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Karneval in Köln | Peter Brings zum 11.11.: Zwischen "Himmel un Höll"


Kommentar von Brings
11.11. in Köln: Zwischen "Himmel un Höll"

MeinungStephan Brings

Aktualisiert am 15.11.2022Lesedauer: 3 Min.
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Kai Engel (l-r), Harry Alfter, Stephan Brings und Peter Brings von der Kölner Band "Brings" treten im Rahmen des Jubiläumskonzerts der Spider Murphy Gang in der Olympiahalle in München auf.Vergrößern des Bildes
Brings in Action (Archivbild): Die Kölschrocker sind seit mehr als 30 Jahren im Kölner Karneval unterwegs. Stephan Brings (2.v.r.) ist einer der Gründer der Band. (Quelle: Matthias Balk/dpa-bilder)

Wie erlebten Kölns bekannte Kölschrocker den 11.11.? Stephan Brings kennt den Unterschied zwischen früher und heute – und nimmt das Partyvolk in Schutz.

Als Allererstes: Ich kann nur aus der Sicht eines 58-Jährigen auf ein Spektakel gucken, das fast ausschließlich von jungen Jecken gefeiert wird. Während wir am 11.11. mit unseren vielen Kölschmusik-Kollegen von Auftritt zu Auftritt ziehen, sammeln sich feierwillige, verkleidete junge Leute auf und um die Zülpicher Straße.

Im Gegensatz zu den Veranstaltungen, bei denen wir als Bands spielen, ist das anwachsende Meer von Menschen im Kwartier Latäng völlig ohne Einladung, Planung, Eintrittskarten gekommen. Es passiert einfach. Das hat etwas Anarchisches. Damit hat es unsere Sympathie.

So sehr wir als Band mit dem organisierten Karneval verbunden sind, die unendlich vielen ehrenamtlich arbeitenden Vereinsmitglieder schätzen und lieben gelernt haben, können wir uns noch gut an die Art des Feierns erinnern, als wir jung waren. Es gab ja damals nur einen "Großkampftag", nämlich Weiberfastnacht. Der 11.11. ist mir da gar nicht in Erinnerung.

Wir haben auch völlig aus dem Bauch gehandelt, uns vor einer Kneipe getroffen (wegen der Musik, die ja draußen zu hören war), Bier vom Büdchen gekauft – und hoch die Tassen! Einziges Limit: das liebe Geld. Wenn Schluss war, war Schluss. Kein Paypal, keine Karte, einfach Schluss.

Erinnerung an "Arsch huh!" 1992 in der Südstadt

Aber zurück ins Heute: Ich, Stephan, bin am 11.11. mit dem Zug aus Richtung Eifel gekommen, über die Zülpicher Straße. Das war genau um 10 Uhr. Der kurze Blick Richtung Zülpicher Platz war unglaublich. Mir fällt nur ein Vergleich ein: das bekannte Foto der Menschenmassen vor dem Severinstor am Chlodwigplatz am 9. November 1992. Arsch huh, Zäng ussenander!

Faszinierend, aber zugleich beängstigend. Es kommen einem Gedanken an Duisburg 2010, an Panik, die entstehen könnte. Aber es ist wohl generell eine Charakterfrage, ob man für sowas zu haben ist. Ich würde mich niemals bei "Rock am Ring" oder bei "Jeck im Sunnesching" in die erste Reihe wagen. Andere lieben das.

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Jetzt weiß ich natürlich auch um die Sorgen und Nöte der Anwohner der Zülpicher. Ein guter Freund ist Wirt auf der Kyffhäuser, er macht jedes mal drei Kreuze, wenn es vorbei ist. Auch jetzt gibt es wohl berechtigte Kritik der Menschen, die im Veedel leben. Ich wollte auch nicht, dass unser Hauseingang zum Klo gemacht wird. Aber wie will man diese Menge an Menschen verhindern? Die Stadt verteidigt ihre Strategie, das Ordnungsamt äußert seine Sicht. Die Polizei redet wenigstens von einem relativ friedlichen Tag. Das ist doch schon mal was.

Wir tragen alle Verantwortung

Ich denke mir, dass die Mädchen und Jungs dort auf der Straße eine mehr als ungewisse Zukunft vor sich haben: Krieg, Klimakrise, Corona, Inflation. Sie sind nicht die Generation, die hier und jetzt Verantwortung für irgendetwas trägt. Das sind wir. Die Veränderung der Feierkultur in Köln und sonst wo hat ja eine Geschichte. Das waren auch wir Älteren. Am Schluss sehen wir die Bilder der Müllberge. Die AWB muss es richten. Auf Kosten aller. Aber wo bleibt die Aufregung, wenn es ein Großaufgebot der Polizei gibt, weil der FC einen Derby-Gegner empfängt? Das geht auch auf Kosten der Allgemeinheit.

Es gibt bestimmt bessere Lösungen für die beiden heißesten Tage der Session. Meiner Meinung nach ist die Stadt und alle, die dazugehören, dabei, diese Lösung zu finden. Es wird aber im Kwartier nie so sein wie in meinem Eifeldorf. Nicht am 11.11 und nicht an Weiberfastnacht.

Dann lasst uns doch auch kurz feststellen: Unsere Kinder verkleiden sich immer noch gerne an Karneval, singen voller Inbrunst Lieder, die älter sind als ihre eigenen Eltern, in einer Sprache, die sie gar nicht mehr sprechen. "…un mer drinke alles us un mer jonn noch nit noh Huss. Denn als Pänz weiß mer he schon: dat is Tradition."

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen des Autors
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