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NRW | Leverkusen: Shitstorm gegen ukrainische Mutter bei Wohnungssuche


Nach Wohnungssuche in Leverkusen
Shitstorm gegen geflüchtete Mutter aus der Ukraine


Aktualisiert am 12.10.2022Lesedauer: 3 Min.
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Ausgebrannte Fahrzeuge nach einem russischen Raketenangriff (Symbolbild): "Ich kenne in Kiew jeden Zentimeter", sagt Nataliya Zinchenko.Vergrößern des Bildes
Ausgebrannte Fahrzeuge nach einem russischen Raketenangriff (Symbolbild): "Ich kenne in Kiew jeden Zentimeter", sagt Nataliya Zinchenko. (Quelle: IMAGO/Li Dongxu/imago-images-bilder)

Eine ukrainische Mutter sucht in einer Facebook-Gruppe nach einer Wohnung – und findet statt Hilfe Hass. Der ausländerfeindliche Tenor: Deutschland den Deutschen.

Krieg in der Ukraine – inzwischen seit über sieben Monaten. Nataliya Zinchenko hat sich früh entschieden, vor dem russischen Terror zu fliehen, der seit Februar ihre Heimat überzieht. Seit März lebt die Kiewerin mit ihrem zweijährigen Sohn – "mein Engel" – in Leverkusen.

Doch die Wohnung, in der sie untergekommen sind, macht Probleme. "Es gab einen Rohrbruch und in der Folge Schimmel." Deshalb sucht die 38-Jährige seit einigen Wochen eine neue Bleibe, unter anderem in einer Leverkusener Facebook-Gruppe.

"Ruhig, anständig, sauber, festes Einkommen"

Ihr Beitrag liest sich unauffällig, wie ein Post unter vielen. "Wir sind ruhig, anständig, sauber, sprechen Deutsch und haben ein festes Einkommen", schreibt Zinchenko. Unter dem Beitrag zwei Herzen: blau und gelb, die Nationalfarben der Ukraine.

Doch die Reaktionen, die der Administrator der Facebook-Gruppe inzwischen gelöscht hat, sind heftig. Zinchenko erhält außerdem eine Flut privater Nachrichten. Der Tenor ist fast immer derselbe: Die Schreiber fänden selbst keine Wohnung, und jetzt auch noch die Ukrainerin. "Sie haben gefragt, was ich hier will, warum ich hier bin und warum ich den Deutschen die Wohnung wegnehme", sagt Zinchenko, die die deutsche Sprache so gut wie fehlerfrei beherrscht. "Ich habe einen Magister in Fremdsprachen."

Weil sie fließend Deutsch spricht: Ein User wittert Betrug

Doch selbst ihre Sprachkenntnisse gereichen einigen zum Vorwurf. Einer, so die 38-Jährige, habe ihr Betrug vorgeworfen: "Ich könne keine echte Ukrainerin sein, denn ich kann ja Deutsch. Man kann es ihnen nicht recht machen." Sie sei kein Einzelfall, sagt Zinchenko: "Ich kenne ein Ärzte-Ehepaar, denen ist genau dasselbe passiert. Ich verstehe es nicht – die Leute arbeiten, sie lernen die Sprache, und es passt einigen immer noch nicht."

Das meiste von dem, was Zinchenko in ihrem konkreten Fall entgegenschlägt, ist ärgerlich, das wenigste justiziabel. Das Landeskriminalamt (LKA) Nordrhein-Westfalen geht allerdings davon aus, dass die Straftaten gegen Ukrainer in Deutschland in den vergangenen Monaten zugenommen haben.

"Es gibt einfach mehr Ukrainer und damit auch eine höhere statistische Wahrscheinlichkeit, dass sie Opfer einer Straftat werden", erklärt ein LKA-Sprecher auf Anfrage von t-online. Beziffern kann das LKA diese Wahrscheinlichkeit allerdings nicht, weil die jährliche Kriminalstatistik noch nicht erstellt worden sei.

Der frühere Spielplatz von Russland bombardiert

Eine Flucht sei für Menschen immer eine gefährliche Erfahrung, die auch nicht mit der Ankunft in einem vermeintlich sicheren Land ende: "Sie fliehen vor einer Gefahr, sind auf der Flucht in Gefahr und auch am Ziel besonderen Bedrohungen ausgesetzt." Im Falle geflüchteter Ukrainer sieht das LKA beispielsweise prorussische Demonstrationen als Orte, an denen es zu Übergriffen gegen Ukrainer kommen kann.

Nataliya Zinchenko fühlt sich in Deutschland eigentlich wohl. Ein Foto von sich will sie dennoch nicht in den Medien sehen – "weil ich um meine Sicherheit fürchte". "Ich liebe Deutschland, die deutsche Kultur und Sprache sehr", sagt die 38-Jährige.

Das, was russische Raketen in ihrer Heimatstadt Kiew angerichtet haben, zehrt an ihr. "Der 10. Oktober war einer der dunkelsten Tage meines Lebens." Russland attackierte an diesem Tag zivile Infrastruktur im ganzen Land mit Raketen und Drohnen. 19 Menschen verloren ihr Leben. "Sie haben den Spielplatz bombardiert, auf dem ich früher gespielt habe. Ich kenne jeden Zentimeter in der Stadt. Da blutet mir das Herz."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Nataliya Zinchenko am 11.10.2022
  • Telefonat mit dem LKA Nordrhein-Westfalen am 11.10.2022
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