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Köln: Reinigungsberaterin der Stadt kämpft gegen schmutzige Schulklos


Reinigungsberaterin der Stadt Köln
Sie kämpft gegen schmutzige Schulklos


Aktualisiert am 31.03.2024Lesedauer: 5 Min.
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Angela Duzynski: Sie ist Reinigungsberaterin der Stadt Köln.Vergrößern des Bildes
Angela Duzynski: Sie ist Reinigungsberaterin der Stadt Köln. (Quelle: Martin Henning)

Angela Duzynski hat einen Job, den es sonst in keiner anderen Stadt in NRW gibt: Sie ist Reinigungsberaterin der Stadt Köln. In Schulen bringt sie Kindern bei, wie man richtig auf die Toilette geht. Ein Trend in den sozialen Medien macht ihr Sorgen.

"Guten Morgen", sagt Angela Duzynski mit einem freundlichen Lächeln, als sie in die Erdmännchen-Klasse kommt. Die Kinder der 3A kennen sie, vor ein paar Monaten hat sie schon einmal die Gemeinschaftsgrundschule Porz besucht.

"Heute geht es um das Thema Hygiene", sagt Duzynski. Sie ist Reinigungsberaterin der Stadt Köln – und bringt Kindern bei, richtig die Toilette zu benutzen. Viele Kinder in der Porzer Grundschule können gut auf die Toilette gehen und hinterlassen keine Spuren. Bei einigen anderen klappt das noch nicht so gut. Vor allem der richtige Umgang mit Toilettenpapier ist ein Problem. Deswegen hängen in den Toiletten keine Papierrollen mehr, stattdessen hat jede Klasse ihr eigenes Toilettenkörbchen. Mit Hilfe von Frau Duzynski soll sich das ändern.

Dass bloß kein "Malheurchen" passiert

Doch zuerst geht es um das richtige Abtrocknen. Duzynski fragt: "Worauf solltet ihr bei den Händen achten?" Die Kinder sind unsicher, was sie antworten sollen. "Dass wir uns auch zwischen den Fingern abtrocknen. Denn da ist es schön warm und feucht und das mögen die Bakterien", klärt Duzynski auf. Für jeden Schritt beim Toilettengang hat sie ein Bild mitgebracht. Die Drittklässler müssen die Bilder später in die richtige Reihenfolge bringen.

Dazu gehören auch Schritte, die für manche Kinder selbstverständlich sind, für andere aber eben nicht. "Wenn man die Hose vor dem Toilettengang nicht richtig runterzieht, kann ein Malheurchen passieren", erklärt Duzynski. Dann lande das "Pipi" oder das "AA" nämlich da, wo es nicht landen solle. Die Kinder kichern.

Stelle gibt es seit zwölf Jahren

Seit 2012 arbeitet Angela Duzynski als Reinigungsberaterin für die Stadt Köln. Grundschulkindern beizubringen, wie sie richtig auf Toilette gehen, ist ein wesentlicher Teil ihres Jobs. Das war nicht immer so. "Anfangs ging es darum, dass ich eine Brücke zwischen Stadt und Schulleitungen schaffe, was Sauberkeit angeht. Wenn es Missstände gab, habe ich mit der Gebäudewirtschaft gesprochen, was man baulich verändern kann. Ich habe außerdem Ortstermine mit dem Amt für Schulentwicklung gemacht", sagt Duzynski im Gespräch mit t-online.

Was die Schulbesuche anging, sei sie zuerst nur in den SV-Sitzungen der Schüler gewesen und habe mit ihnen gesprochen, erinnert sich die 56-Jährige. Dann habe sich alles immer weiter entwickelt. "Irgendwann kam die Frage: Frau Duzynski, wollen Sie nicht auch in den Unterricht?" Sie wollte.

Jetzt steht Duzynski im Klassenraum der 3A. "Wer möchte sich in der Schule nicht gerne auf die Toilette setzen?", fragt sie in die Runde. Die meisten zeigen auf. "Habt ihr einen Trick?"

"Ich setze mich nicht richtig drauf", sagt ein Mädchen. "Ich mache auf den Toilettendeckel Papier", sagt ein anderes. Eine gute Idee. Duzynski zeigt an einem Stuhl, wie das richtig funktioniert. Und wenn Papier auf dem Boden landet, wer hebt das auf? "Der, der es runtergeworfen hat", sagen die Schüler. Die Reinigungsberaterin ist zufrieden. Vorher war sie in der 2B, der Fledermaus-Klasse. Da hatte ein Junge noch geantwortet: "Die Putzfrau."

TikTok-Challenge bereitet Sorgen

Diese Denkweise ist einer der Gründe, warum sich kaum noch Reinigungskräfte für das Saubermachen der WCs finden lassen. Das spricht Duzynski in den Klassen aktiv an. "Es wäre schön, wenn ihr danke sagt, wenn ihr die Reinigungskräfte seht", sagt sie der 3A. Immer wieder beschweren sich Eltern über den Zustand von Kölner Schultoiletten. Zur Wahrheit gehört aber auch: Schritt für Schritt erneuert die Stadt die Sanitäranlagen. Und: An jeder der mehr als 300 Kölner Schulen werden zweimal pro Tag die Klos gereinigt – sofern die Bildungseinrichtung das beantragt hat.

Die Sauberkeit der Toiletten liegt außerdem nicht nur in der Verantwortung der Stadt, sondern auch in jener der Schülerinnen und Schüler. Ein Trend kam in den letzten Jahren immer wieder auf: Bei der sogenannten "Devious Lick Challenge" verwüsten Schüler mutwillig Schultoiletten. Meist werden die Klos mit Unmengen von Toilettenpapier verstopft, teilweise wird darauf noch uriniert oder gekotet. Manchmal werden die WCs sogar angezündet. Auch das Klauen von Toilettenpapier, Seifen- oder Papierspendern ist Teil der Challenge. Videos der Aktionen stellen die Schüler auf TikTok.

"Es wurde leider immer schon Unsinn gemacht, Toiletten verstopft oder daneben gepinkelt", sagt Duzynski dazu. "Aber ich habe das Gefühl, es wird immer noch einer draufgesetzt." Das Phänomen der Challenges sei schon bei Drittklässlern zu beobachten.

Die Eltern mit ins Boot holen

Umso wichtiger ist der 56-Jährigen, mit den Schülerinnen und Schülern im Austausch zu bleiben. Auch in den weiterführenden Schulen. Dort fragt sie die Jugendlichen, was sie gerne an ihren Toiletten verbessern möchten. Die Antworten können sie anonym auf Zettel schreiben und in eine Box werfen. Die Reinigungsberaterin wertet die Zettel aus, spricht mit den verantwortlichen Stellen und klärt, was möglich ist. Natürlich nur, wenn die Jugendlichen mithelfen, den Zustand der Toiletten zu verbessern.

In den Grundschulen müssen dafür auch die Eltern ins Boot geholt werden. "Ich spreche die Eltern am Tag der offenen Tür an, gebe ihnen die Regeln an die Hand, sodass sie die Kinder darauf vorbereiten können", sagt Duzynski. "Auch bei Einschulungen spreche ich die Eltern an: ‚Sie fördern Ihr Kind, indem Sie mit ihm den Schulweg gehen, den Ranzen packen, aber die Hygiene wird oft vergessen.‘" Das komme gut an, sagt die 56-Jährige. "Viele Eltern sagen, dass sie nicht darüber nachgedacht haben. Denn es ist ein Thema, das so normal ist. Man redet nicht darüber, weil es auch ein bisschen unangenehm ist. Und dann gerät es in Vergessenheit."

Interesse auch aus anderen Städten

Nachdem die Reinigungsberaterin alle Schritte des Toilettengangs erklärt hat, bekommt jedes Kind ein Blatt und muss die Schritte in die richtige Reihenfolge bringen. Das Ganze passiert anonym. Dann werden die ausgefüllten Blätter gemischt und jeder Schüler bekommt ein neues Blatt, das kontrolliert wird. Gemeinsam mit den Kindern geht Duzynski die Fehler durch. Die meisten Kinder haben ein oder zwei Fehler gefunden. Es gibt aber auch einige Blätter mit fünf Fehlern. Fehlerfrei sind nur drei Kinder geblieben.

Die Stunde endet damit, dass alle Mädchen und Jungen auf einem Papier die Toilettenregeln unterschreiben. "Ich setze mich auf die Toilette", "Ich spüle ordentlich ab" und "Ich schmiere nichts an die Wände und Türen" steht unter anderem darauf. Wenn sich alle Kinder an den "Vertrag" halten, muss Angela Duzynski nicht wiederkommen.

Ihre Arbeit ist schon über die Grenzen Kölns hinaus wahrgenommen worden. "Es gibt viele Anfragen, zum Beispiel aus Bergisch Gladbach oder Düsseldorf, ob ich nicht auch in diese Städte kommen kann", sagt Duzynski. Das sei zwar nicht möglich. Aber Interessierte aus anderen Städten könnten jederzeit zu Besuch in eine Kölner Klasse kommen – damit auf lange Sicht die Toiletten in allen Schulen NRWs sauber bleiben.

Verwendete Quellen
  • Reporter vor Ort
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