Vandalismus an NS-Gedenkstätte Mutmaßlicher Täter war AfD-Mitglied – Partei habe nichts gewusst

An der Gedenkstätte Ahlem in Hannover wurden im Januar Kränze für Holocaust-Opfer beschädigt. Der Verdächtige war zur Tatzeit AfD-Mitglied. Ein Grünen-Politiker fordert erneut ein Verbotsverfahren.
Nach einem mutmaßlich politisch motivierten Vandalismus an der Gedenkstätte Ahlem in Hannover steht nun fest, dass der 25 Jahre alte Rechtsextremist zum Zeitpunkt der Tat Mitglied der AfD war. Diese bestätigte die Polizei t-online am Freitag. Der Mann soll Ende Januar mehrere Blumenkränze zerstört und gestohlen haben, die während einer Gedenkstunde für Holocaust-Opfer niedergelegt worden waren.
Wie ein Polizeisprecher mitteilt, entdeckten Einsatzkräfte bei einer Durchsuchung ein Schreiben des AfD-Landesverbands Niedersachsen. Es sei auf den 20. Januar 2025 datiert und bestätige eine bereits seit einigen Wochen bestehende Vollmitgliedschaft des Mannes. Zuvor hatte die Hannoversche Allgemeine Zeitung über die Parteizugehörigkeit berichtet.
AfD habe Mitgliedschaft nach Bekanntmachung sofort annulliert
Die AfD teilte der Deutschen Presse-Agentur mit, dass es sich um eine ungültige Mitgliedschaft gehandelt habe. Der Mann habe bei seinem Aufnahmeantrag verschwiegen, dass er zuvor Mitglied bei der rechtsextremen Partei Die Heimat (vormals NPD) und deren Jugendorganisation Junge Nationalisten war. Diese Gruppierungen stünden auf der Unvereinbarkeitsliste der Partei, auch ehemalige Mitglieder würden grundsätzlich nicht aufgenommen.
"Sobald die Identität der beschuldigten Person klar war, wurde die Mitgliedschaft annulliert", so ein Parteisprecher. Eine Anfrage von t-online hierzu blieb von der AfD-Fraktion Hannover unbeantwortet.
Grünen-Politiker Lühmann fordert AfD-Verbotsverfahren
Bei einer Hausdurchsuchung fanden Ermittler nicht nur Beweismaterial zur Tat in Ahlem, sondern auch eine Maschinenpistole und Munition. Zudem wird ihm ein Verstoß gegen das Betäubungsmittelgesetz vorgeworfen.
Der Grünen-Politiker und niedersächsischer Landtagsabgeordneter Micheal Lühmann ist über die AfD-Parteimitgliedschaft des mutmaßlichen Täters nicht überrascht, wie er t-online auf Anfrage erklärt: "Wir kennen dieses Täterprofil: gewalttätig, bewaffneter Nazi mit AfD-Nähe". So sei es beispielsweise auch beim Attentäter von Walter Lübcke gewesen.
"Ich kann an der Stelle nur meine Forderung wiederholen, dass wir umgehend die AFD entwaffnen müssen", so Lühmann weiter. Zudem sei nun einmal mehr klar geworden, dass ein AfD-Verbotsverfahren unumgänglich sei.
Mutmaßlicher Täter wurde in Budapest festgenommen
"Von der AfD selbst erwarte ich gar nichts, die haben die Mitgliedschaft bis zuletzt geleugnet, mit Rechtsmitteln gedroht, ihr hochgefährliches Mitglied geschützt", beschreibt Lühmann. Um dem rapiden Anstieg rechter Straftaten entgegenzuwirken, müsse öffentlich unter anderem klarer über Radikalisierung im Land gesprochen und Propaganda in den sozialen Medien bekämpft werden.
Im Mai wurde der 25-Jährige in Ungarn festgenommen und nach Deutschland überstellt. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befindet er sich weiterhin in Untersuchungshaft.
Die AfD verurteilte die Tat scharf: "Die Gedenkstätte erinnert an die entsetzlichen Verbrechen der Hitlerzeit. Sie zu schänden, ist abscheulich", hieß es in der Stellungnahme. Man werde sich mit dem Team der Gedenkstätte in Verbindung setzen, um Solidarität zu bekunden. Für Personen, die an einem solchen Ort Straftaten begehen, sei in der Partei kein Platz. Nach Angaben der Staatsanwaltschaft befindet sich der 25-Jährige weiterhin in Untersuchungshaft.
- Eigene Recherche
- E-Mail der Polizei Hannover am 30. Mai
- E-Mail von Micheal Lühmann am 30. Mai
- Frühere t-online Berichterstattung
- Mit Material der Nachrichtenagentur dpa
- haz.de: "Gedenkstätte Ahlem geschändet: AfD räumt Mitgliedschaft des Beschuldigten ein" (kostenpflichtig)