t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportFußball

Schiedsrichter-Streit mit Deniz Aytekin: So wird Manuel Gräfe zur Belastung


Umstrittener Schiedsrichterexperte
So wird Manuel Gräfe zur Belastung

MeinungVon Christof Paulus

21.05.2023Lesedauer: 3 Min.
Meinung
Was ist eine Meinung?

Die subjektive Sicht des Autors auf das Thema. Niemand muss diese Meinung übernehmen, aber sie kann zum Nachdenken anregen.

Was Meinungen von Nachrichten unterscheidet.
Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe im Aktuellen Sportstudio: Der Berliner kritisiert den DFB immer wieder heftig und gewann vor Gericht gegen den Verband.Vergrößern des Bildes
Ex-Bundesliga-Schiedsrichter Manuel Gräfe im Aktuellen Sportstudio: Der Berliner kritisiert den DFB immer wieder heftig und gewann vor Gericht gegen den Verband. (Quelle: IMAGO / Martin Hoffmann)

Immer wieder kritisiert Manuel Gräfe die Leistungen deutscher Schiedsrichter. Doch seine Einschätzungen verlieren an Glaubwürdigkeit. Nun rückt er selbst in den Fokus.

Einen passenderen Experten hätte das ZDF wohl nicht finden können: Manuel Gräfe, einer der wohl besten Schiedsrichter der Bundesliga-Geschichte, kommentiert seit 2021 regelmäßig Leistungen seiner Kollegen. Und dabei ist der Berliner nicht zimperlich. Das Tischtuch zwischen ihm und der Spitze der deutschen Schiedsrichter ist zerschnitten. Darum, was die aktiven Unparteiischen von ihm halten, schert Gräfe sich merklich nicht.

Doch inzwischen entstehen immer mehr Zweifel an seiner Glaubwürdigkeit. Je mehr Einschätzungen Gräfes über den Fernsehschirm flimmern oder von ihm auf Twitter geteilt werden, desto mehr festigt sich der Eindruck: Hier spricht vielleicht kein unabhängiger Experte, sondern das Publikum verfolgt einen Kleinkrieg, ausgetragen zwischen Gräfe und der Schiedsrichter-Kommission des DFB.

Gräfe bringt Schiedsrichter bei Bayern-Spiel zum Platzen

Jüngstes Indiz dafür: Der Wutausbruch von Schiedsrichter Deniz Aytekin vor laufenden Mikrofonen nach dem Bundesliga-Spitzenspiel am Samstagabend in München. "Der Manuel Gräfe sitzt in Berlin mit seinen 180 Kilo und labert so eine Scheiße", war Aytekin aus dem Off zu hören, als ein Reporter ein Interview mit Bayern-Star Thomas Müller führen wollte. Auslöser – und typisch für einige Debatten, in denen Gräfe involviert ist – war ein mögliches Foul gegen Leon Goretzka vor dem 1:1 von RB Leipzig.

Aytekin erhielt letztlich viel Lob für seine Leistung. Gräfe, so scheint es aber, hat immer etwas zu meckern. Das stört auch andere Bundesliga-Schiedsrichter, Dr. Felix Brych und Patrick Ittrich etwa stärkten Aytekin den Rücken.

Er eckt immer wieder an

Dass Gräfe auf den DFB nicht gut zu sprechen ist, ist nachvollziehbar. 2005 hatte er maßgeblich daran mitgewirkt, den Wettskandal um Schiedsrichter Robert Hoyzer aufzudecken. Der darin verwickelte Felix Zwayer stieg dennoch später zum Bundesliga-Schiedsrichter auf, sehr zum Missfallen Gräfes. 2017 kritisierte er die damalige Führung der deutschen Schiedsrichter massiv in einem Interview, bekam dafür laut eigener Aussage einen Maulkorb verpasst.

Der Zweikampf der Woche: Die Lösung ist ein Tauschgeschäft

Trotz hohen Ansehens bei Fans und Spielern leitete Gräfe nur wenige Länder- und Europapokalspiele, als Videoassistent durfte er ebenfalls nicht mehr zum Einsatz kommen. Auch sein Abgang aus dem Profibereich war von diversen Nebengeräuschen begleitet. Der DFB beharrte auf der Altersgrenze von 47 Jahren und zwang ihn zum Aufhören – trotz großer Unterstützung für Gräfe. Der klagte dagegen, bekam Recht und Schadenersatz zugesprochen. Pfeifen darf er dennoch nicht mehr.

Ein kritischer Blick auf Deutschlands Schiedsrichter ist sicher nötig. Die Fehlerquote in der Bundesliga ist erschreckend hoch, obwohl es seit einigen Jahren Hilfe vom Videobeweis gibt. Wöchentlich diskutieren Akteure über Handspiele, ständige Regeländerungen und neue Auslegungen überfordern offenbar auch die Spitzen-Schiedsrichter.

Schiedsrichter-Experte des ZDF selbst in der Kritik

Nur: Polemik gibt es im Fußball genug, vor allem, wenn über Schiedsrichter diskutiert wird. Es sei an Ausraster wie von Julian Nagelsmann in Mönchengladbach oder Bo Svensson gegen Schalke erinnert, die Schiedsrichter allzu einfach zu Sündenböcken machten. Konstruktiv ist das nicht. Und Interesse daran, den Fußball besser zu machen, zeigt es ebenfalls nicht – sondern dient nur dazu, von eigenen Fehlern abzulenken. Wer den Finger in die Wunde legen könnte, statt nur Salz hineinzustreuen, ist Gräfe.

Doch der vergaloppiert sich allzu häufig, thematisierte etwa das Alter von Daniel Schlager nach dessen Ansetzung im DFB-Pokalhalbfinale oder kritisiert Funktionäre wie den Projektleiter der Video-Schiedsrichter, Jochen Drees, für seine Urlaubsplanung. Das wäre zu verzeihen, denn meist hat die Kritik Gräfes an Schiedsrichterleistungen trotz allem Hand und Fuß. Doch er macht sich zudem auf Nebenschauplätzen angreifbar.

Schiedsrichter-Problem in Deutschland: Und wenn keiner mehr pfeifen will?

Was an Gräfe bemängelt wird

Etwa, als er einen heftig kritisierten Tweet zum Ukraine-Krieg löschte und danach angab, gehackt worden zu sein. Oder nach mehreren Fehlentscheidungen gegen deutsche Teams im Europapokal raunte, dass es "politischen Einfluss" gebe und aktuell "der DFB keinen hohen Stellenwert" habe. Billiger Applaus einiger Pöbler im Internet ist ihm damit gewiss. Der schleichende Verlust seiner Glaubwürdigkeit jedoch auch.

Unter Schiedsrichtern macht sich die Einschätzung breit, Gräfe kalkuliere die Aufregung ein. Ein Problem für Deutschlands Schiedsrichter-Spitze ist er bereits, wie nicht zuletzt die teils beleidigenden Worte seiner Ex-Kollegen gegen ihn zeigen. Wenn er es jedoch nicht schafft, die Lage nüchterner zu analysieren, wird er auch für sich selbst zum Problem. Und damit auch für das ZDF. Denn ein voreingenommen wirkender Experte ist keiner.

Verwendete Quellen
  • Eigene Beobachtungen
  • Twitter: Profil von Manuel Gräfe
  • mit Material der Nachrichtenagentur dpa
  • Süddeutsche Zeitung: "Gräfes offener Vorwurf"
  • ZDF: "Gräfe: 'Anhäufung an Fehlentscheidungen'"
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website