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Schwarzbuch 2023 | Steuerverschwendung in Niedersachsen: Wolfskrankenwagen


"Nicht nur skurril, auch überflüssig"
Steuerverschwendung: Ein Wolfskrankenwagen ohne Patienten

Von t-online, cch

17.10.2023Lesedauer: 4 Min.
Der Wolf (Archivbild): Bundesumweltministerin Steffi Lemke will schnellere Abschüsse ermöglichen.Vergrößern des BildesEin Wolf (Symbolbild): In der Region Hannover gab es einige Jahre lang einen Rettungswagen speziell für verletzte Wölfe. (Quelle: Martin Wagner/imago images)
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Der Bund der Steuerzahler hat Beispiele für mutmaßlich verschwendete Steuergelder vorgestellt. Ein Fall aus Niedersachsen dreht sich mal wieder um den Wolf.

Ein Wolfskrankenwagen, eine vergessene Vertragskündigung, eine überflüssige Brücke: Mutmaßlich verschleuderte Steuergelder gibt es auch in Niedersachsen, wie der Bund der Steuerzahler am Dienstag mitteilte. Die Verschwendung in den beiden Bundesländern Niedersachsen und Bremen bezifferte der Verein auf zusammen 110 Millionen Euro. Davon könnten aber noch 45 Millionen Euro gerettet werden, wie Jan Vermöhlen vom Bund der Steuerzahler (BdSt) bei der Vorstellung des diesjährigen Schwarzbuches sagte. Diese drohten bisher nur, verschwendet zu werden.

Die Beispiele für die mutmaßliche Steuerverschwendung sollen präventiv wirken, sagte BdSt-Vorsitzender Bernhard Zentgraf. Deshalb werden sie jedes Jahr im Schwarzbuch zusammengefasst. "Der wichtigste Zweck des Schwarzbuches ist, die Fälle in die öffentliche Diskussion zu holen."

Acht der im Schwarzbuch vorgestellten Fälle stammen aus Niedersachsen. Unter anderem die Folgenden:

Ein Krankenwagen für Wölfe

"Nicht nur skurril, sondern auch überflüssig": So bezeichnete der Bund der Steuerzahler bereits im Schwarzbuch 2018/19 den "Wolfskrankenwagen", den die Region Hannover 2017 angeschafft hat. Kostenpunkt: 11.000 Euro. Mit dem Wagen sollten Wölfe weitertransportiert werden, die bei einem Verkehrsunfall verletzt wurden. Die Region begründete diesen mit der "unklaren Rechtslage" im Umgang mit dem Wolf: Ein Gnadenschuss kam aufgrund seines hohen Schutzstatus nicht infrage.

Schon damals wunderte sich der Steuerzahlerbund, warum der deutschlandweit einzige Krankenwagen für Wölfe in der Region Hannover eingesetzt wird – und nicht in Regionen, in denen mehr Wölfe vorkommen beziehungsweise mehr Unfälle mit Wölfen passieren. Heute steht fest: Der Wagen konnte keinem einzigen Wolf zur Hilfe eilen. Alle zwölf verunfallten Wölfe starben noch an der Unfallstelle.

Im Mai 2022 wurde der Rettungswagen laut Region einer anderen Abteilung übergeben und dient seither dazu, Wildschweinkadaver zu entsorgen und sichergestellte Hunde zu transportieren.

Kündigung vergessen: Ausgaben statt Erlöse bei aha

Kommunale Abfallwirtschaftsbetriebe können seit der Energiekrise aus der Verwertung von Altholz wieder Einnahmen erzielen, statt dafür zahlen zu müssen. Nicht aber der kommunale Zweckverband Abfallwirtschaft Region Hannover (aha): Er hatte es versäumt, Verträge für die Verwertung von Altholz rechtzeitig zu kündigen, sodass diese zu ungünstigen Konditionen weiterliefen. Aha sprach im Zusammenhang mit dem Versäumnis von einem "Berufsversehen".

Durch dieses gingen dem Zweckverband Erlöse von rund 700.000 Euro durch die Lappen, so der Bund der Steuerzahler. Der Geschäftsführer von aha nannte die Summe einen "Opportunitätsgewinn". Das findet der Bund der Steuerzahler verschleiernd. "Auch der Wille zur Aufklärung fehlte", bemängelte Zentgraf. Und es kommt noch dicker: Statt einen Erlös einzustreichen, musste der Zweckverband weiter für die Verwertung seines Altholzes zahlen. Das Ganze geht zulasten der Gebührenzahler.

Fünf Vizepräsidenten im Niedersächsischen Landtag

Im Herbst 2022 entschied der Niedersächsische Landtag mehrheitlich, von vier auf fünf Vizepräsidenten aufzustocken – "und das bei lediglich vier Landtagsfraktionen", wie der Bund der Steuerzahler bemängelt. Die Kosten für eine Legislaturperiode pro Vize: 180.000 Euro. Den Vorschlag, die Aufstockung durch eine Absenkung der Vize-Vergütung zumindest kostenneutral zu bewerkstelligen, lehnte die Politik ab, wie der Steuerzahlerbund mitteilte.

Den weiteren Posten begründete die Landespolitik damit, dass die Vizepräsidenten zusätzlich zu ihrer parlamentarischen Arbeit "intensiver werbend für die Demokratie in Erscheinung treten" sollen. Dieses Argument nennt BdSt-Vorsitzender Zentgraf "nicht schlüssig". Schließlich sei das Werben und Eintreten für die Demokratie ohnehin Aufgabe eines jeden der 146 hauptberuflichen Landtagsabgeordneten. Zudem zeigen andere Länder, dass es auch mit weniger Vizepräsidenten geht. Der Bund der Steuerzahler urteilt: ein "Kostengeschacher zulasten der Steuerzahler".

Kurze Amtszeit, üppig Versorgung

Nur 16 Monate war ein Erster Gemeinderat in der Gemeinde Flecken Bovenden im Amt. Dabei sollte seine Amtszeit eigentlich acht Jahre dauern. Der Anfang 40-Jährige übte seinen Dienst neun Monate aus, danach war er mehrere Monate wegen Dienstunfähigkeit abwesend. Es folgte die sofortige Abberufung wegen einer "Störung des Vertrauensverhältnisses".

Für die Versorgung des geschassten Wahlbeamten bis Ende 2029 muss die Ortschaft nun mit Aufwendungen von rund 470.000 Euro rechnen. "Der Flecken Bovenden hätte sich vor der Wahl intensiver über die Eignung des Spitzenbeamten informieren sollen", urteilt der Bund der Steuerzahler.

Noch eine Brücke für 1,7 Millionen Euro

Die Arbeiten am mittleren Bauabschnitt der B3 bei Celle laufen. Die Straße soll die Stadt als "Ostumgehung" vom Durchgangsverkehr entlasten. Da durch sie allerdings die bestehenden Radwege zwischen Celler Kernstadt und den Außenbereichen durchtrennt werden, müssen Fahrradbrücken her. Geplant waren eine an der Lüneburger Heerstraße (B191) und rund 600 Meter weiter südlich eine weitere auf Höhe des Fasanenwegs.

Die Landesbehörde hatte 2008 die zweite Brücke eigentlich auf Höhe des Altenhäger Kirchwegs vorgesehen, aber die Stadt Celle bestand auf die Brücke am Fasanenweg. 2020 ruderte die Stadt plötzlich in eine andere Richtung: Mit ihrem "Fahrradaktionsplan" erklärte sie den Altenhäger Kirchweg zum Teil einer Fahrradhauptroute – und will nun doch dort eine Brücke. Die Planungen für die Umgehungsstraße inklusive der Brücken waren zu diesem Zeitpunkt aber nicht mehr veränderbar. Deshalb soll nun eine zusätzliche Brücke am Altenhäger Kirchweg entstehen – für 1,7 Millionen Euro Steuergelder.

Drei Brücken sollen also eine 600 Meter lange Strecke der neuen Umgehungsstraße überspannen. Die Meinung des Bundes der Steuerzahler: "Das ist reichlich übertrieben!".

Im Schwarzbuch 2023/24 werden bundesweit 100 Beispiele für Steuerverschwendung angeführt. Es ist bereits die 51. Ausgabe. Das Geld des Steuerzahlers sei zu schade, um es zu verschwenden – so kritisiert der Verband die öffentlichen Ausgaben auf Kommunal-, Landes- und Bundesebene, die aus seiner Sicht verschwenderisch sind.

Verwendete Quellen
  • Pressekonferenz des Bund der Steuerzahler Niedersachsen und Bremen e.V.
  • Pressemitteilung: Die öffentliche Verschwendung 2023/24
  • schwarzbuch.de
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