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Prozess in Berlin: Urteil für den "Kannibale von Pankow" erwartet


Aufsehenerregender Prozess
"Kannibale von Pankow" droht lebenslange Haft


Aktualisiert am 07.01.2022Lesedauer: 3 Min.
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Der verdächtige Lehrer (links) und das Opfer (rechts): Der Täter soll den Mann zerstückelt und teilweise gegessen haben. Nun wird das Urteil erwartet.Vergrößern des Bildes
Der verdächtige Lehrer (links) und das Opfer (rechts): Der Täter soll den Mann zerstückelt und teilweise gegessen haben. Nun wird das Urteil erwartet. (Quelle: Screenshot t-online/Polizei Berlin/dpa/dpa)

Er machte sich auf zu einem Sextreffen, dann verschwand ein 43-Jähriger in Berlin spurlos. Wochen später fand die Polizei Teile seiner Leiche. Der Mann soll ermordet und zerstückelt worden sein. Und teilweise aufgegessen. Nun soll das Urteil in dem aufsehenerregenden Fall gesprochen werden.

Es ist der 5. September 2020 kurz vor Mitternacht. Vor wenigen Stunden hat ein 43-jähriger Monteur auf einer Dating-Plattform einen Mann kennengelernt und sich mit ihm zum Sex für diese Nacht verabredet. Er verlässt seine Wohngemeinschaft in der Harnackstraße in Lichtenberg, um zur Wohnung seines Dates nach Berlin-Pankow zu fahren. Doch er wird nie wieder zurückkehren.

Seine Mutter erstattet Vermisstenanzeige, als ihr Sohn nicht mehr erreichbar ist. Wochenlang bangen und hoffen seine Eltern, Geschwister, Freunde. Bis Spaziergänger Anfang November in einem Waldstück in Berlin-Buch Leichenteile finden – der Vermisstenfall wird zur Mordermittlung.

Während die Polizei die Jagd auf den Mörder beginnt, werden an weiteren Orten in Berlin Leichenteile des 43-Jährigen gefunden. Fast der gesamte Körper des Toten taucht auf. Laut Staatsanwalt Martin Glage habe man feststellen können, dass die Leiche zersägt wurde. Einige Körperteile fehlen jedoch bis heute.

Staatsanwalt: "Das Opfer wollte da lebend wieder raus"

Um auf die Spur des Täters zu kommen, setzt die Polizei Personen- und Leichenspürhunde ein. Chatprotokolle werden ausgewertet, ein Taxifahrer befragt, der das Opfer kurz vor seinem Tod chauffiert hat. Schnell wird ein Verdächtiger ermittelt: ein 42-jähriger Lehrer für Mathematik und Chemie aus Berlin. Mit ihm hatte sich das Opfer kurz vor seinem Tod zum Sex in dessen Wohnung im Bezirk Pankow verabredet. Laut Ermittlern hat er diese nicht mehr lebend verlassen.

Bei der Durchsuchung der Wohnung des Verdächtigen werden laut Staatsanwaltschaft "Geräte zum Zerteilen von Leichen sowie Kühlanlagen gefunden". Es sei "viel Blut des Opfers" vorgefunden worden. Hinweise auf eine einvernehmliche Tötung gebe es nicht: Das Opfer "wollte da lebend wieder raus", so Glage.

Wie genau der Angeklagte sein Opfer getötet haben soll, ist bislang unklar. Der Chef der Rechtsmedizin der Berliner Charité, Michael Tsokos, gab laut der Zeitung "B.Z." im Prozess als wahrscheinliche Todesursache einen "massiven Blutverlust" an. Das Opfer müsse ausgeblutet sein – durch ein großes Gefäß, wie Hals- oder Beckenschlagader.

Internet-Recherche "wie man Menschen schlachtet und verspeist“

Die Ermittlungen ergeben, dass der Angeklagte bereits Monate vor dem Tod des 43-Jährigen in verschiedenen Kannibalismus-Foren "konkret und detailreich" recherchiert habe, so Staatsanwalt Glage. Er habe sich dafür interessiert, "wie man Menschen schlachtet und dann verspeist". Er habe sich auch informiert, wie man ein solches Geschehen am besten vertuschen kann.

Seit rund fünf Monaten steht der Lehrer nun wegen Mordes vor dem Berliner Landgericht. Laut Anklage soll er den Monteur umgebracht haben, um "durch die Tötung sexuelle Befriedigung zu erlangen und Teile der Leiche zu verspeisen".

Im Prozess gab sich der Angeklagte, der seit dem 18. November in Untersuchungshaft sitzt, bisher gelassen. Als er den Eltern des Opfers zum ersten Mal gegenüberstand, hielt er die Hände locker vor dem Bauch gefaltet. Lange Zeit schwieg er zu den Vorwürfen, bis er überraschend doch aussagte – und die Vorwürfe bestritt.

Er habe den Mann nicht getötet, dieser habe lediglich nach dem gemeinsamen Sextreffen in seinem Wohnzimmer übernachtet, während er in seinem Bett geschlafen haben will. Am Morgen habe er den Monteur dann tot auf der Couch gefunden.

"Die Leiche muss weg"

Der Angeklagte gab an, bis heute nicht als homosexuell geoutet zu sein und aus einer streng katholischen Familie zu stammen. Damit seine Sexualität nicht aufgedeckt wird, habe er keinen Krankenwagen oder die Polizei gerufen. In Panik sei der 42-Jährige zu dem Schluss gekommen, "dass die Leiche wegmuss". Seine Chats mit Kannibalismus-Vorstellungen seien "reine Fantasie" gewesen. Den Tod seiner Verabredung habe er weder gewollt noch in Kauf genommen.

Sein Sexpartner sei bereits alkoholisiert zu ihm gekommen und habe dann eine Substanz aus einem mitgebrachten Fläschchen konsumiert. Stunden später habe er ihn leblos aufgefunden und versucht ihn zu reanimieren. Untersuchungen zufolge soll das Opfer kurz vor seinem Tod die Droge Liquid Ecstasy (GHB) sowie andere Substanzen konsumiert haben. Ob freiwillig oder unfreiwillig – bleibt unklar.

Ebenfalls unklar ist noch, wie der Prozess ausgeht: In dem spektakulären Fall wird für den 23. Prozesstag an diesem Freitag ein Urteil von Richter Matthias Schertz erwartet. Die noch ausstehenden Plädoyers von Anklage und Verteidigung sollen vorher gehalten werden.

Bei einer Verurteilung wegen Mordes droht dem Angeklagten eine lebenslange Freiheitsstrafe. Ein Gutachter hatte bei dem Lehrer aus Berlin-Pankow im Verfahren anhand von Akten und Zeugenaussagen eine "krankhafte seelische Störung" ausgeschlossen und ihn für voll schuldfähig erklärt.

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