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Bremen/Berlin: Warum die Spenden für die Ukraine zurückgehen


Warum die Spenden für die Ukraine zurückgehen


29.03.2022Lesedauer: 3 Min.
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Menschen aus der Ukraine kurz vor der polnischen Grenze: Seit Wochen bringen Busse und Lastwagen Güter in das kriegsgebeutelte Land – und Geflüchtete nach draußen.Vergrößern des Bildes
Menschen aus der Ukraine kurz vor der polnischen Grenze: Seit Wochen bringen Busse und Lastwagen Güter in das kriegsgebeutelte Land – und Geflüchtete nach draußen. (Quelle: Lena Reiner/leer)

Im zweiten Monat des russischen Angriffskriegs in der Ukraine lässt die anfangs überwältigende Spendenbereitschaft in Deutschland nach. Zusätzlich macht Lebensmittelknappheit den freiwilligen Helfern zu schaffen.

Hilfsgüter, Transfers, Geldspenden, Unterkünfte: Als Russlands Machthaber Wladimir Putin seiner Armee den Befehl gab, die Ukraine anzugreifen, und Menschen zu Hunderttausenden flüchteten, reagierte die deutsche Gesellschaft mit großer Solidarität. Doch die Spendenbereitschaft nimmt immer mehr ab. Sehr deutlich hat diese Entwicklung der Bremer Verein "Herz für die Ukraine" gespürt.

Seit 2014 unterstützen die Ehrenamtlichen vom Krieg in der Ukraine betroffene Menschen. Bereits vor der groß angelegten Invasion schwelte im Osten des Landes der von Russland angeheizte Konflikt, bei dem bis Februar mehr als 14.000 Menschen ums Leben kamen. Dennoch seien die Aktivitäten des Bremer Vereins über die Jahre sehr begrenzt gewesen, sagt die Vorsitzende Solomiya Przybyla: "Wir hatten keine Mittel für große Aktionen." Vor allem durch die Mitgliedsbeiträge und Unterstützung weniger Spender seien sie finanziert worden.

Hilfe aus Bremen: 20 Tonnen Spenden für die Ostukraine

Das habe sich mit dem offiziellen Angriffsbefehl zunächst schlagartig geändert. "Das war wie eine Tsunami-Welle, wir haben nicht mit der Flut an Spenden gerechnet", schildert die Bremerin. Partner, um dringend benötigte Lebensmittel und Medikamente in die Ukraine zu senden, hätten sich gefunden. Beim letzten Transport seien 20 Tonnen ins ostukrainische Bachmut gegangen.

Doch laut Przybyla nimmt die enorme Hilfsbereitschaft der vergangenen Wochen bereits allmählich ab. Es sei aber noch nicht dramatisch, betont sie und merkt an: "Die Leute können nicht jede Woche 1.000 Euro spenden." Sie vermute auch einen gewissen Gewöhnungseffekt. "Die Situation wird langsam Routine", schildert die Wahlbremerin. Wie beim Krieg in Syrien werde irgendwann wieder zur Tagesordnung übergegangen und die Spendenbereitschaft sinke.

Wie sich das weiterentwickelt, bleibe abzuwarten – der Verein sei auf jeden Fall vorbereitet, weiterzumachen. "Vielleicht bekommen wir regelmäßige Unterstützer", hofft Przybyla auf einen nachhaltigen Effekt für die eigene Arbeit. Auch geflüchtete Ukrainer könnten sich langfristig im Verein engagieren.

Unternehmer unterstützen weiterhin

Auch Christian Fuchs berichtet von zunehmenden Schwierigkeiten bei der Versorgung der Ukrainer mit Hilfsgütern. Vor Kriegsbeginn lebte er noch in Kiew, war nur zufällig bei Verwandten in Berlin, als die ersten russischen Raketen in der ukrainischen Hauptstadt einschlugen. Zunächst evakuierte er mit dem eigenen Auto Freunde und deren Angehörige aus Lwiw im Westen des Landes, nun konzentriert er sich wie der Bremer Verein auf Lebensmittel-Hilfstransporte.

In dieser Woche soll der nächste Lastwagen in Richtung Charkiw aufbrechen. "Die Versorgungsstützpunkte hoffen darauf, dass regelmäßig etwas ankommt", sagt Fuchs. Deswegen versuche er, einen Zwei-Wochen-Rhythmus zu etablieren. Doch hätten die Spenden von Privatpersonen zuletzt spürbar nachgelassen, klagt auch er.

Leere Supermarktregale haben auch Auswirkung auf Hilfsgüter

Optimistisch stimmt Fuchs, dass er zuletzt vor allem mittelständische Unternehmen als Unterstützer gewonnen habe. "Wichtig ist, dass man einen persönlichen Kontakt hat oder die Arbeit vorstellen kann", sagt er. Doch dafür brauche es Spendenquittungen, weshalb er seine Hilfe jetzt unter dem Dach eines Vereins organisiere; dafür könne er mit Geld wesentlich effizienter helfen als mit Sachgütern.

Eine weitere Herausforderung sei die Lebensmittelknappheit: Während in Supermärkten derzeit vor allem Öl und Mehl oftmals ausverkauft sind, sind es am Großmarkt auch Pasta, Milch, Konserven oder Tomatenerzeugnisse: "Die bekommt man nur schwer in großen Mengen", so Fuchs.

Er selbst könne lediglich noch ein paar Wochen von seinen Rücklagen leben und sich ganz auf die Hilfstransporte konzentrieren, sagt Fuchs: "Dann muss ich aber zumindest in Teilzeit arbeiten." Mit dem Krieg in der Ukraine sei auch ihm das berufliche Standbein weggebrochen.

Reisebus für Evakuierungsfahrten

Ein Mammut-Projekt hat Andreas Pörschke im Zuge der Ukrainehilfe gestemmt. Der Anlagenbauer aus Diepholz bei Bremen fährt als Sponsor der lokalen Handball-Frauenmannschaft einen Reisebus, mit dem er nun mehrfach Menschen direkt aus Lwiw abgeholt hat. Um mehr Kapazitäten zu haben, schaffte er kurzerhand noch einen zweiten Bus an.

In sechs Stunden seien anfangs durch einen Spendenaufruf 30.000 Euro zusammengekommen, erzählt er sichtlich beeindruckt. Doch klar sei auch, dass diese Zeiten heute vorbei seien – er trage auch selbst viele der Kosten.

Er profitiere von Kontakten in Unternehmerkreisen, so gebe auch eine lokale Tankstelle mal eine Füllung aus und die Stadt stehe voll hinter ihm. Durch das mittlerweile aufgebaute Netzwerk habe er außerdem auf der Strecke bis Lwiw immer wieder Unterstützung erfahren. Dabei herrsche in seinem eigenen Betrieb aktuell Flaute. "Ich hatte drei große Aufträge aus Russland", erzählt er – doch die hätten sich mit dem Krieg erledigt.

Trotzdem habe er sich erst einmal voll auf die Ukrainehilfe konzentriert. "Ich kann noch ein bisschen weitermachen", sagt er, auch die eigenen Investitionen seien da nicht das Problem. Er schränkt allerdings ein: "Ich brauche Arbeit für meine Leute."

Verwendete Quellen
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