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Amok bei Zeugen Jehovas | Verwandter: "Er ist religiösem Wahn verfallen"


Verwandter über Amokschützen
"Er ist komplett einem religiösen Wahn verfallen"

Von t-online, pas

Aktualisiert am 12.03.2023Lesedauer: 3 Min.
Der mutmaßliche Schütze Philipp F.Vergrößern des BildesDer Schütze Philipp F.: Bei einem Gottesdienst der Zeugen Jehovas in Hamburg tötete er sieben Menschen – und sich selbst. (Quelle: Privat)
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Die schockierende Bluttat, bei der in Hamburg acht Menschen starben, löst deutschlandweit Bestürzung aus. Ein Verwandter spricht über Philipp F.

Drei Tage nach den tödlichen Schüssen bei den Zeugen Jehovas in Hamburg hat ein naher Verwandter des Täters mit der "Augsburger Allgemeinen" über Philipp F. gesprochen. Als er in den Nachrichten vom Amoklauf, bei dem acht Menschen getötet und acht weitere verletzt wurden, erfuhr, habe ihn ein ungutes Gefühl ergriffen: "Ich hatte sofort die Befürchtung, dass er es ist", sagt er der Zeitung.

Video | Augenzeugenvideo zeigt Amoklauf
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Quelle: t-online

Der Verwandte, den die Zeitung nur mit Pseudonym zitiert, habe im regen Austausch mit F. gestanden: "Er ist komplett einem religiösen Wahn verfallen, hatte Visionen, fühlte sich verfolgt", sagt er über die Zeit von F. nach dessen Austritt bei den Zeugen Jehovas. Daher hätten er und andere Familienmitglieder Philipp F. immer wieder nahegelegt, sich Hilfe zu suchen: "Aber er wollte keine."

Hoher Druck durch Zeugen Jehovas?

F. sei zudem in einer Familie aufgewachsen, die der Gemeinde der Zeugen Jehovas in Kempten angehöre. Einen letzten direkten Kontakt habe es im vergangenen Sommer gegeben. Dabei habe sich F. "hochaggressiv" verhalten. "Das hatte nichts mehr mit dem Menschen zu tun, den ich kannte", berichtet der Verwandte weiter. Im Januar habe er nochmals versucht, F. zu kontaktieren – doch der Versuch sei ergebnislos geblieben.

Der Verwandte gibt an, ebenfalls Sektenaussteiger zu sein. Laut seinen Aussagen herrsche in vielen Gemeinden der Zeugen Jehovas ein Klima des psychischen Drucks. Auch Aussteiger Micha Barth berichtet über die Schwierigkeiten, die Aussteiger erfahren. Ob F. allerdings psychische oder körperliche Gewalt erfahren habe, wisse er nicht. Zu seinem Bruder, der ebenfalls aus der Sekte ausgestiegen war, soll F. einen liebevollen Umgang gepflegt haben. F. habe in der Familie zudem als sehr sensibles Kind gegolten.

"Nach Austritt in den kompletten Wahn verfallen"

F. ist im Allgäu aufgewachsen und hat dort auch eine Ausbildung zum Bankkaufmann gemacht. Anschließend soll er laut "Augsburger Allgemeine" Betriebswirtschaftslehre studiert haben. Im Alter von 20 Jahren sei F. aus beruflichen Gründen nach Hamburg gezogen und dort erneut mit Zeugen Jehovas in Kontakt gekommen. „Er hat dann aber schnell durchschaut, wie das System der Zeugen Jehovas funktioniert, dass er belogen worden war“, sagt der Verwandte der Zeitung. Einmal soll F. gesagt haben: "Wenn ich gewusst hätte, was hinter den Kulissen passiert, dann wäre ich nie beigetreten." Nach eineinhalb Jahren trat F. wieder bei den Zeugen Jehovas aus – dann sei er "in kompletten Wahn verfallen", sagt der Verwandte.

Erst Ende des vergangenen Jahres veröffentlichte F. ein Buch mit dem Titel "Die Wahrheit über Gott, Jesus Christus und Satan". Darin argumentierte er auch gegen die Lehre der Zeugen Jehovas – allerdings ohne dabei konkret zu werden. Die Gedankenwelt von F. stellt sich darin bereits als äußerst verwirrt dar: Darin lobte F. Hitler und Putin. Hitler hielt er sogar für ein Werkzeug Christi für dessen 1.000-jähriges Reich.

Psychische Erkrankung blieb undiagnostiziert

F. war Sportschütze, galt allerdings bei den Behörden nicht als Extremist. Bereits im Januar erhielt die Waffenbehörde einen anonymen Hinweis auf eine mögliche psychische Erkrankung von Philipp F. Ärztlich sei diese jedoch nicht diagnostiziert gewesen, weil F. sich nicht in ärztliche Behandlung begeben habe. In dem Schreiben berichtete der Hinweisgeber jedoch über eine besondere Wut von Philipp F. auf religiöse Anhänger. Besonders stark soll dieser auf die Zeugen Jehovas gerichtet gewesen sein.

Auch die Ermittler schließen einen Streit mit den Mitgliedern der Sekte nicht aus. Polizeipräsident Meyer sagte am Freitag, dass es Hinweise "möglicherweise aus dem Bereich der Zeugen Jehovas" gebe. Das sei allerdings noch Bestandteil der Ermittlungen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
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