t-online - Nachrichten für Deutschland
t-online - Nachrichten für Deutschland
Such IconE-Mail IconMenü Icon



HomeSportFußballFußball international

Neapel-Fan trauert um Maradona: "Mit Diego fühlte ich mich unsterblich"


Neapel-Fan trauert um Maradona
"Mit Diego an meiner Seite fühlte ich mich unsterblich"

InterviewVon Robert Hiersemann

26.11.2020Lesedauer: 3 Min.
Interview
Unsere Interview-Regel

Der Gesprächspartner muss auf jede unserer Fragen antworten. Anschließend bekommt er seine Antworten vorgelegt und kann sie autorisieren.

Zum journalistischen Leitbild von t-online.
Diego Maradona bejubelt 1987 das Erringen des Meistertitels im ausverkauften Stadio San Paolo von Neapel.Vergrößern des Bildes
Diego Maradona bejubelt 1987 das Erringen des Meistertitels im ausverkauften Stadio San Paolo von Neapel. (Quelle: Buzzi/imago-images-bilder)

In der italienischen Hafenstadt Neapel wird die verstorbene Fußball-Ikone Diego Maradona besonders verehrt. Für t-online erklärt ein ortsansässiger Fan, was den Mythos "Diego" so auszeichnet.

Die Meldung vom Tode seines großen Idols zog ihm den Boden unter den Füßen weg. Castello Girace fing an zu weinen und schaltete sofort den Fernseher ab, in dem die Eilmeldung rauf unter runter lief.

"Unser Diego Armando Maradona ist tot? Das kann nicht sein. Diego ist doch unsterblich", so die ersten Gedanken des 42-jährigen gebürtigen Neapolitaners.

Hier, in seiner Stadt, sah er ihn im Stadio San Paolo zaubern. Er verliebte sich in den kleingewachsenen Argentinier, so, wie wohl auch jeder andere Bewohner Neapels.

Nun ist Maradona tot. Und einer seiner größten Fans erinnert sich noch einmal zurück. Wie wichtig war dieser Jahrhundert-Fußballer für ihn, aber speziell seine Heimat?

t-online: Herr Girace, wie erfuhren Sie vom Tode Maradonas?

Catello Girace (42): Viele Freunde haben angerufen, mir geschrieben, mich via Social Media kontaktiert, um mir mitzuteilen, dass Diego gestorben ist. Es war so, als würde man mich erreichen wollen, weil ein Verwandter verstorben ist. Das habe ich noch nie erlebt. Ihm ging es zuletzt ja schon gesundheitlich nicht gut. Ich habe für ihn gebetet. Nun trifft mich sein Tod umso härter. Ich kann kaum klar denken.

Ihre erste Reaktion nach der schlimmen Meldung?

Ich habe bestimmt eine Stunde lang geweint und sofort den Fernseher ausgeschaltet, weil ich es nicht wahrhaben wollte. So wie wahrscheinlich alle Napoletani es getan haben.

Was bedeutet Maradona für die Stadt Neapel?

Erlösung! Das ist das einzige Wort, das dir jeder Napoletani sagen wird, wenn es um Diego geht. Diego hat unsere sportliche Erlösung gebracht, aber uns vor allem auch als Menschen sichtbar gemacht: Es war eine Rebellion gegen die Macht des reichen Nordens, ausgehend aus einer armen Stadt im Süden, die immer diskriminiert und nie beachtet wurde. Wir waren auf einmal Menschen, die endlich selbstbewusst und mit erhobenem Haupt durch Italien und die ganze Welt gehen konnten. Wir waren so stolz auf unseren Mitstreiter, unseren Diego. Maradona, ein Argentinier, der in armen Verhältnissen geboren war, spiegelte Napoli und die Napoletani so gut wider. Die ganze Stadt behandelte ihn wie den eigenen Sohn.

Woran denken Sie als Napoli-Fan als erstes, wenn Sie den Namen Diego Armando Maradona hören?

Wenn ich an Diego denke, denke ich an tausende glückliche Momente, die ich dank ihm erleben durfte: die Sonntage im Stadion oder die Auswärtsspiele, die wir im Radio hörten. Mit Diego an meiner Seite fühlte ich mich unsterblich.

Sie waren ein Kind, als Maradona zu Ihrem Verein wechselte.

Das beste Alter, um mit ihm aufzuwachsen. Die Nachricht, dass Diego nach Napoli kommt, war für uns eine riesige Überraschung, verbunden mit unbeschreiblichen Emotionen. Dieser Superstar hatte sich entschieden für eine Mannschaft zu spielen, die zuvor nie etwas gewonnen hatte. Der Goldjunge wurde ein Sohn Napolis. Maradona war in Napoli schon ein Idol, noch bevor er überhaupt das Trikot trug. Als er vorgestellt wurde, im Stadio San Paolo, waren 60.000 Fans anwesend, nur um zu sehen wie er sich vorstellt, uns begrüßt, mit dem Ball jongliert: So etwas gab es zuvor in Napoli nicht. Wir alle spürten, dass etwas Magisches passieren würde.

Wann haben Sie ihn das erste Mal im Stadion spielen sehen?

Das war 1987 im Stadio San Paolo. Ich war gerade mal zehn Jahre alt und mein Vater, ein riesiger Napoli-Fan, nahm mich mit ins Stadion. Das war im Januar, ein regnerischer Tag. Napoli gewann gegen die Mannschaft, die unbestritten der Erzfeind Nummer ein war (Juventus Turin, Anm. d. Red.), mit 2:1 und baute so den Vorsprung aus, der am Ende den ersten nationalen Titel der Vereinsgeschichte bedeutete. Eine Erinnerung, die ich mir niemals nehmen lassen werde und die ganz eng mit Diego verknüpft ist.

Was wird von Maradona in Neapel bleiben?

In Napoli gibt es viele kleine Altare, die an ihn erinnern. Für ihn empfinden wir Napoletani wie sonst nur für einen Heiligen. Dies soll bitte nicht als Blasphemie verstanden werden. Wir haben großen Respekt vor allen Religionen, aber diejenigen, die keine Neapolitaner sind, können nicht verstehen, dass Maradona ein Gott für uns ist. Dieser Kult wird jetzt noch wachsen: Viele Kinder, die Diego selbst nie haben spielen sehen, sprechen von ihm als Idol, denn in jeder Familie, in jeder Bar, in jedem Moment in dieser Stadt, hören sie von der Legende namens Maradona.

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...

ShoppingAnzeigen

Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...
Loading...



TelekomCo2 Neutrale Website