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Corona-Schock im Tierheim Berlin: "Mit Sinken der Inzidenz ging es richtig los"


Tierheim Berlin füllt sich
"Mit Sinken der Inzidenz ging es richtig los"

  • Anne-Sophie Schakat
Von Anne-Sophie Schakat

Aktualisiert am 26.07.2021Lesedauer: 3 Min.
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Drei junge Golden Retriever Mischlingswelpen im Tierheim Berlin: Sie wurden Ende April vom Veterinäramt sichergestellt – konnten inzwischen aber alle ein neues Zuhause finden.Vergrößern des Bildes
Drei junge Golden Retriever Mischlingswelpen im Tierheim Berlin: Sie wurden Ende April vom Veterinäramt sichergestellt – konnten inzwischen aber alle ein neues Zuhause finden. (Quelle: Tierheim Berlin)

"Lästig geworden": Das Tierheim Berlin füllt sich zusehends. Mehr und mehr Kleintiere, Hunde und Katzen müssen betreut und versorgt werden. Viele sind Opfer der Corona-Pandemie.

Das Tierheim Berlin kämpft derzeit mit einer regelrechten Flut an Kleintieren. Seit dem Frühjahr treffen jede Woche weitere Neuzugänge in der Einrichtung ein. "Wir haben derzeit etwa 120 Kleintiere bei uns, davon über 60 Kaninchen", berichtet Tierheim-Sprecherin Annette Rost. "Das Kleintierhaus platzt aus alles Nähten", klagt sie.

Als einen Grund für die Kaninchenflut sieht sie die Corona-Pandemie. "Während des Lockdowns wollte alle Welt Haustiere haben, um sich zu trösten und die Langeweile zu vertreiben. Nun ist der Lockdown vorbei, die Homeoffice-Pflicht aufgehoben und das Leben normalisiert sich wieder. Die Menschen wollen hinaus, verreisen und unabhängig sein. Da sind leider viele gerade erst angeschaffte Haustiere lästig geworden."

Ein massiver Wasserschaden in diesem Teil des Tierheims hat die Lage noch weiter verschärft. Kaninchen, Meerschweinchen, Hamster und Co. leben seitdem in schnell zusammengezimmerten Notunterkünften in anderen Bereichen des Tierheims. Auch umliegende Einrichtungen konnten dem Tierheim Berlin keine Kaninchen abnehmen. "Die hatten alle selbst sehr viele Kleintiere", erklärt Rost gegenüber t-online.

Tiere werden häufig falsch gehalten

Doch das ist bei Weitem nicht das einzige Problem. Auch Hunde und Katzen treffen vermehrt in der Einrichtung ein. "Zuletzt wurden bei uns sechs Hunde mit erheblichen Verhaltensstörungen abgegeben, die als Welpen in der ersten Lockdown-Phase angeschafft wurden. Die Besitzer hatten sich überhaupt nicht mit den Eigenschaften und Bedürfnissen der Rassen auseinandergesetzt", berichtet die Tierheim-Sprecherin.

Eine Familie etwa habe sich einen Husky-Schäferhund-Mix angeschafft. "Das sind Tiere, die durchaus anspruchsvoll sind. Die laufen nicht einfach so als Familienhund mit. Wenn man dann keinerlei Expertise hat und die Tiere weder physisch noch mental ausgelastet sind, wundert es nicht, dass sie auf dumme Gedanken kommen", mahnt Rost.

"Manchmal wundert man sich, was die Menschen momentan so umtreibt"

Aber auch Fundtiere müssen inzwischen vermehrt über längere Zeit im Tierheim betreut werden. Hunde, die in Berlin entlaufen, landen meist über die Polizei, den Tierfang oder Bürger im Tierheim Berlin. Normalerweise können gerade gechippte Tiere schnell wieder mit ihren Besitzern vereint werden. Seit einigen Wochen aber werden viele Fundtiere einfach nicht mehr abgeholt.

"Man kann dann mutmaßen, dass das Tier möglicherweise gar nicht entlaufen ist, sondern ausgesetzt wurde", erklärt die Tierheim-Sprecherin. "Da sind teilweise ganz bezaubernde, völlig unkomplizierte Tiere dabei. Wir haben etwa eine schwarze Labradorhündin, die total lieb ist. Ein richtig toller Hund, gerade auch für Familien. Da wundert man sich wirklich manchmal, was die Menschen momentan so umtreibt."

Ein Anstieg der zu betreuenden Tiere im Berliner Tierheim deutete sich zwar schon seit einigen Monaten an, so Rost. "Wir haben aber bemerkt, dass es mit dem Sinken der Infektionszahlen, den einhergehenden Lockerungen und den bevorstehenden Sommerferien richtig los ging."

Illegaler Welpenhandel boomt in Pandemie – viele kranke Tiere

Besonders problematisch: Die sehr kostenintensive Behandlung von kranken Tieren. "Unsere Praxen sind voll mit Welpen aus dem illegalen Welpenhandel. Deren medizinische Versorgung ist unfassbar teuer", erklärt Rost. In der Pandemie habe der illegale Tierhandel noch einmal einen regelrechten Boom erlebt. Allein in diesem Jahr seien bereits über 80 Welpen aus dem illegalen Welpenhandel im Tierheim angekommen.

"Das ist ein wahnsinniges Tierleid, das da verursacht wird", erklärt Rost. "Die Muttertiere leben meist in völlig desolaten Umständen in Osteuropa und werden dort in hoher Frequenz gedeckt. Die Welpen werden ihrer Mutter dann sehr früh weggenommen und nach Deutschland gebracht. Für die kleinen Hunde bedeutet das, dass sie nicht sozialisiert werden, kein Immunsystem aufbauen können und auch keine medizinische Versorgung haben. Ein sehr großer Teil von ihnen leidet deshalb unter multiplen Erkrankungen, deren Behandlungen Tausende von Euro verschlingen. All das müssen wir mit Spendengeldern stemmen", klagt sie.

"Auch die Corona-Krise zwingt uns nicht in die Knie"

Bis zum Ende des Jahres erwartet das Tierheim, dass noch deutlich mehr Tiere aller Arten auf seine Hilfe angewiesen sein werden. Trotzdem soll niemand unversorgt bleiben. Dem Tierschutzbund als Dachverband des Berliner Tierheims gehören 550 Tierheime an. "Sollte es bei uns wirklich zu voll werden, ließen sich da Lösungen finden", glaubt Annette Rost.

Zudem würden viele Pfleger Tiere mit nach Hause nehmen. Auch auf die vielen ehrenamtlichen Pflegestellen könne man noch zurückgreifen. "Zur Not müssen wir einfach noch kreativer werden, als wir es ohnehin schon sind. Aber ich bin mir sicher, dass uns auch die Corona-Krise nicht in die Knie zwingen wird", zeigt sich die Tierheim-Sprecherin kämpferisch.

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