t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportFußballChampions League

Marc-André ter Stegen sieht sich mit Manuel Neuer auf Augenhöhe


Duell im Champions-League-Halbfinale
Keeperkampf: Ter Stegen sieht sich mit Neuer auf Augenhöhe

Von t-online
03.05.2015Lesedauer: 4 Min.
Marc-André ter Stegen bildet einen sicheren Rückhalt beim FC Barcelona.Vergrößern des BildesMarc-André ter Stegen bildet einen sicheren Rückhalt beim FC Barcelona. (Quelle: imago/PanoramiC)
Auf Facebook teilenAuf x.com teilenAuf Pinterest teilen
Auf WhatsApp teilen

Aus Barcelona berichtet Florian Haupt

Ein Thema kann man schnell abhaken: Marc-André ter Stegen hat mittlerweile schon hundertfach gesagt, dass er mit seiner Situation in Barcelona natürlich nicht voll zufrieden ist. Der deutsche Torwart spielt ja nicht in der Liga, sondern nur im Pokal und der Champions League. Wobei "nur" in diesem Zusammenhang vielleicht das falsche Wort ist. Barcelona nämlich steht im Pokalendspiel und bestreitet jetzt das Champions-League-Halbfinale. Auf so was warten andere Torleute eine ganze Karriere lang.

Borussia Mönchengladbach beispielsweise, sein alter Klub, stand 1995 zum letzten Mal im Pokalendspiel und 1987 in einem europäischen Halbfinale. Zu sagen, er hätte etwas falsch gemacht mit seinem Wechsel, würde also wirklich an der Realität vorbeiführen. Zumal er ja wirklich nur deshalb nicht in der Liga spielt, weil Konkurrent Claudio Bravo so tadellose Leistungen abliefert wie er selbst.

Zusammen haben beide in 53 Partien nur 31 Gegentore bekommen – ein Schnitt von 0,58 pro Spiel, Vereinsrekord. Und dabei galt Barcelona immer als besonders komplizierter Torwartstandort und die Nachfolge der Vereinslegende Victor Valdés geradezu als Herkulesaufgabe.

Ter Stegen hat mit dem Selbstvertrauen kein Problem

Erschwerend für Ter Stegen außerdem: sein junges Alter, am Donnerstag wurde er 23, und die fehlende Regelmäßigkeit seiner Einsätze. Selbst ein fünffacher Welttorwart wie Iker Casillas verlor vorige Saison seine Strahlkraft, als er bei Real Madrid wie jetzt Ter Stegen in Barcelona nur in den Pokalwettbewerben zum Einsatz kam. Für einen vergleichsweise unerfahrenen Keeper wie Ter Stegen, Neuling in der Champions League, muss dies eigentlich erst recht gelten. Torleute, die Einsamsten aller Fußballer, brauchen Vertrauen noch mehr als alle anderen, heißt es immer. Andererseits ist es nun mal so, dass Marc-André ter Stegen mit dem Selbstvertrauen kein Problem hat.

Also auch nicht damit, jetzt vor den Augen der Weltöffentlichkeit ein Halbfinale zu bestreiten, bei dem es auf jedes Detail ankommen könnte. Gegen eine Mannschaft aus seinem Heimatland und, will man das Duell reduzieren, gegen den Mann, den er irgendwann gern als Nummer eins dieses Heimatlandes verdrängen würde. Diesen Sommer wird Ter Stegen noch die U21-EM in Tschechien spielen, aber eines Tages, das ist das Gesetz des Fußballs, wird sich auch der derzeit so unumstrittene wie unantastbare Manuel Neuer der jüngeren Konkurrenz stellen müssen. Obwohl Ter Stegen sagt: "Neuer gilt zurecht als der beste Torhüter der Welt."

Große Ähnlichkeit mit Neuer

Auch das sagt er oft, denn auch danach wird er oft gefragt, fast so oft wie nach seiner Reservistenrolle in der Liga. Zumindest aus spanischer Sicht wirken beide schon physisch ähnlich, wie ewige Widergänger des deutschen Torwarts: groß, blond, kräftig. Darüber hinaus stehen sie für das moderne Keeperspiel, das nicht mehr nur den eigenen Strafraum umfasst, sondern die ganze eigene Hälfte. Bittet man jedoch Ter Stegen um seine Meinung, ergibt sich ein anderes Bild: "Ich bin komplett anders als Neuer", sagt er dann. Und schaut man genau hin, dann sieht man die Unterschiede auch.

Neuers Einmaligkeit schuldet sich abgesehen von seiner Klasse im Kerngeschäft des Torwarts, dem Bällehalten, vor allem seiner Antizipation. Beispielhaft war das in dem berühmten WM-Achtelfinale gegen Algerien zu sehen, als er einen echten Libero gab und mehr gegnerische Angriffe abfing als seine gesamte Abwehr. Im Angriffsspiel hebt er sich ebenfalls durch das blitzschnelle Erkennen von Spielsituationen hervor, etwa wenn er mit seinen langen Abwürfen einen ungeordneten Gegner überrumpelt.

Spektakuläres taktisches Verständnis

Ter Stegens herausragende Eigenschaften sind demgegenüber die Natürlichkeit, mit der sich wie ein Verteidiger in den Aufbau von hinten einschaltet – und die Qualität seiner Zuspiele. Im Camp Nou raunen die Zuschauer, wenn seine Diagonalpässe über das halbe Spielfeld genau auf dem Fuß eines Teamkollegen landen. Er wird deshalb sogar mit Ronald Koeman verglichen, dem ehemaligen Weltklasselibero. Ein "spektakuläres taktisches Verständnis", attestiert ihm Spielmacher Xavi. Und als ein Mitspieler im Training mal behauptete, der Deutsche behandele den Ball ja beidfüßig besser als Lionel Messi, soll der gescherzt haben: "Viel besser".

In der Bundesliga haben sich Ter Stegen und Neuer schon spektakuläre Duelle geliefert. Dreimal siegte der Bayern-Keeper, zweimal der damalige Gladbacher. Beide sind zu unglaublichen Paraden fähig – wie auch zu unglaublichen Schnitzern. Ter Stegen wird in Deutschland vor allem eine Szene wohl noch lange verfolgen: wie er 2013 bei einem Testspiel in den USA einen Rückpass von Benedikt Höwedes ins Tor trudeln ließ, weil er sich nicht entscheiden konnte, wie er ihn weiterverarbeiten wollte.

Ter Stegen kommt fantastisch an in Barcelona

Es wirkt wie eine Episode aus einer fernen Vergangenheit. Aus seinen 17 Spielen bislang für Barcelona – sieben im Pokal, zehn in der Champions League – erinnert man sich allenfalls an drei unglückliche Szenen. Bei Paris St. Germain unterlief er vorigen Herbst im Gruppenspiel eine Flanke, was zu einem Gegentor führte. Im Pokalhalbfinalhinspiel gegen Villarreal fing er sich einen haltbaren Fernschuss ein. Und ein abstruses Dribbling an der Seitenlinie gegen Manchester Citys Sergio Agüero führte im Champions-League-Achtelfinale zwar glücklicherweise nicht zu einem Gegentor, zeigte aber, dass er sich manchmal fast ein wenig zuviel zutraut.

Im selben Spiel hielt er gegen denselben Spieler dann noch einen Elfmeter, woraufhin das Camp Nou erstmals seinen Namen sang. Ter Stegen kommt fantastisch an in Barcelona, nicht nur bei den Mitspielern, sondern auch beim Publikum. Der mittlerweile entlassene Sportdirektor Andoni Zubizarreta, seinerseits Ex-Torwart, wusste schon, warum er sich nach jahrelangem Scouting für Ter Stegen als langfristigen Valdés-Nachfolger entschied: der fußballerisch so begabte Torwart passt perfekt zu einem Klub, der wie kein anderer von seinen Torhütern fußballerische Begabung fordert.

"Das Spiel hier ist anders, deshalb verändert man sich natürlich auch", sagt Ter Stegen. "Wir stehen weit vorn und haben viel den Ball, wir schieben immer nach vorn, um gegnerische Angriffe so früh wie möglich zu unterbinden." Diese Beschreibung für Barcelonas Stil könnte man auch auf Pep Guardiolas Bayern anwenden. Im direkten Duell hat Ter Stegen die Gelegenheit, seinen Landsleuten vor Augen zu führen, dass für diese Spielweise nicht nur Manuel Neuer hervorragend geeignet ist.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website