Es hat auch mit Woltemade zu tun Darum tut Bayern die Wirtz-Watschn doppelt weh

Mit dem Wunschtransfer des FC Bayern von Nick Woltemade bleibt es weiter kompliziert. Verantwortlich dafür ist indirekt auch der geplatzte Deal mit Florian Wirtz.
Mit Luis Díaz, der inklusive möglicher Bonuszahlungen für 75 Millionen Euro vom FC Liverpool kommt, ist der Königstransfer bereits perfekt. Und auch seinem zweiten großen Wunschtransfer des Sommers ist der FC Bayern in dieser Woche schon sehr nahegekommen – zumindest räumlich. Denn Nick Woltemade trainiert seit Montag nun bereits direkt vor den Toren Münchens.
Um genau zu sein: knapp 55 Kilometer südlich in Rottach-Egern am Tegernsee. Der Nationalspieler ist mit dem VfB Stuttgart zum Trainingslager angereist.
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Bei den ersten Einheiten, die der Pokalsieger dort im idyllisch gelegenen Stadion am Birkenmoos absolvierte, stand Woltemade voll im Fokus. Jeder Schritt des Angreifers wurde genau beobachtet. Woltemade ließ sich davon wenig beeindrucken und wirkte wie üblich – trotz Regenwetters und ungemütlichen 13 Grad –, ziemlich entspannt und lässig. Am Teamhotel und am Trainingsplatz schrieb er zahlreiche Autogramme, die bei den Fans sehr begehrt waren. Es könnten schließlich seine letzten als VfB-Spieler gewesen sein.
Stuttgarter Verhandlungsblockade: "Hat sich nichts geändert"
Auch Stuttgarts Sportvorstand Fabian Wohlgemuth wurde in der Bergidylle am Tegernsee ziemlich schnell von den Spekulationen um seinen umworbenen Starspieler eingeholt, als er sich am Montagabend in einer Medienrunde den Fragen der anwesenden Reporter stellte. "Wir haben das öffentlich deutlich und klar genug ausgedrückt, daran hat sich nichts geändert", sagte er, als er zur Haltung des VfB zu einem möglichen Wechsel zu Bayern angesprochen wurde.
VfB-Vorstandschef Alexander Wehrle hatte bereits vor knapp zwei Wochen erklärt, die Schwaben würden sich mit einem Interessenten erst an einen Tisch setzen, "wenn ein Verein etwas Außergewöhnliches" vorhabe und eine dementsprechend "außergewöhnliche Ablösesumme bieten" würde.
Auch das zweite Angebot der Bayern über 50 Millionen Euro plus fünf Millionen Euro Bonuszahlungen sahen die Verantwortlichen des VfB aber nicht in dieser Kategorie. Dementsprechend war der VfB auch bislang nicht zu direkten Verhandlungen mit den Bayern bereit. Vom Abschluss des Transfers ist der Rekordmeister also nach wie vor weit entfernt.
Wohlgemuth stellte klar: "Nick wird mit sehr, sehr großer Wahrscheinlichkeit auch zu unserem Kader in dieser Saison gehören." Angesprochen auf seinen Gemütszustand in dieser Causa gab der Sportvorstand gleichzeitig zu: "Entspannt ist das falsche Wort, aber aktuell ist alles im Fluss – auch mit Nick." Man sei im Austausch.
Auf die Nachfrage, ob sich der FC Bayern zuletzt wieder wegen Woltemade bei ihm gemeldet habe, wollte er "gar nichts 'zu sagen. Wenn es da Kontakt gegeben hat, dann hat der hinter verschlossenen Türen stattgefunden. Das wird unkommentiert bleiben."
Bayerns Vorstandschef Jan-Christian Dreesen sagte am Mittwoch am Rande eines Termins in der Münchner Arena, er würde nicht von verhärteten Fronten zwischen den beiden Klubs sprechen. "Wir hatten ein Angebot abgegeben. Das hat bis dato nicht zu einem Gespräch geführt. Das ist der Status quo", so Dreesen. "Wie es weitergeht, wird man sehen."
Große Zweifel an Woltemade-Deal: "Extrem verfahrene Situation"
Zu Wehrle pflegt Dreesen auf CEO-Ebene ein gutes Verhältnis, genau wie Bayerns Sportvorstand Max Eberl zu Wohlgemuth. Man kennt und schätzt sich. Da trifft es sich doch eigentlich gut, dass Eberl zufällig sogar in Rottach-Egern wohnt – und Bayerns Klubpatron Uli Hoeneß nur wenige Autominuten entfernt im benachbarten Bad Wiessee. Würde sich da ein persönlicher Austausch und ein Transfergipfel am Tegernsee nicht nahezu aufdrängen?
Nein. Denn nach t-online-Informationen ändert diese räumliche Nähe zumindest aus Sicht der Stuttgarter nichts an der bereits kommunizierten klaren Linie. Heißt: Sofern die Bayern nicht zuvor eine deutlich höhere Ablöse für Woltemade bieten, wird es auch keine Verhandlungen darüber geben. Um eine Basis dafür zu schaffen, liegen die jeweiligen Vorstellungen der beiden Parteien nach wie vor zu weit auseinander.
Die Skepsis, dass Woltemade am Ende doch noch nach München wechseln könnte, ist bei vielen Experten und Beteiligten mittlerweile groß. Bei t-online sprach ein Insider von einer "extrem verfahrenen Situation", aus der schon jetzt eigentlich keine der beiden Seiten mehr ohne einen Gesichtsverlust herauskommen könne, um den Transfer doch noch möglich zu machen. Dafür haben beide Seiten ihren jeweiligen Standpunkt öffentlich bereits zu offensiv klargemacht.
Das mögliche Momentum, das die schwere Verletzung von Jamal Musiala (Wadenbeinbruch) bei der Klub-WM den Münchnern eigentlich geboten hat, ließ der Rekordmeister zur Verwunderung vieler Beteiligter ungenutzt. Damit wäre möglicherweise schließlich eben doch eine außerplanmäßig hohe Ablösezahlung zu rechtfertigen gewesen – intern und extern.
Insider: "Wirtz hat für Deutschland neue Dimensionen geschaffen"
Wie aus informierten Kreisen zu vernehmen ist, müssen sich bei dem Transferpoker um Woltemade alle Beteiligten an neue Zahlen gewöhnen. Der Tenor lautet: Das Niveau der Ablösesummen sei insgesamt gestiegen. Florian Wirtz, der für bis zu 140 Millionen Euro zum FC Liverpool gewechselt ist, habe aber vor allem auch "für Deutschland neue Dimensionen geschaffen".
Die Stuttgarter orientieren sich mit ihren Ablösevorstellungen bei Woltemade offenbar genau an diesen neuen Gegebenheiten. Woltemades Marktwert ist nach seinem starken Auftritt bei der U21-EM förmlich explodiert. Der geplatzte Wunschtransfer von Wirtz, der eigentlich das oberste Transferziel der Münchner war, holt die Münchner so erneut ein. Und die Wirtz-Watschn tut den Bayern damit gleich doppelt weh. Schließlich macht Wirtz ihnen nach seiner Absage nun offenbar auch bei der Verpflichtung einer Alternative zumindest indirekt das Leben schwer.
Damit hat Bayern nicht gerechnet
Die Verpflichtung von Woltemade haben sich die Bayern offenbar auf vielen Ebenen einfacher vorgestellt und wohl nicht mit solch einem Widerstand aus Stuttgart gerechnet.
In der Vergangenheit witzelte man über die Abkürzung VfB häufig noch als: Verkaufsstelle für Bayern. Erst in der vergangenen Saison bedienten sich die Münchner dort und holten Hiroki Itō für 23,5 Millionen Euro. Für Benjamin Pavard überwiesen sie 2019 sogar 35 Millionen Euro nach Stuttgart. Auch Mario Gomez (2009: 30 Millionen Euro) oder Giovane Elber (1997: 6,5 Millionen Euro) kamen einst vom VfB nach München.
Doch die Zeiten haben sich mittlerweile geändert. Der VfB ist kein Selbstbedienungsladen mehr für die Bayern. Der große Unterschied ist jetzt, dass Stuttgart nicht mehr auf Erträge aus einem Verkauf von Woltemade angewiesen ist, um den Geschäftsbetrieb aufrechtzuerhalten.
Die wirtschaftlichen Gegebenheiten beim VfB haben sich mittlerweile deutlich verändert und verbessert – nicht zuletzt durch den Einstieg des Autobauers Porsche. Stuttgart muss seine Leistungsträger nicht mehr feilbieten. Das bekommen jetzt auch die Bayern zu spüren.
- Eigene Recherche und Hintergrundgespräche
- Presserunde mit Fabian Wohlgemuth am 28. Juli in Rottach-Egern