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Formel 1: "Drakonische" Strafe für Red Bull – wird die WM doch noch spannend?


"Drakonische" Strafe in der Formel 1
Stolpert Red Bull über die Vergangenheit?

Von Nils Kögler

Aktualisiert am 05.05.2023Lesedauer: 6 Min.
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Max Verstappen: Stolpert seine Mission Titelverteidigung über ein zwei Jahre altes Vergehen?Vergrößern des Bildes
Max Verstappen: Stolpert seine Mission Titelverteidigung über ein zwei Jahre altes Vergehen? (Quelle: IMAGO)

Red Bull gewann bislang jedes der vier Saisonrennen. Trotzdem könnte die Weltmeisterschaft noch spannend werden. Das liegt an einer Strafe für den Rennstall.

"Land der Berge, Land am Strome, Land der Äcker, Land der Dome, Land der Hämmer, zukunftsreich. Heimat großer Töchter und Söhne, Volk begnadet für das Schöne, vielgerühmtes Österreich, vielgerühmtes Österreich!" – wer in dieser Saison die Formel 1 verfolgt, sollte zumindest die zugehörige Melodie zu diesem Text auswendig mitsummen können. Denn die österreichische Nationalhymne bekam man bislang nach jedem der vier Rennen bei der Siegerehrung zu hören.

Zweimal war es Max Verstappen, zweimal war es Sergio Perez, doch immer war es ein Red Bull, der den Sieg einfahren konnte. Das Formel-1-Team des österreichischen Brauseherstellers dominiert die Königsklasse des Motorsports in diesem Jahr nach Belieben.

Erschreckend große Abstände

So holte Red Bull bei drei der bislang vier Rennen gar einen Doppelsieg, also die Plätze eins und zwei. Einzige Ausnahme: Der Große Preis von Australien, bei dem Perez durch eigene Fahrfehler im Qualifying und im Rennen "nur" auf Platz fünf landete. Bei den übrigen drei Rennen hatte der jeweils zweitplatzierte Red Bull bei der Zieldurchfahrt einen Vorsprung auf den dritten Platz von 38 Sekunden (Bahrain), 20 Sekunden (Saudi-Arabien) und 21 Sekunden (Aserbaidschan).

Angesichts dieser Zahlen schrillen bei den Fans die Alarmglocken. Ein spannender Weltmeisterschaftskampf könnte höchstens zwischen den Red-Bull-Teamkollegen entstehen. Doch ob der sonst so inkonstante Perez, der bei seinen bisherigen Siegen vom Verstappen-Pech profitierte, tatsächlich über eine ganze Saison mit dem Titelverteidiger mithalten kann? Fraglich. Der dritte Titel für Verstappen scheint nur eine Frage der Zeit – oder doch nicht? Denn trotz der anfänglichen Dominanz hat Red Bull in dieser Saison noch eine erhebliche Hürde zu überwinden. Ein Vergehen von vor zwei Jahren könnte den Rennstall wortwörtlich noch einholen.

Red Bull übernimmt von Mercedes

Ein Blick zurück: In der Saison 2021 lieferten sich Red Bull mit Max Verstappen und Mercedes mit Lewis Hamilton ein dramatisches Kopf-an-Kopf-Rennen um den WM-Titel. Am Ende behielt Verstappen nur durch ein Überholmanöver in der letzten Runde des letzten Rennens die Oberhand. Die neutralen Formel-1-Fans freuten sich, war es doch das erste Mal seit acht Jahren, dass kein Mercedes-Pilot die Fahrer-Weltmeisterschaft gewann und dann auch noch auf so dramatische Art und Weise.

Doch die Freude über den Zweikampf Red Bull gegen Mercedes währte nicht lange. Zur Saison 2022 führte die Formel 1 umfangreiche Regeländerungen ein, der Aufbau der Boliden änderte sich umfassend – und Mercedes verzockte sich. Ein radikal anderes Konzept im Vergleich zu den anderen Teams ging nicht auf und Mercedes hinkte den Red Bulls weit hinterher. Auch den anfangs starken Verfolger Ferrari konnten die Österreicher schnell abschütteln. Am Ende der Saison standen 17 Siege aus 22 Rennen für Red Bull zu Buche und Max Verstappen sicherte sich schon fünf Rennen vor Saisonende seinen zweiten WM-Titel.

Das Duell mit Mercedes war teuer – zu teuer

Ganz ohne Zwischenfälle verlief die vergangene Saison jedoch nicht. Das enge Titelrennen mit Mercedes 2021 sollte den Rennstall noch mal heimsuchen. Denn die Finanzüberprüfungen der Fia ergaben, dass Red Bull die 2021 erstmals eingeführte Budgetobergrenze von 140 Millionen Dollar überschritten hatte.

Rund 2,2 Millionen Dollar mehr als erlaubt hatte der Rennstall ausgegeben, das entspricht einer Überschreitung um 1,6 Prozent. Das Team begründete das Vergehen mit Kosten für Ersatzteile und Catering sowie Abfindungen, Lohnfortzahlungen für erkrankte Mitarbeiter und Steuernachzahlungen. Gleichzeitig versicherten die Verantwortlichen um Teamchef Christian Horner, dass die Mehrausgaben die Performance des Autos nicht positiv beeinflusst hätten.

PlatzierungFahrer, TeamFahrerTeamSiegePunkte
1.
Max Verstappen
Max VerstappenRed Bull
Red Bull19575
2.
Sergio Pérez
Sergio PérezRed Bull
Red Bull2285
3.
Lewis Hamilton
Lewis HamiltonMercedes
Mercedes0234
21.
Robert Shwartzman
Robert ShwartzmanFerrari
Ferrari00
22.
Nyck de Vries
Nyck de VriesAlpha Tauri
Alpha Tauri00
PlatzierungTeam, FahrerTeamFahrerPunkte
1.
https://sportbilder.t-online.de/global/flaggen/AUT.svg Flagge
Red BullM. Verstappen, S. Pérez, J. Dennis, I. Hadjar
M. Verstappen, S. Pérez, J. Dennis, I. Hadjar860
2.
https://sportbilder.t-online.de/global/flaggen/GER.svg Flagge
MercedesL. Hamilton, G. Russell
L. Hamilton, G. Russell409
3.
https://sportbilder.t-online.de/global/flaggen/ITA.svg Flagge
FerrariC. Leclerc, C. Sainz, R. Shwartzman
C. Leclerc, C. Sainz, R. Shwartzman406
4.
https://sportbilder.t-online.de/global/flaggen/GBR.svg Flagge
McLarenL. Norris, O. Piastri, P. O'Ward
L. Norris, O. Piastri, P. O'Ward302
5.
https://sportbilder.t-online.de/global/flaggen/GBR.svg Flagge
Aston MartinF. Alonso, L. Stroll, F. Drugovich
F. Alonso, L. Stroll, F. Drugovich280

Red Bull verliert Zeit im Windkanal

Trotz aller Beteuerungen einigte sich Red Bull schließlich mit der Fia darauf, eine Strafe für das Vergehen zu akzeptieren. Das lag wohl auch daran, dass der Rennstall mit der Überschreitung um 1,6 Prozent noch unter der Marke von fünf Prozent lag, ab der sich die Fia einen Punktabzug und damit die Aberkennung von Verstappens Weltmeistertitel vorbehalten hätte.

Doch auch so erhielt Red Bull eine empfindliche Sanktion: Sieben Millionen Dollar musste das Team zahlen. Und noch viel wichtiger: Für die laufende Saison 2023 wurden ihnen zehn Prozent ihrer Windkanalzeit abgezogen.

Red Bull ist ohnehin eingeschränkt

Zur Erklärung: Ein Windkanal ist eine große Röhre, in denen die Teams ihre Autos platzieren und dann mittels einer großen Turbine Luft mit hoher Geschwindigkeit auf den Boliden prallen lassen. So können sie überprüfen, wie sich die Aerodynamik ihres Autos oder einzelner neuer Teile verhält. Der Windkanal spielt also eine wichtige Rolle bei der Weiterentwicklung der Autos.

Die Teams bekommen von der Fia ohnehin nur eine limitierte Windkanalzeit zugeschrieben. Dabei bekommt der Weltmeister des Vorjahres am wenigsten und der Letztplatzierte am meisten Zeit zugesprochen. Das soll für ausgeglichenere Kräfteverhältnisse sorgen.

Die Aufteilung funktioniert anhand eines Richtwertes, der 100 Prozent Windkanalzeit darstellt und dem jeweils Siebtplatzierten der Teamwertung aus der Vorsaison zugeteilt wird. Mit jeder Position, die ein Team weiter vorne landet, werden fünf Prozent abgezogen. Jede Position weiter hinten bringt fünf Prozent mehr.

Red Bull würde als Titelverteidiger in dieser Saison also mit noch 70 Prozent auf die geringste Zeit im Windkanal kommen. Davon werden durch die Strafe aber noch mal zehn Prozent abgezogen, sodass ihnen nur 63 Prozent der Windkanalzeit zur Verfügung stehen.

Vorteil: Aston Martin

Im rasanten Entwicklungswettlauf, der an den Autos während einer Saison stattfindet, hat Red Bull somit einen großen Nachteil. Hinzu kommt, dass Red Bulls momentan schärfster Verfolger, Aston Martin, im vergangenen Jahr nur Platz sieben in der Konstrukteurswertung belegt hat. Sie haben damit die vollen 100 Prozent Windkanalzeit zur Verfügung – satte 37 Prozent mehr als der Titelverteidiger. Die weiteren Verfolger sind Ferrari und Mercedes. Während Ferrari als Vorjahreszweiter noch 75 Prozent der Windkanalzeit hat, kommt Mercedes als Drittplatzierter sogar auf 80 Prozent.

Das heißt: Auch wenn der Vorteil der amtierenden Weltmeister momentan riesig zu sein scheint, könnten die anderen Teams im Laufe des Jahres noch aufholen. Das ist auch den Beteiligten klar. So bezeichnete Red-Bull-Teamchef Horner die Strafe etwa als "drakonisch". Gefrustet schob er hinterher: "Ich kann mir vorstellen, dass die Strafe für die Konkurrenz nicht hart genug ist. Aber es wäre für sie vermutlich auch nicht genug, wenn man unseren Windtunnel abfackelt."

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"Strafe, die am meisten schmerzt"

Horner machte deutlich: "Wir müssen extrem hart bei der Analyse und sehr effizient mit der Zeit sein, die wir im Windtunnel haben. Es gab andere Möglichkeiten für die Fia, uns zu bestrafen, aber sie haben die gewählt, die am meisten schmerzt."

Nach Horners Einschätzung könnte die Windkanalstrafe seinem Team insgesamt eine halbe Sekunde Rundenzeit kosten – in der Formel 1 eine Welt. Während Horner die Strafe also mit sehr viel Pessimismus betrachtet, kommen von der Konkurrenz wechselhafte Einschätzungen.

Die Konkurrenz hat Zweifel

Mercedes-Teamchef Toto Wolff sagte: "Ich denke, dass die fehlende Zeit im Windkanal für sie sicherlich nicht großartig ist – und für uns in dieser Saison ein Vorteil." Doch er schränkt ein: "Aber wenn man ein effizientes Auto hat, kann man das sicherlich kompensieren, oder zumindest große Teile davon." Die Strafe wird Red Bull seiner Meinung nach "sicher etwas beißen", aber "wenn sie als Organisation effizient sind, was sie ja bewiesen habe, wird es nicht groß sein."

Einer, der es wirklich wissen muss, ist Dan Fallows. Er arbeitete zwischen 2006 und 2021 in der Aerodynamik-Abteilung von Red Bull, bevor er als Technikdirektor bei Konkurrent Aston Martin anheuerte. Auch er denkt, dass die Strafe Red Bull "schmerzt" und glaubt, "dass diese Einschränkung ihnen bis zu einem gewissen Grad schaden wird." Doch auch Fallows ist der Überzeugung, dass sich Red Bull immer noch in einer starken Position befindet und ist "zuversichtlich, dass sie die Auswirkungen dieser Strafe minimieren werden."

Macht die Windkanalstrafe die Saison also noch mal spannend? Oder behält Mercedes-Pilot George Russell mit seiner betont düsteren Prognose recht, wonach Red Bull jedes der 23 Saisonrennen gewinnen wird? Das Ergebnis bleibt abzuwarten. Die neutralen Formel-1-Fans werden die Hoffnung sicher noch nicht aufgeben, wären aber gut beraten, den Text der österreichischen Hymne weiter zu verinnerlichen.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherche
  • motorsport-magazin.com: "Formel 1 2023: So viel Windkanal-Zeit haben die Teams"
  • gpblog.com: "Red Bull verliert so viel Zeit im Windkanal im Vergleich zu Ferrari und Mercedes"
  • sport.sky.de: "Offiziell! Doppelte Strafe für Red Bull für Budget-Verstoß"
  • motorsport-total.com: "Konkurrenz sicher: Red Bull wird Budgetcap-Strafe 2023 spüren"
  • sport1.de: "Red Bull schlägt Alarm"
  • motorsport-total.com: "Toto Wolff: Auswirkung der Red-Bull-Strafe wird "nicht groß" sein
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