Eine Ära endet Stephan Weil: Der "Bürger mit besonderer Aufgabe" tritt ab

Nun gibt Stephan Weil sein Amt als Ministerpräsident von Niedersachsen auf – und will als "ziemlich normal" in Erinnerung bleiben.
Stephan Weil, Ministerpräsident von Niedersachsen, wird am Montag aus dem Amt verabschiedet. Seit über einem Jahrzehnt leitet er die Landesregierung und hat in dieser Zeit einen bodenständigen Politikstil gepflegt. "Ich habe mich nicht als etwas Besonderes gefühlt, sondern als ein Bürger mit einer besonderen Aufgabe", sagt Weil über sich selbst. "Zumindest in Norddeutschland sind auch Politiker gut beraten, deutlich zu machen, dass ihnen die Sache wichtiger ist als die eigene Person."
Weil prägte zwölf Jahre lang die niedersächsische Politik, oft im Kontrast zu anderen Ministerpräsidenten wie Markus Söder in Bayern. Nun übergibt er das Amt an Olaf Lies, den bisherigen Wirtschaftsminister des Landes. Lies wurde lange als sein Nachfolger gehandelt und übernimmt nun die Leitung der rot-grünen Koalition. Eine Überraschung ist das nicht. Lies wurde schon seit Jahren als heimlicher Thronfolger gehandelt. Als "Prinz Charles von der Leine" titulierte die "taz" den 58-Jährigen gar.
Lies' Ambitionen sind schließlich schon seit 2012 bekannt. Damals konkurrierte er als SPD-Landesvorsitzender mit Stephan Weil, damaliger Oberbürgermeister von Hannover, um die Spitzenkandidatur zur Wahl 2013. Und verlor knapp. Das Verhältnis der einstigen Konkurrenten gilt dennoch als gut. Seit zwölf Jahren ist Lies ununterbrochen als Minister unter Weil dabei.
Weil gibt Amt wegen seines Alters auf
Seinen Rückzug begründete der 66 Jahre alte Weil in erster Linie mit seinem Alter. Auch Schlafprobleme plagten ihn, bekannte er Anfang April, die Energie lasse nach. "Mit der Entscheidung bin ich komplett im Reinen", sagt Weil.
Doch die Gerüchte um einen Staffelwechsel gab es schon so lange, dass die CDU ein taktisches Manöver für die Landtagswahl 2027 vermutet. "Im Kern hatten Sie nie Lust, diese Legislaturperiode anzutreten, und Sie haben auch jetzt keine Lust, sie wirklich zu Ende zu führen", warf CDU-Chef Sebastian Lechner Weil schon vor der offiziellen Bekanntgabe des Rücktritts vor.
Weil dementiert das. Er räumt aber ein: Nachdem er schon frühzeitig gesagt hatte, dass er 2027 nicht wieder antreten würde, brauche das Land jemanden, der langfristig bereit ist, Verantwortung zu übernehmen. "Deswegen haben sich meine persönlichen Überlegungen mit den politischen Erwägungen sehr gut gedeckt."
Lies ist bereit – "mehr braucht es nicht"
Eine Abmachung mit Lies für einen vorzeitigen Wechsel habe es nicht gegeben. "Was es gab, war einerseits sein Wissen, dass ich sehr viel von ihm halte, und mein Wissen, dass er bereit ist. Und mehr brauchte es nicht."
Die Grünen tragen den Wechsel zu Lies weitgehend geschlossen mit. Die AfD kritisiert hingegen, für eine Wende reiche es nicht, "den Kopf an der Spitze auszutauschen, solange das Parteibuch das gleiche bleibt".
Berlin "hätte nicht so richtig gepasst"
Zwölf Jahre als Ministerpräsident – hat es Sie da nicht gereizt, irgendwann nach Berlin zu wechseln, Herr Weil? "Nicht wirklich", antwortet der SPD-Politiker lapidar. 2019, als die SPD einen neuen Vorsitzenden suchte, sei er zwar "bedrängt" worden. Auch zu anderen Zeiten habe es die Chance auf einen Wechsel gegeben.
"Wenn ich danach signalisiert hätte, ich wolle in die Bundespolitik gehen, dann hätte ich wohl die Möglichkeit dazu gehabt." Aber: "Ich glaube nicht, dass mein Politikstil in Berlin unbedingt erfolgreich gewesen wäre. Irgendwie hätte ich nicht so richtig in die Spielregeln der Bundespolitik gepasst." In Berlin gebe es eine ausgeprägte Binnenorientierung. "Aber Deutschland ist viel größer als Berlin-Mitte", so Weil.
Das plant Stephan Weil jetzt
Einen Masterplan für die Zeit, die jetzt kommt, habe er nicht. Weniger Druck zu haben – darauf freue er sich. Für kommende Woche plant Weil vor der kroatischen Küste zum ersten Mal bei einer Segeltour mitzumachen.
Eines hat er sich darüber hinaus vorgenommen: Als Ex-Regierungschef wolle er sich nicht ständig einmischen. "Die Rolle des zornigen alten weißen Mannes steht mir nicht. Das möchte ich definitiv nicht werden."
- Nachrichtenagentur dpa
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