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Montagsdemo "Team Menschenrechte": Nürnberg mit wenig rechtlicher Handhabe


Montagsdemonstrationen
Rechts im Rampenlicht – aber rechtlich unangreifbar?


28.05.2025Lesedauer: 3 Min.
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Montagsdemonstration in Nürnberg (Archivbild): Die Bewegung birgt Mitläufer unterschiedlichster Gruppierungen. (Quelle: IMAGO/Ardan FUESSMANN/imago)
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Sie nennen sich "Team Menschenrechte", dahinter stecken aber auch Rechtsextreme: Die Montagsdemo radikalisiert sich zusehends. Nürnberg kann wenig dagegen tun.

Trotz rechtsextremer Vorfälle bei den Montagsdemonstrationen kann die Stadt Nürnberg juristisch kaum eingreifen. Das liegt an den engen Grenzen des Versammlungsrechts – und am Urteil eines Verwaltungsgerichts.

Seit rund fünf Jahren meldet eine Privatperson in Nürnberg regelmäßig Montagsdemonstrationen an. Die Versammlungen haben sich zunächst gegen Coronamaßnahmen gerichtet, später gegen die Unterstützung der Ukraine. Inzwischen behandeln sie verschiedene regierungskritische Themen. Veranstalter ist die Gruppe "Team Menschenrechte Nürnberg", sie geben als Teilnehmer derzeit 100 Personen an.

Das Bayerische Landesamt für Verfassungsschutz in München beobachtet die Gruppierung inzwischen offiziell. Wie ein Sprecher auf Nachfrage von t-online mitteilt, liegen "hinreichend gewichtige tatsächliche Anhaltspunkte" dafür vor, dass sich die Gruppierung "aufgrund ihrer politischen Zielsetzung gegen die freiheitliche demokratische Grundordnung richtet". Die Proteste gingen demnach maßgeblich auf Akteure aus dem Querdenker-Milieu zurück.

"Radikale Ablehnung des demokratischen Staates"

Auch Thomas Witzgall von "Endstation Rechts", einem Informationsportal
über Rechtsextremismus, beobachtet die Demonstrationen in Nürnberg. Er hält
die Themen, gegen die demonstriert werde, zunehmend für vorgeschoben. Den Teilnehmern gehe es längst nicht mehr um die Corona-Maßnahmen oder die Ukraine-Unterstützung, sondern um "radikale Ablehnung des demokratischen Staates".

Bei den Versammlungen treten laut Verfassungsschutz häufig Personen aus der rechtsextremen Szene auf, darunter Führungspersönlichkeiten der Partei "Die Heimat". Auch Bezüge zu Reichsbürgern und zum rechtsextremistischen Konzept der "Remigration" des Aktivisten Martin Sellner seien dokumentiert. Eine erkennbare Distanzierung von diesen Tendenzen sei bislang nicht erfolgt.

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Gerichtliche Niederlage der Stadt

Woche für Woche marschiert das "Team Menschenrechte" weiter durch die Innenstadt. Die Stadt Nürnberg hatte in der Vergangenheit versucht, durch Auflagen auf die Demonstrationen einzuwirken. So wurden unter anderem Lärmbeschränkungen, Trommelverbote und Regelungen zur Nutzung von Lautsprecheranlagen ausgesprochen.

Mitte Mai erlitt die Stadt eine Niederlage: Das Verwaltungsgericht hob eine Anordnung auf, mit der Beginn und Route der Demonstration aus der Innenstadt verlegt werden sollten. Die Begründung: Die Stadt habe nicht ausreichend belegt, dass von der Versammlung eine unzumutbare Beeinträchtigung für Dritte ausgehe.

Was darf die Stadt – und was nicht?

Die Versammlungsbehörde ist für die Anmeldung von Demonstrationen zuständig, während ab Beginn der Versammlung die Polizei die Verantwortung übernimmt. Eine Genehmigung ist nicht erforderlich – Versammlungen müssen nur 48 Stunden vorher angezeigt werden. Eingriffe in Ort oder Route sind nur bei konkreter Gefahr für die öffentliche Sicherheit zulässig und müssen gerichtsfest begründet sein. Die bloße Teilnahme von Extremisten reicht dafür nicht aus. Einschränkungen sind nur dann möglich, wenn von der Versammlung selbst eine unmittelbare Gefährdung ausgeht.

Olaf Kuch, Leiter im Direktorium Bürgerservice, Digitales und Recht, erklärt t-online: Bei der Versammlung habe es zuletzt zwar kaum nennenswerte Verstöße gegen Auflagen gegeben. Die Behörde beobachte jedoch jede Demonstration im Nachgang und passe ihre Maßnahmen bei Bedarf an.

Polizei und Stadt in Abstimmung – aber mit begrenzten Rechten

Laut Stadtverwaltung erfolgt im Vorfeld jeder Versammlung eine enge Abstimmung mit der Polizei und weiteren Institutionen. Ein Eingriff in Ort und Zeit einer Demonstration ist jedoch nur bei konkreter Gefahrenlage möglich – und muss gerichtsfest begründet werden. Die Stadt betont, sie sei rechtlich zur Neutralität verpflichtet und dürfe keine inhaltlichen Bewertungen vornehmen.

Gewerbetreibende in der Altstadt, die auf Einschränkungen durch die Demonstrationen hingewiesen haben, seien formal nicht in die rechtliche Abwägung eingebunden. Das städtische Wirtschaftsreferat aber sammele deren Rückmeldungen und leite sie an die Versammlungsbehörde weiter, so Kuch. Diese fließen demnach in die Gesamtabwägung ein, haben aber keinen eigenständigen Rechtsstatus.

Ermittlungen wegen rechtsextremer Äußerungen

Erst vor wenigen Tagen gab es wieder Aufregung. Am Rande einer Demonstration am 12. Mai 2025 äußerte sich ein als Ordner eingesetzter Teilnehmer in einem Interview mit einem YouTuber positiv über Adolf Hitler. Das Bayerische Landeskriminalamt ermittelt seitdem wegen des Verdachts auf Volksverhetzung. Nach Angaben des Verfassungsschutzes trennten sich die Organisatoren des "Team Menschenrechte Nürnberg" daraufhin von der betreffenden Person.

Unklar ist laut Angaben von Witzgall von "Endstation rechts", wieso sich die Organisatoren von dem Ordner trennten. Der Beobachter hält es auch für möglich, dass der Ausschluss auch "taktisch motiviert" sein könne – um ein eventuelles Verbot der Demonstrationen zu umgehen. Weitere Distanzierungen von rechtsextremen Tendenzen oder Beteiligten seien bislang nicht dokumentiert, sagt der Verfassungsschutz.

Telegram-Kanal unter Beobachtung

Auch die digitalen Aktivitäten der Gruppierung stehen im Fokus. Der Verfassungsschutz beobachtet den offiziellen Telegram-Kanal sowie die Chatgruppe "Team Menschenrechte im Gespräch". In beiden werden laut Behörde regelmäßig Inhalte mit Bezug auf das Konzept der "Remigration" veröffentlicht. Der Begriff steht in der rechtsextremen Szene für die Forderung, große Teile der Bevölkerung mit Migrationshintergrund aus Deutschland zu entfernen – auch gegen deren Willen.

Personen, die sich regelmäßig mit eigenen Beiträgen an der Diskussion beteiligen, werden laut Landesamt als Aktivisten der Gruppierung eingestuft. Einzelne Versammlungsteilnehmer oder bloße Abonnenten des Kanals hingegen nicht. Die Protestszene in ihrer Gesamtheit werde nicht beobachtet.

Verwendete Quellen
  • Anfrage beim städtischen Ordnungsamt
  • Anfrage beim bayerischen Verfassungsschutz
  • Anfrage bei der Polizei Mittelfranken
  • Mit Material der Nachrichtenagentur dpa

Quellen anzeigenSymbolbild nach unten

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