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Mit Mats Hummels: Neues Spielerbündnis könnte Bundesliga verändern


Profis um Hummels fordern Macht
Wie das neue Spielerbündnis die Bundesliga verändern könnte


23.06.2020Lesedauer: 4 Min.
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Neven Subotic, Mats Hummels, Sven Bender (v. l.) und ihre Mitstreiter wollen sich mit dem neuen Bündnis einen Platz am Tisch mit DFL-Boss Christian Seifert und den Vereinen erkämpfen.Vergrößern des Bildes
Neven Subotic, Mats Hummels, Sven Bender (v. l.) und ihre Mitstreiter wollen sich mit dem neuen Bündnis einen Platz am Tisch mit DFL-Boss Christian Seifert und den Vereinen erkämpfen. (Quelle: brennweitefm/Kirchner-Media/HJS/Chai v.d. Lange/imago-images-bilder)

Im Ausland ist die Mitbestimmung der Profis längst normal. In der Bundesliga treffen die Vereine und die DFL ihre Entscheidungen unter sich. Spieler wie Mats Hummels, Sven Bender und Neven Subotic wollen das mit einem neuen Bündnis ändern.

Nach dem siebten Spiel in 18 Tagen platzte Dynamo Dresdens Verteidiger Chris Löwe der Kragen. Im TV-Interview nach der 0:2-Niederlage seiner akut abstiegsbedrohten Mannschaft kritisierte er verzweifelt die DFL (Deutsche Fußball Liga): "Die Leute sitzen in ihren 5.000 Euro teuren Bürostühlen, entscheiden über unsere Köpfe hinweg und wir sind die Idioten, die das Ganze ausbaden." Noch ist er nicht Mitglied des Bündnisses aus bisher 70 Spielerinnen und Spielern, die in der Donnerstagsausgabe des "Kicker" an die Öffentlichkeit gingen. Sie wollen ihre Interessen verteidigen.

Die Bundesliga soll besser, gesünder und nachhaltiger werden. Den deutschen Profifußball könnten Sie grundlegend verändern. Die prominentesten Gesichter des Netzwerks, Mats Hummels, Neven Subotic und Sven Bender, werden wohl keine Probleme haben, ihren ehemaligen BVB-Teamkollegen Löwe von seiner Mitwirkung zu überzeugen.

Vor dem Restart werden die Spieler übergangen

Denn Löwe und seine Mitspieler fühlen sich beim Restart des Profifußballs, den die DFL-Taskforce beschlossen hat, übergangen: "Glauben Sie, dass einer in der DFL sich nur eine Sekunde Gedanken macht, was bei uns in den Köpfen vorgeht?" Als Liga-Boss Christian Seifert am 23. April das Hygienekonzept verkündet, klang das anders: "In der heutigen Sitzung wurden keine Bedenken angemeldet."

Kein Wunder, denn in Deutschland haben die Profis wenig Macht. Die Taskforce besteht aus dem Ligaverband und den 36 Profiklubs in den Bundesligen. Die Spielergewerkschaft VDV (Verband der Vertragsfußballer) erfüllt bei wichtigen Entscheidungen höchstens eine beratende Funktion. So auch, als über die Fortsetzung des Spielbetriebes während der Pandemie diskutiert wurde. Im April hielt die DFL eine Videokonferenz ab. Gemeinsam mit VDV-Geschäftsführer Ulf Baranowsky warben Andreas Luthe vom FC Augsburg, Sven Bender von Bayer Leverkusen und Neven Subotic von Union Berlin um transparente Prozesse und wünschen sich Mitsprache.

International haben die deutschen Spieler viele Vorbilder

Die DFL blockte ab.Vielen Spielern wurde ihre Machtlosigkeit erst jetzt bewusst. Beispielsweise Leverkusens Keeper Lukas Hradecky: Er erzählte in einer Medienrunde von seiner Überraschung, dass es hier keine so starke Spielergewerkschaft wie in Dänemark und England gäbe. Aus dieser Erkenntnis entsteht nun das Bündnis. Vorbilder für die deutschen Spieler gibt es genügend: "In Italien und England ist der Spielerverband eine Instanz, die in solchen Krisenfällen konsultiert wird", sagte Subotic dem Deutschlandfunk. Die schwache Position der deutschen Spieler ist strukturell bedingt.

Einerseits sind die Profis hier überhaupt erst seit 1987 gewerkschaftlich organisiert – zum Vergleich: Die englische Gewerkschaft PFA wird am 2. Dezember 103 Jahre alt. Andererseits sind die Möglichkeiten des deutschen Arbeitsrechts noch lange nicht ausgeschöpft. So gibt es keinen Rahmentarifvertrag zwischen der Liga und den Spielern. In der italienischen Serie A ist das seit Jahrzehnten Standard.

Die Zeichen für Veränderung stehen gut

Die Chancen stehen gut, dass die Spieler tatsächlich etwas verändern können. Noch nie gab es eine so große Gruppe von Fußballerinnen und Fußballern aus den drei Profiligen der Herren und der Bundesliga der Damen, die sich koordiniert um eine Position an den Verhandlungstischen bemüht hat. Sie werben um mehr finanzielle Solidarität und Stabilität, einen wirksamen Kampf gegen Diskriminierung und besseren Gesundheitsschutz. Klassische Arbeitnehmerthemen, die in einem Tarifvertrag festgeschrieben werden könnten.

Diesen fordern Ulf Baranowsky und seine VDV schon lange. Demnach liege es in der Hand der Sportler selbst, ihre gesetzlichen Mitbestimmungsgesetze auszunutzen. Vize-Weltmeister Carsten Ramelow ist heute Vize-Präsident der Gewerkschaft. Er sagte am Donnerstag: "Die führenden Köpfe des Spielerbündnisses sind großenteils gestandene VDV-Mitglieder und im Austausch mit uns." Ungefähr 1.300 Profis sind in seiner Gewerkschaft organisiert. Trotzdem fehlte der Gewerkschaft lange das breite Engagement der Spieler.

Die Corona-Krise hat nun klar gemacht, dass es ohne deren Prominenz und Einsatz keine Veränderungen zugunsten der Kicker geben wird. Ramelow findet deshalb, es sei wichtig, dass sich mit dem Schwung der Initiative endlich alle Spieler im VdV vereinigen. "Denn die Erfahrungen aus dem Ausland zeigen ganz klar, dass ein solcher Prozess nur erfolgreich sein kann, wenn er in geordneten Bahnen durch die Spielergewerkschaft durchgeführt wird."

Wie wird sich der Fußball verändern?

Entscheidungen im deutschen Fußball könnten sich durch diesen Prozess grundlegend verändern. Bestandteil eines Rahmentarifvertrages könnte zum Beispiel die freie Arztwahl für die Profis sein. Oft gilt bei Verletzungen der Spieler das letzte Wort des Vereinsarztes. Der sportliche Erfolg ist teilweise wichtiger als die Gesundheit des Einzelnen. So spielte der Hoffenheimer Ishak Belfodil zu Beginn dieser Saison fünf Spiele mit einem Kreuzband- und Meniskusriss. Der Klub habe Druck gemacht, auf eine OP zu verzichten. Belfodil: "Man hat meine Karriere leichtsinnig aufs Spiel gesetzt."

Die DFL verdient ihr Geld mit der Vermarktung der Leistung der Spieler. Gemeinsam hätten die Ausnahmekönner viel Macht. "Profifußballer sind keine normalen Arbeitnehmer, sondern Artisten", erklärt der Sportrechtler Dr. Michael Lehner im Gespräch mit t-online.de. Trotzdem mahnt er einen Interessensausgleich an. "Spieler und Vereine sitzen im selben Boot." Auch das neue Bündnis ist bemüht seine Konstruktivität zu betonen. Sollten die Vereine aber weiter blocken, hätte eine starke Gewerkschaft durchaus Mittel und Wege, um ihre Interessen durchzusetzen.

Die Kollegen im Ausland machen es vor: Als in Italien trotz der bedrohlichen Corona-Lage gespielt werden sollte, drohte die dortige Gewerkschaft mit einem Streik.

Verwendete Quellen
  • Eigene Recherchen
  • Sky: Field-Interview mit Chris Löwe
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