Anbau in Norddeutschland Das ist Niedersachsens geheimer Weingarten

Abseits der großen Weinregionen hat sich auch in Niedersachsen eine kleine, aber feine Weinbauer-Gemeinschaft gefunden. Hier können Interessierte auch direkt mitmachen.
Rheinhessen, Pfalz, Baden: Deutschlands Süden ist Weinland. Dort sind riesige Gebiete für den Weinanbau bekannt. Doch auch in Niedersachsen wird inzwischen Wein angebaut. Sicherlich hat die Region Höhbeck und im Wendland nicht den wirtschaftlichen Einfluss. Doch die Bemühungen zeigen, wie traditionelle Landwirtschaft und moderne, ökologische Bewirtschaftung zusammenwirken können.
Noch bis vor wenigen Jahren galt Niedersachsen nicht als Weinbauregion – doch inzwischen hat sich in dieser Ecke Norddeutschlands eine eigenständige Weinkultur entwickelt. Seit 2016 ist der kommerzielle Weinanbau im Bundesland offiziell erlaubt. Bis 2024 ist die Fläche, auf der professionell Wein angebaut wird, von 7,6 Hektar auf 47,3 Hektar angewachsen. Seither entstehen vielerorts kleine Weingärten – auch am Höhbeck, einer landschaftlich reizvollen Erhebung an der Elbe mit Blick auf das malerische Hitzacker.
Neue Rebsorten in Niedersachsen
Ein besonderes Beispiel ist der Weinhof Belitz in Vietze, einem Ortsteil von Höhbeck. Die Familie Belitz baut dort auf rund 4.000 Quadratmetern pilzwiderstandsfähige Rebsorten wie Solaris, Souvignier Gris und Cabernet Blanc an. Die Sorten gelten als hitzeresistenter als andere Traubensorten und sollen so auch dem Klimawandel standhalten. Der Betrieb arbeitet streng biologisch, verzichtet auf chemische Spritzmittel und alle Trauben werden von Hand gelesen. Die Weine wurden überregional bereits ausgezeichnet.
In der Region rund um Lüchow-Dannenberg entstehen nach und nach weitere Projekte, die das Potenzial des norddeutschen Terroirs ausloten. So engagiert sich etwa die Initiative "WeinKultur Wendland" in der Nähe von Lübeln für einen ökologisch orientierten, gemeinschaftlich getragenen Weinbau, bei dem Nachhaltigkeit und regionale Identität im Mittelpunkt stehen.
In Meuchefitz, unweit eines alternativen Kulturzentrums, betreiben lokale Gruppen einen kleinen, experimentellen Weingarten – ebenfalls ohne chemische Mittel. Und auch auf dem Höhbeck selbst, etwa bei Brünkendorf, haben sich neben dem Weinhof Belitz weitere Weinfreunde zusammengeschlossen, um die historische Weintradition der Region im Kleinen neu zu beleben.
Schon im 16. Jahrhundert wurde in Hitzacker Wein angebaut. Nach einem Hagelsturm im Jahr 1713 kam die Tradition jedoch für lange Zeit zum Erliegen. Erst in jüngerer Zeit griffen engagierte Hobbywinzer die Idee wieder auf – und aus dem anfänglichen Interesse entwickelte sich zunehmend professionelle Arbeit. Heute zählt die Region flächenmäßig zu den kleinsten Weinanbaugebieten Deutschlands. Doch gerade das macht ihren Reiz aus: Hier steht nicht Masse, sondern leidenschaftliches Handwerk im Vordergrund.
Weinhof in der Wedemark bei Hannover etabliert
Nicht nur in und ums Wendland herum wird Wein angebaut. Auch in der Wedemark bei Hannover hat sich ein kleines Anbaugebiet etabliert. Ein besonderes Beispiel ist das Projekt von Helmut Bäßmann und Günter Depke im Ortsteil Meitze. Dort wurde 2020 mit der Pflanzung von rund 4.400 Rebstöcken auf einer Fläche von etwa 1,5 Hektar der Grundstein für den Weinhof Bäßmann & Depke gelegt.
Die beiden Pioniere setzen dabei bewusst auf sogenannte PIWI-Rebsorten wie Solaris und Grauburgunder – robuste, pilzwiderstandsfähige Sorten, die sich besonders für das kühlere norddeutsche Klima eignen.
Die ersten Jahrgänge konnten bereits 2023 erfolgreich geerntet und vermarktet werden. Der Solaris-Wein überzeugt mit frischer, fruchtiger Note, während der Grauburgunder unter dem Namen "Passion" verkauft wird. Die Weine werden sowohl regional als auch über die Grenzen der Wedemark hinaus verkauft.
Klimawandel begünstigt Weinanbau
Der Klimawandel könnte den norddeutschen Winzern in die Hände spielen. Denn die milderen Temperaturen im Jahresmittel als auch die wärmeren Sommer sind für den Weinanbau ideal – und lassen die Gewächse dort gedeihen, wo es vor einigen Jahren noch zu kalt war. So verlängert sich die Vegetationsperiode, was die Reifung und den Zuckergehalt der Trauben fördert.
Allerdings ist der Klimawandel Fluch und Segen zugleich, denn Starkregen im Sommer, aber auch Spätfröste im Frühjahr, schwere Hagelschauer und Dürre in den Sommermonaten setzen auch hier dem Weinanbau zu.
Wer den Weinanbau hautnah miterleben möchte, kann sich als Erntehelfer für die Weinlese melden. Besonders auf dem Weinhof Belitz in Vietze sind helfende Hände während der Lese willkommen – meist im Spätsommer oder Frühherbst.
Interessierte können sich direkt beim Hof melden und Teil des kleinen Teams werden, das die Trauben traditionell von Hand erntet. Auch bei Projekten wie der "WeinKultur Wendland" nahe Lübeln oder in den gemeinschaftlich betriebenen Gärten rund um Meuchefitz gibt es regelmäßig Mitmachangebote.
- weinhof-belitz.de: "Offizielle Website Weinhof Belitz"
- weinkulturwendland.de: "Gemeinschaftsprojekt ökologischer Weinbau – WeinKultur Wendland"
- ndr.de: "Wein vom Höhbeck – Erste Lese in Vietze"
- ejz.de: "Lokale Berichterstattung zu Weinanbauprojekten im Landkreis Lüchow-Dannenberg"
- falstaff.de: "Falstaff Weinguide Deutschland 2023/2024 – Aufnahme erster niedersächsischer Weine"
- lwk-niedersachsen.de: "Offizielle Zulassung des Weinbaus in Niedersachsen seit 2016"
- piwi-international.de: "Fachinformationen zu pilzwiderstandsfähigen Rebsorten"
- wendland-netz.de: "Überblick zu regionalen Landwirtschaftsprojekten"
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