Neuer Krach in der Koalition Justizministerin Hubig lehnt Dobrindts Palantir-Vorstoß ab

Nach dem Streit über die Besetzung des Verfassungsgerichts droht der Koalition die nächste Justiz-Debatte. Justizministerin Hubig stellt sich gegen Dobrindts Plan, die Fahndungssoftware Palantir bundesweit einzusetzen.
Bundesjustizministerin Stefanie Hubig (SPD) sieht den Einsatz der Analyse-Software des US-Unternehmens Palantir bei deutschen Sicherheitsbehörden mit Argwohn. Es sei zwar "wichtig, dass unsere Ermittlungsbehörden über zeitgemäße Instrumente verfügen, um schwere Straftaten aufzuklären und Gefahren abwehren zu können", sagte die SPD-Politikerin der "Süddeutschen Zeitung". Klar sei aber auch: "Es können nur solche Mittel genutzt werden, die mit rechtsstaatlichen Grundsätzen vereinbar sind".
Innenminister Alexander Dobrindt (CSU) lässt prüfen, ob die Software bundesweit eingesetzt werden soll. Mehrere Bundesländer nutzen sie bereits. Nach Bayern, Hessen und Nordrhein-Westfalen soll nun auch die Polizei in Baden-Württemberg unter bestimmten Bedingungen darauf zurückgreifen können, wie diese Woche bekannt wurde.
Doch gibt es nicht allein in Baden-Württemberg eine heftige Diskussion über den Start der Fahndungssoftware. Der Einsatz in Bayern wird vom Bundesverfassungsgericht geprüft. Der Stadtstaat Hamburg hatte den Einsatz von Palantir zuletzt abgelehnt.
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Bedenken – auch wegen Nähe zu Donald Trump
Das Unternehmen Palantir wurde 2003 in den USA gegründet – unter anderem von dem deutsch-amerikanischen Tech-Milliardär Peter Thiel. Er ist bekannt für seine libertären und rechtskonservativen Positionen, seine Nähe zu US-Präsident Donald Trump und seine Kritik an liberalen Demokratien. In Europa sehen viele Thiel deshalb kritisch. Auch Datenschützer kritisieren die Software.
"Aus verfassungsrechtlicher Sicht ist beim Einsatz von Softwarelösungen, wie denen von Palantir, besondere Sorgfalt geboten", betonte Hubig. Es gehe "schließlich um sensible Daten unserer Bürgerinnen und Bürger". Es sei "wichtig, dass mögliche Risiken genau geprüft werden, nicht zuletzt, wenn es wie hier um intransparente Algorithmen eines privatwirtschaftlichen Unternehmens geht".
Hubig macht Amtsverständnis klar
Hubig hatte zuvor ihr Amtsverständnis klargestellt und deutlich gemacht, dass es ihr nicht grundsätzlich um eine Auseinandersetzung mit CSU-Mann Dobrindt geht, sondern um die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze: Der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung" (FAZ) sagte sie: "Alexander Dobrindt und ich sind in guten und sehr offenen Gesprächen. Auch der Bundeskanzler hat klargemacht, dass wir rechtsstaatliche, insbesondere europarechtliche Vorgaben beachten werden und dass es keinen deutschen Alleingang geben wird. Das ist der richtige Maßstab."
Hubig war vor ihrer Berufung nach Berlin Bildungsministerin in Rheinland-Pfalz unter Ministerpräsidentin Malu Dreyer und ihrem Nachfolger Alexander Schweitzer (beide SPD). Zuvor hatte die Juristin bereits im Bundesjustizministerium gedient.
- Nachrichtenagentur dpa
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