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Bundesliga – Katja Kraus: Weshalb Frauen im Männerfußball keine Chance haben


Mangel an weiblichen Führungskräften
Weshalb Frauen im Männerfußball oft keine Chance haben

Von Benjamin Zurmühl

Aktualisiert am 11.10.2019Lesedauer: 4 Min.
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Katja Kraus: Kennt die Situation als Frau in einer Führungsposition eines Fußballklubs gut.Vergrößern des Bildes
Katja Kraus: Kennt die Situation als Frau in einer Führungsposition eines Fußballklubs gut. (Quelle: Jung von Matt/SPORTS)

Weibliche Manager, Sportdirektoren oder Geschäftsführer sind bei deutschen Fußballklubs kaum zu finden. Eine neue Studie gibt einen Einblick in die Gründe für den Frauenmangel.

Wenn Sie an Frauen im Fußball denken, fallen Ihnen in erster Linie wahrscheinlich aktive oder ehemalige Nationalspielerinnen ein. Womöglich auch Trainerinnen wie Silvia Neid oder Martina Voss-Tecklenburg. Doch wenn man Sie nach Frauen in Führungspositionen im Männerfußball fragt, an wen denken Sie dann?

Fans des FC St. Pauli haben womöglich Sandra Schwedler im Sinn, die Aufsichtsratsvorsitzende des Klubs. Fans des Hamburger SV denken vielleicht an Katja Kraus, die lange Jahre im Vorstand tätig war. Und manchem Fan des FC Bayern fällt Kathleen Krüger ein, die als Teammanagerin alle Spieler betreut.

Doch viel mehr Beispiele gibt es nicht. Das liegt nicht daran, dass die Fans ihre Vereine schlecht kennen. Es liegt schlichtweg daran, dass es kaum mehr Frauen in Verantwortung im Männerbereich bei Profivereinen gibt. Laut einer Studie des Antidiskriminierungsnetzwerkes Fare (Football Against Racism in Europe) waren 2017 nur 3,7 Prozent der Führungspositionen im europäischen Fußball von Frauen besetzt.

Eine "frappierende Diskrepanz"

Aktuellere Zahlen zeigen nicht wirklich eine Trendwende. Laut der "Welt am Sonntag" waren im Februar 2019 weniger als fünf Prozent der Posten in Präsidien, Vorständen und Aufsichtsräten der deutschen Bundesligisten an Frauen vergeben.

Dieser Mangel im Männerfußball ist Katja Kraus ein Dorn im Auge. Denn sie war lange Zeit eine dieser "Raritäten", eine der wenigen Frauen, umgeben von zahlreichen Männern. Als ehemaliges Vorstandsmitglied des Hamburger SV, kennt sie die Bundesliga in- und auswendig.

Dass sich auch 2019 an dem Frauenmangel nichts getan hat, ist für sie unbegreiflich. "Der Sport lebt von seiner Vielfalt. Die bildet sich in den Entscheidungsgremien allerdings nicht ab. Insbesondere im Fußball ist die Diskrepanz frappierend", erklärt sie t-online.de. Nun hat sie mit ihrer Firma Jung von Matt/Sports eine Studie zum Thema "Frauenkarrieren im Sport" ins Leben gerufen.

Das ist Katja Kraus:
Sie war Fußball-Nationaltorhüterin, deutsche Fußballmeisterin und nahm an den Olympischen Spielen 1996 teil. Kurz gesagt: Katja Kraus hat eine erfolgreiche Karriere als Fußballspielerin hinter sich. Nach ihrem aktiven Karriereende blieb sie dem Fußball treu und begann als Pressesprecherin bei Eintracht Frankfurt, ehe sie beim HSV Vorstand für Kommunikation und Marketing wurde. Damit ist sie bis heute die einzige Frau in einer Managementposition bei einem deutschen Klub. Nach acht Jahren beim HSV war sie Mitgründerin der erfolgreichen Sportmarketingagentur Jung von Matt/Sports und führt diese als Geschäftsführerin mit Holger Hansen und Robert Zitzmann. Seit 2014 ist sie im Aufsichtsrat von Adidas. Zudem hat sie zwei Sachbücher veröffentlicht.

Ziel der Studie war es, herauszufinden, was die Gründe dafür sind, dass so wenig Frauen in entscheidenden Rollen bei Fußballvereinen tätig sind. Dafür wurden diverse Frauen und Männer aus der Branche befragt, die verschiedene Positionen innehaben. Darunter auch Bundesliga-Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus oder Marco Bode, Aufsichtsratsvorsitzender von Werder Bremen.

"Es gibt zu wenige sichtbare Vorbilder"

Die Antworten der weiblichen Gesprächspartner sorgten bei Kraus für Entsetzen: "Die Tatsache, dass sich mehr als die Hälfte der Frauen in ihrem Karriereverlauf gehindert fühlen, weil sie Frauen sind, ist erschreckend. Viele Frauen beschreiben die Hermetik bestehender Männernetzwerke und fehlende eigene Plattformen zum Austausch und zur Unterstützung."


Was ebenfalls fehlt: Frauen, mit denen sich andere Frauen identifizieren können. "Es gibt zu wenige sichtbare Vorbilder an der Spitze von Vereinen und Verbänden", so Kraus. Das Gegenargument zu dieser Aussage lautet meistens, dass keine Frauen da seien. Sobald ein offener Posten zur Verfügung stehe, würden lediglich Männer bereitstehen.

Kraus: "Das ist lustig und vermutlich sogar wahr, denn es kommen sicher selten Frauen vorbei, die sich anmelden, um Vorstandsvorsitzende oder Finanzchefin zu werden. Wenn man Veränderung will, muss man dazu einladen. Und bereit sein, das System zu verändern."

Fußball und Familie

Für eine solche Neuordnung schlägt die langjährige Nationalspielerin vor, die Arbeit aufzuteilen. Posten wie die des Sportdirektors oder Managers sollten nicht einfach, sondern mehrfach besetzt werden. "Wir müssen weiter denken, neu denken. [...] Geteilte Führungspositionen anbieten." Davon würden alle profitieren. Sowohl Männer als auch Frauen. Erst recht beim Thema Familienplanung. "Es muss im Jahr 2019 möglich sein, Kinder zu haben und alles erreichen zu können, was man will und wofür man qualifiziert ist. Es ist ein ungeheures Potenzial, das brachliegt, wenn es nicht die Bereitschaft gibt, den Rahmen anders zu setzen", erklärt Kraus.

Dass es keine geeigneten Frauen gebe, hält sie für Unfug. "Ich kann verstehen, dass es noch keine Trainerinnen in der Männer-Bundesliga gibt. Das liegt an der absoluten Zahl der bislang auf Topniveau ausgebildeten Frauen. Aber warum es keinen weiblichen Chefscout oder einen weiblichen Sportvorstand gibt, dafür finde ich keine zulässige Begründung. Über die Besetzung anderer Managementfunktionen müssen wir ohnehin nicht sprechen."


Neben dem Argument, dass es nur männliche Kandidaten gibt, zeigte die Studie aber auch auf, dass das Thema Resonanz der Öffentlichkeit für viele ein Hinderungsgrund ist, Frauen einzustellen. Die Angst vor Reaktionen der Fans ist demnach zu groß. Dass das tatsächlich so sei, kann sich Kraus kaum vorstellen.

"Ich glaube nicht, dass Fans ein Problem damit hätten, wenn eine Frau Sportvorstand wird." Aber: "Womöglich wird die Beurteilung härter, wenn der Erfolg ausbleibt." Das gilt es aber auszuhalten. Ob man will oder nicht.

Das Idealbeispiel

Ganz aus der Verantwortung ziehen will Kraus die Frauen aber auch nicht. Sie fordert mehr Selbstbewusstsein. "Strukturen verändern sich nicht von innen heraus, deshalb sollten Frauen durch eigene Ansprüche den Druck erhöhen. Sie sollten sich vernetzen, sich gegenseitig unterstützen. Wirkliche Kraft entsteht aus einer Vielzahl", so Kraus. Ein Idealbeispiel hat sie auch parat: Schiedsrichterin Bibiana Steinhaus.

"Es ist wunderbar, dass sie jetzt Männerspiele leitet. Selbstverständlich wird es erst, wenn viele Frauen Bundesliga-Schiedsrichterinnen sind und das Geschlecht kein Thema mehr ist." Bis dahin ist es noch ein weiter Weg. Doch er ist möglich. Alles, was es dafür braucht, sind Mut und ein fester Wille.

Verwendete Quellen
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