimen Staatspolizei (Gestapo). In der Empfangshalle sei es so laut gewesen, dass konspirative Gespräche dort ohne Weiteres im Geheimen geblieben seien. Im "Adlon" wurde "vor der Nase der Geheimpolizei der Militärputsch geplant", so Adlon. Als Beweis führt Felix Adlon eine eidesstattliche Versicherung von Margarethe von Hase an. Wie es nun mit dem Grandhotel "Adlon" weitergeht, muss das Gericht entscheiden.

Verwendete Quellen
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