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Köln: "Pflege muss menschenwürdig sein" – Ein Hilferuf zum "Tag der Pflege"


Hilferuf zum "Tag der Pflege"
"So können wir keine menschenwürdige Pflege anbieten"

  • Lena Kappei
Ein Protokoll von Lena Kappei

12.05.2022Lesedauer: 4 Min.
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Dominik Stark bei der Arbeit: Noch immer sehen die Pflegekräfte keine Besserung ihrer Arbeitssituation.Vergrößern des Bildes
Dominik Stark bei der Arbeit: Noch immer sehen die Pflegekräfte keine Besserung ihrer Arbeitssituation. (Quelle: privat)

Im Notfall braucht sie jeder: Während der Pandemie haben Pflegekräfte viel Aufmerksamkeit erhalten und von schlechten Arbeitsbedingungen berichtet. Und nun, da die Intensivstationen nicht mehr im Fokus stehen? Ein Pfleger berichtet.

Die Corona-Pandemie hat für zahlreiche Menschen ihren Schrecken verloren. Viele haben die Krankheit durchgemacht, sind geimpft, manche verschont geblieben oder kämpfen mit Langzeitfolgen. Zu Spitzenzeiten quollen die Kliniken mit infizierten Menschen über, das Personal arbeitete am Limit. Was bleibt, sind erschöpfte Pflegekräfte, die auf den Intensiv- und Normalstationen alles gegeben haben. Schon vor der Pandemie war Personalmangel in der Pflege ein Thema, erst zu Corona-Zeiten kochte das Thema in der Gesellschaft hoch.

Wo steht die Pflege in Deutschland heute? Am "Internationalen Tag der Pflege" findet der Kölner Intensivpfleger Dominik Stark deutliche Worte. Ein Hilferuf im Protokoll.

"Ist Corona wirklich vorbei? Mein Empfinden ist: Die Gesellschaft wird mit vielen anderen Themen konfrontiert, medial wird Corona fast komplett ausgeblendet. Ich sehe Corona nicht mehr als Momentum an, eher als eine Krankheit, die uns nun vielleicht immer begleiten wird, ähnlich wie Influenza.

Pfleger aus Köln: Keine Entspannung der Kliniken in Sicht

Ein enormes Problem in dieser Hinsicht ist der Fachkräftemangel. Die erhöhten Isolationsmaßnahmen binden das Personal zeitlich mehr ein. Der erhöhte Pflegeaufwand muss gewährleistet werden, erkrankte Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter fallen durch Quarantäne-Maßnahmen länger aus und die Kompensation ist schwierig, solange wir nicht endlich mehr Pflegekräfte gewinnen können.

Pflege leistet auch außerhalb von Corona-Fällen eine herausragende Arbeit. Wir sollten nicht immer alles nur auf Corona beziehen und den Fokus langsam davon wegbewegen. Auch wenn Corona seinen Schrecken verloren hat, ist von einer wirklichen Entspannung in den Kliniken kaum zu sprechen. Die Belastung der Krankenhäuser hat in den letzten Jahren, bereits vor Corona, deutlich zugenommen. Die Menschen werden immer älter, bringen mehrere Vorerkrankungen mit und sind komplex zu versorgen.

Lauterbach sei das Thema wichtig

Wir Pflegekräfte plädieren schon seit Jahren, dass wir so keine bedarfsgerechte und menschenwürdige Pflege anbieten können. Vor den Wahlen ploppt die Pflege als Thema gerne in der Politik auf, Veränderungen sehen wir aber in der Praxis kaum. Ich habe in den letzten zwei Jahren sehr viele Gespräche geführt, unter anderem mit unserem Gesundheitsminister Karl Lauterbach. Er versicherte, dass er die Pflege verbessern wolle und ihm das Thema wichtig sei. Man arbeite an Lösungen.

Ideen und Worte haben wir aber schon oft gehört. Jetzt müssen Taten folgen. Die Message von uns Pflegenden ist klar: Wir wünschen uns endlich eine sofortige Verbesserung des Pflegeberufs. Wir brauchen eine verbesserte Dienstplangestaltung, flexiblere Arbeitszeiten, eine reduzierte Wochenarbeitszeit, ein angemessenes Grundgehalt und einen Tarifvertrag, der uns eine personelle Mindestbesetzung vorgibt.

Nur so können wir endlich pflegen, wie wir es erlernt und wie die Patientinnen und Patienten es verdient haben. Wir wollen die Menschen wieder so versorgen können, dass wir selbst nach unseren Schichten ruhigen Gewissens nach Hause gehen können.

Pflegende werden selbst krank und steigen aus dem Beruf aus

Die Arbeitsbedingungen in den Krankenhäusern machen die Pflegekräfte oft selbst krank oder führen sie in ein Burn-out. Nicht umsonst liegt unsere durchschnittliche Verweildauer im Beruf bei nur etwa sieben Jahren.

Deshalb werden wir laut. Es geht uns in dieser Bewegung nicht ums Geld, sondern um mehr Kolleginnen und Kollegen, Freizeit und endlich die Wertschätzung, die wir verdient haben.

Da die Krankenhausarbeit eine absolute Teamarbeit ist, kämpfen wir auch für bessere Bedingungen für die Kolleginnen und Kollegen aus dem PatientInnenservice, dem Labor, der Küche, der Verwaltung und der Kita. Dieser Tarifvertrag Entlastung kann eine Wende in der Pflegekrise sein. Er kann wieder mehr Menschen in den Beruf zurückholen – und sie halten.

Patienten als Menschen behandeln, nicht als Nummern

Wir möchten unsere Patientinnen und Patienten ohne Zeitdruck behandeln. Wir möchten sie ganzheitlich auch als Menschen wahrnehmen und nicht nur Nummern oder Diagnosen abarbeiten. Es geht darum, unsere Professionalität zu wahren und die Menschlichkeit zurückzuholen. Krankheit kann uns alle betreffen. Ich persönlich wünsche mir auch eine gute Versorgung meiner Angehörigen oder für mich selbst, wenn es nötig ist.

Ich bin nun seit fast zehn Jahren in der Pflege. Seit ich 2014 die Ausbildung begonnen habe, kämpfe ich für bessere Arbeitsbedingungen und für die Professionalisierung unseres Berufes. Dieser Job ist einzigartig, sehr fordernd und anspruchsvoll, aber auch unglaublich sinnhaft. Wie kann es da sein, dass wir in einem Bereich permanent für bessere Bedingungen kämpfen müssen, wo Menschen in ihren schwierigsten Phasen oder im Kampf zwischen Leben und Tod liegen? Ich finde es ungerecht, wenn mit kranken Menschen Geld verdient wird und dieses nicht einmal ins System zurückfließt.

Die Pflege ist ein überragender Beruf. Ich liebe meinen Job mit seiner Vielfältigkeit und dem Fachwissen, das ich mir erarbeiten konnte. Ich würde gerne wieder mehr junge Menschen dafür begeistern, diesen Job zu erlernen und nach der Ausbildung zu bleiben. Ich würde mir auch wünschen, die Kolleginnen und Kollegen zurückzugewinnen, die dem Job den Rücken gekehrt haben. Bessere Bedingungen in den Krankenhäusern sind besser für alle Menschen."

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Dominik Stark
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