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Nürnberg: U-Bahn ohne Fahrer – bald im ganzen Land?


In Nürnberg schon Realität
U-Bahn ohne Fahrer – die Zukunft des Nahverkehrs?

Von Daniel Salg

31.01.2024Lesedauer: 3 Min.
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Eine U3 von innen (Archivbild): Die U-Bahnen dieser Linie rauschen seit 2008 vollautomatisch durch die Stadt.Vergrößern des Bildes
Blick durch die Frontscheibe der U3 (Archivbild): Die U-Bahnen dieser Linie rauschen seit 2008 vollautomatisch durch Nürnberg. (Quelle: VAG – Claus Felix)

Was woanders nach Zukunftsmusik klingt, gibt es in Nürnberg seit Jahren: U-Bahnen ohne Fahrer. Laut den Verkehrsbetrieben bietet das viele Vorteile. Ob das Modell Schule machen könnte?

In vielen Städten Deutschlands – außer in Bayern – stehen am Freitag U-Bahnen, Trams und Busse still. Verdi hat ihre Mitglieder zum Arbeitskampf aufgerufen. Ein Grund dafür: die steigende Belastung der Arbeitnehmer durch Personalnot. Weit weniger Personal als anderswo braucht die U-Bahn in Nürnberg, die fährt nämlich – zumindest auf zwei der drei Linien – fahrerlos durch die Stadt. Sieht so die Zukunft des öffentlichen Nahverkehrs aus?

Die Stadt wirbt jedenfalls auf ihrer Website damit, dass die fahrerlose U-Bahn für mehr Lebensqualität sorge. Der Grund sei, dass durch den Betrieb ohne Fahrer mehr Züge auf den Schienen unterwegs sein können. Weil der Takt auf den fahrerlosen Linien besonders dicht ist, gehören also lange Wartezeiten auf den nächsten Zug der Vergangenheit an.

Darüber wundert sich in Nürnberg allerdings schon lange keiner mehr: Bereits seit 2008 stehen in vielen Zügen statt Fahrern Familien mit Kindern ganz vorne und schauen durch die große Panoramascheibe in die Tunnel. Damals wurde mit der U3 eine neue, fahrerlose Linie eröffnet. Seit 2010 ist auch die Linie U2 komplett automatisch unterwegs.

Wie die Idee zu fahrerlosen U-Bahnen entstand

Die ersten Überlegungen zum fahrerlosen Betrieb entstanden schon in den 90er Jahren, wie Elisabeth Seitzinger, die Sprecherin der Verkehrsaktien-Gesellschaft (VAG), t-online sagte. Grund dafür sei die damals überlastete U2 gewesen – vor allem vom Hauptbahnhof aus in Richtung Norden.

Um dem Fahrgastaufkommen gerecht zu werden, entschied man sich damals dafür, eine neue Linie zu bauen. Diese sollte auf der Stammstrecke (zwischen Rothenburger Straße und Rathenauplatz) die U2 verstärken und nördlich sowie südlich davon andere Haltestellen als die U2 bedienen.

Doch genau dieser Plan stellte die Verantwortlichen gleich vor die nächste Herausforderung: Das Ein- und Auspendeln von zwei Linien auf eine gemeinsam genutzte Stammstrecke. Seitzinger sagt, dass das bei hohem Takt durchaus gefährlich sei. Deshalb sei damals schon klar gewesen, dass eine weitgehende Automatisierung der beiden Linien notwendig sein würde.

"Die Nürnberger hatten keine andere Wahl"

Die Stadt wird auf ihrer Website sogar noch klarer. Dort heißt es: "Die Nürnberger hatten keine andere Wahl". Die fahrerlose U-Bahn sei die einzige Möglichkeit gewesen, auf beiden Linie eine zufriedenstellende Taktdichte zu erreichen. Somit war die erste fahrerlose U-Bahn Deutschlands geboren.

Inspiration dafür holten sich die Verantwortlichen damals im französischen Lyon, erinnert sich VAG-Sprecherin Seitzinger. Dort ging eine selbstfahrende U-Bahn-Linie schon Anfang der Neunzigerjahre in Betrieb.

Pünktlichkeitsquote höher als 99 Prozent

Ein weiterer Grund für den Bau sei laut der Sprecherin gewesen, dass man damals schon befürchtet habe, dass irgendwann das Personal knapp werden könnte. Im Vergleich zum herkömmlichen Betrieb würden beim fahrerlosen Arbeitskräfte eingespart. Ein Vorteil in Zeiten des Fachkräftemangels.

Nach 16 Jahren des fahrerlosen Betriebs fällt das Fazit in Nürnberg durchweg positiv aus. Der Takt auf den automatisierten Linien ist nun besonders dicht. Zu Stoßzeiten fährt die U-Bahn auf der Stammstrecke alle 100 Sekunden pro Richtung. Ein so dichter Takt sei bei U-Bahnen mit Fahrer "erheblich schwieriger" umzusetzen, erklärt Seitzinger. Zudem liege die Pünktlichkeitsquote der fahrerlosen U-Bahn bei mehr als 99 Prozent. Auch verbrauche sie weniger Energie als solche mit Fahrer.

"Heute denkt in Nürnberg niemand mehr drüber nach"

Nachteile habe die fahrerlose U-Bahn gegenüber herkömmlichen laut der Sprecherin keine. Anfangs sei in der Stadt noch diskutiert worden, ob die Menschen Angst davor haben, in einen Zug ohne Fahrer zu steigen. Seitzinger meint: "Heute denkt da in Nürnberg aber niemand mehr drüber nach."

Könnte sich also ein U-Bahn-System nach Nürnberger Vorbild bald auch anderswo durchsetzen? Seitzinger überlegt kurz und sagt: "In Nürnberg war das ein optimales Zeitfenster. Wir haben neue Fahrzeuge gebraucht und wussten, wir bauen eine neue Strecke." Bestehende U-Bahnen nach 20 oder 30 Jahren umzurüsten, sei hingegen eher weniger sinnvoll.

Gäste aus aller Welt interessieren sich für die Technik

Dennoch ist es gut möglich, dass auch durch andere Großstädte bald U-Bahnen ohne Fahrer rauschen. Laut VAG seien bereits Interessenten aus Wien, Dubai, London und Hamburg angereist, um sich über die Technik der Nürnberger U-Bahn zu informieren. Die Planungen in der deutschen Hafenstadt sind derweil schon konkret. Dort sollen zwei Linien im Osten der Stadt automatisiert werden.

Einziges Manko: Auch fahrerlose U-Bahnen schützen nicht vor Streiks. Denn wenn die U-Bahn-Fahrer streiken, legen laut Seitzinger für gewöhnlich auch die Mitarbeiter der Leitstelle ihre Arbeit nieder. Dann bleiben auch die fahrerlosen Züge stehen. In Nürnberg fahren am Freitag trotz des Verdi-Ausstands die U-Bahnen einzig aus dem Grund, weil in Bayern ein anderer Tarifvertrag als im Rest der Republik gilt. Mehr dazu erfahren Sie hier.

Verwendete Quellen
  • Telefonat mit der Pressesprecherin der VAG
  • Pressemitteilung der VAG vom 14. Juni 2023
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