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"Denkzettel" bei der JHV 2022: Der FC Bayern kommt von Katar nicht los


Rekordmeister nach der JHV
"Denkzettel": Der FC Bayern kommt von Katar nicht los

Von Julian Buhl

Aktualisiert am 16.10.2022Lesedauer: 4 Min.
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Thomas Müller: Der Bayern-Star legte einen Auftritt in gewohnter Müller-Manier hin. (Quelle: Pressematerial)

Die Mitgliederversammlung der Bayern wird erst nach dem Ende doch noch turbulent. Es bleibt eine große Erkenntnis – die den Münchnern nicht gefallen kann.

Plötzlich wurde es hektisch in den Katakomben des Münchner Audi Domes. Um 23:10 Uhr wurde die Pressekonferenz von Herbert Hainer nach der Jahreshauptversammlung des FC Bayern abrupt beendet. Und der wiedergewählte Präsident von Sicherheitspersonal nach draußen geführt.

Bayerns Direktor für Medien und Kommunikation Stefan Mennerich sprach von einer "vagen Bombendrohung" und ordnete damit an, dass alle noch anwesenden Personen die Halle verlassen müssten.

Von reichlich Zündstoff, den die Mitgliederveranstaltung unter anderem aufgrund des Reizthemas Katar bot, war im Vorfeld die Rede. Plötzlich aber war die Explosionsgefahr an der Rudi-Sedlmayer-Halle nicht mehr nur im übertragenen Sinn vorhanden, sondern ganz real.

Die Polizei rückte mit Sondereinsatzkommandos, Bombensuchtrupps und Spürhunden an und durchsuchte den Audi Dome. Nach fast zwei Stunden gab es um 1:04 Uhr dann schließlich die Entwarnung.

Hainer: "Wirklich ein unschönes Ende!"

Zumindest seinen Humor hatte Hainer unmittelbar nach der Evakuierung nicht verloren. "Nicht dass die Leute denken, dass wir uns ums Freibier drücken wollten", sagte er, bevor er durch die Menschenmenge im Freien schließlich in die Nacht entschwand: "Es ist wirklich schade: Nach so einer Veranstaltung wollte ich mich noch mit den Mitgliedern zusammensetzen und ein Bier trinken und austauschen. Das musste von jetzt auf gleich abgebrochen werden. Das ist wirklich ein unschönes Ende!"

Mit dem Verlauf des vorangegangenen Abends konnte er allerdings trotzdem zufrieden sein. Seine im Vorfeld ausgesprochenen Hoffnungen auf eine unaufgeregtere und harmonischere Versammlung als bei der turbulenten Vorjahresveranstaltung hatten sich erfüllt.

Damals war es zu Tumulten, Pfiffen und Hainer-Raus-Rufen gekommen. Auslöser war der Spontanantrag von Michael Ott gewesen, den der 29-Jährige einbringen wollte, um die Mitglieder über das Sponsoring durch Qatar Airways, das vertraglich noch bis 2023 läuft, abstimmen zu lassen. Das Präsidium ließ den Antrag nicht zu und Hainer brach die Versammlung aufgrund der aufgeheizten Stimmung schließlich vorzeitig ab.

Und wenn es eine Erkenntnis der Jahreshauptversammlung 2022 gibt, dann ist es vielleicht diese: Das Thema Katar wird die Bayern noch weiter beschäftigen.

Bayern begegnet Konfliktthema offensiv

Dabei gingen die Bayern dem Konfliktthema, wie schon in den vergangenen elf Monaten, nicht aus dem Weg, übernahmen sogar die Offensive. Hainer nahm bereits in seiner Eröffnungsrede dazu Stellung und auch Vorstandsboss Oliver Kahn thematisierte das Sponsoring später.

"Wir werden das Thema nach der WM mit Qatar Airways weiter intensiv besprechen, wir werden alles abwägen, und dann werden wir für den FC Bayern eine Lösung finden", sagte Kahn.

Hainer ließ sich vor der Präsidiumswahl unter anderem von Ott zu seiner Haltung befragen. Der 68-Jährige wusste bereits, was auf ihn zukam, nachdem Ott diese Absicht genauso im t-online-Interview formuliert hatte, das Hainer hinterher explizit erwähnte: "Er hat ja in einem Interview gesagt, dass er mir Fragen stellen will."

Nachdem Ott den Bayern vorgeworfen hatte, "endgültig instrumentalisiert" zu werden und das "inakzeptabel" nannte, standen wie erwartet zwei Themen im Mittelpunkt seiner Fragen: der umstrittene Sponsoring-Deal und die Menschenrechtssituation in Katar.

"Ob wir den Vertrag verlängern werden oder nicht, das kann ich heute nicht mit Ja oder Nein beantworten", antwortete Hainer während der Veranstaltung direkt ausweichend und fügte hinterher hinzu: "Am Ende entscheiden wir, was das Beste für den Klub ist. Diese Maxime treibt und leitet uns beim FC Bayern."

Zur Lage der Menschenrechte im Wüstenstaat sagte er: "Es müssen gemeinsame Projekte mit Qatar Airways entwickelt werden, um weitere Dinge zu verbessern."

Hoeneß entzündet das Reizthema Katar

Sein Vorgänger Uli Hoeneß agierte da deutlich weniger souverän und diplomatisch, als er Ott auf dem Weg zum VIP-Bereich zuerst zu sich rief und ihn dann anherrschte: "Ihr Auftritt war peinlich. Das ist der Fußballklub Bayern München und nicht die Generalversammlung von Amnesty International."

Hoeneß war damit für den eigentlich einzigen Punkt des Abends verantwortlich, an dem das Zündstoffthema doch mal kurz Funken schlug. "Ich war nicht dabei", wiegelte Hainer ab und sagte: "Ich fand den Auftritt von Herrn Ott ganz ok. Er hat seine Fragen gestellt. Das steht ihm zu."

Hoeneß habe seine Antwort gar nicht abgewartet, sagte Ott später im Gespräch mit t-online: "Ich habe ihm noch gesagt, dass auch der Fußballklub Bayern München sich an die Menschenrechte halten sollte. Ich finde es schade, weil wir eigentlich einen sachlichen Dialog geführt haben – und er es auf eine unsachliche Ebene gezogen hat."

Wahlergebnis als Denkzettel für Hainer

Hainer präsentierte sich da deutlich souveräner – auch im Umgang mit den nur 83 Prozent Ja-Stimmen, die er von den Mitgliedern bei seiner Wiederwahl bekommen hatte.

"Wenn ich ein Politiker wäre, wären 83 Prozent ein Riesenergebnis", sagte Hainer grinsend und fügte dann ernster hinzu: "Sicherlich hat das Thema Katar da mitgespielt. Es ist ein komplexes Thema, das kontrovers diskutiert wird."

Hasan Salihamidzic erklärte auf t-online-Nachfrage: "Genauso muss eine Jahreshauptversammlung sein: kritisch, aber trotzdem ein guter Umgang miteinander. Herbert Hainer hat den Abend sehr gut geleitet, ist respektvoll mit den Fans umgegangen und die Fans genauso mit uns. Wir können alle zufrieden sein."

Hainer wünscht sich katarfreien Tag

Ott, der Hainer seine Stimme nicht gab, sah das Votum dennoch durchaus als "Denkzettel": "Wir haben dem Präsidium für die nächste Amtsperiode ja so ein bisschen ins Hausaufgabenheft geschrieben, dass viele Fans das Katar-Sponsoring kritisch sehen."

Diese ihm von seinem Vorgänger Hoeneß hinterlassene Altlast nimmt Hainer nun also auch mit in seine neue Amtszeit. "Es ist schon ein Thema, das manchmal auch zu Kopfzerbrechen führt", sagte er, "aber ich muss mich damit beschäftigen, weil a) haben wir Katar als Sponsor und b) unsere Mitglieder sich damit beschäftigen."

Der Bayern-Präsident gab unumwunden zu: "Ich wäre auch mal froh, wenn mal ein Tag ohne Katar vergehen würde." In den kommenden drei Jahren seiner neuen Amtszeit dürfte das allerdings mehr Wunsch als Wirklichkeit bleiben.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Pressekonferenz von Herbert Hainer
  • Gespräch mit Michael Ott
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