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"One Love"-Skandal der Katar-WM: "Die Mafia gewinnt immer"


Presse zum Skandal um "One Love"-Binde
"Die Mafia gewinnt immer"

Von t-online, dpa, aj

Aktualisiert am 22.11.2022Lesedauer: 4 Min.
Fifa-Präsident Gianni Infantino mit Katars Premierminister Sheikh Khalid bin Khalifa: Die Kritik an der WM reißt nicht ab.Vergrößern des BildesFifa-Präsident Gianni Infantino mit Katars Premierminister Sheikh Khalid bin Khalifa: Die Kritik an der WM reißt nicht ab. (Quelle: Jonas Ekströmer/TT/imago-images-bilder)
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Deutschland und andere Nationen tragen bei der WM in Katar nicht wie geplant die "One Love"-Kapitänsbinde. Die deutsche Presse reagiert mit scharfer Kritik.

Kapitän Manuel Neuer wird bei den WM-Spielen der deutschen Fußballnationalmannschaft in Katar nun doch nicht mit der "One Love"-Kapitänsbinde auflaufen. Der Deutsche Fußball-Bund (DFB) und die neun anderen an der Aktion für Gleichberechtigung und Meinungsfreiheit beteiligten Verbände verzichten auf das Symbol.

Auch die deutsche Presse kommentiert die Entscheidung – und übt dabei massive Kritik am Deutschen Fußballbund. Ein Überblick.

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Die "Frankfurter Allgemeine Zeitung" kritisiert die Fifa scharf: "(...) Wie genüsslich die Fifa die Europäer in den Hinterhalt tappen ließ, zeigt das 'Angebot', das sie im Gegenzug offerierte: Nach Art des Hauses, mit all ihrer zynischen Gönnerhaftigkeit, bietet sie nun an, eine Binde, die laut Fifa erst ab dem Viertelfinale vorgesehen war, dürfe unverzüglich getragen werden. Aufschrift: No discrimination, keine Diskriminierung. Infantino geht es also nicht um die Botschaft. Es geht ihm um die Macht. (...)"

t-online-Sportchef Andreas Becker bezeichnet Deutschlands Verzicht auf die "One Love"-Binde als "jämmerlich": "Dass der DFB, der größte Fußballverband der Welt, der sich selbst immer für seine Wohltätigkeit rühmt, aber auch alle anderen neun Verbände eingeknickt sind – es sendet ein trauriges Zeichen in die Welt aus. An die LGBTQ-Gemeinschaft, die Menschen, die gerade im Iran für ihre Freiheit auf die Straße gehen – an alle Menschen, die für Meinungsfreiheit und Gleichberechtigung kämpfen."

In der "Badischen Zeitung" (Freiburg) werden zudem die betroffenen Nationen in die Verantwortung genommen: "Schwach ist (...) auch die Reaktion der betroffenen Nationen. Sie sind eingeknickt. Er habe die volle Rückendeckung des Deutschen Fußball-Bundes (DFB) und keine Angst vor möglichen Konsequenzen, hatte der deutsche Kapitän Manuel Neuer gerade noch betont. DFB-Präsident Bernd Neuendorf stützte den Kurs öffentlich. Zweifellos ist es schofel von der Fifa, Spieler in diese missliche Lage zu bringen. Andererseits stehen die vollmundigen Ankündigungen von Neuer und Co. im Raum. Sie hatten eine besondere Bedeutung bei diesem Turnier, bei dem von vornherein klar war, dass sich nicht alles um Fußball drehen kann ..."

In der "Hannoversche Allgemeinen Zeitung" hebt der Autor den Mut der iranischen Spieler hervor: "Wie mutig war die iranische Nationalmannschaft, die aus Protest gegen die Zustände im eigenen Land bei der Nationalhymne schwieg. DFB-Präsident Bernd Neuendorf hatte eine deutliche Haltung angekündigt. Seine Worte waren nur leere Hülsen. Man wolle die Konfrontation nicht auf dem Rücken der Nationalspieler austragen, so die feige Begründung des Bindenrückzugs. Manuel Neuer und Co. sind Teil des sportpolitischen Machtkampfs und können einem dabei nur leidtun. Denn der große Verlierer ist am Ende der gesamte Fußball."

Im "Weser-Kurier" (Bremen) werden die Verbände kritisiert: "Mit anderen Worten: Nur die Fifa bestimmt, welche Botschaften die Mannschaften verbreiten dürfen. Schlimm ist, dass diese Politik funktioniert. Es wäre großartig gewesen, wenn die Verbände dem Weltverband die Stirn geboten und in letzter Konsequenz womöglich gar nicht erst angetreten wären. So aber ist klar: Am Ende geht sportlicher Erfolg über Menschenrechte."

In den "OM-Medien" (Vechta/Cloppenburg) ist zu lesen: "Dass die Weltverschlossenen weiter weltverschlossen bleiben werden, war doch klar. Dass die Weltoffenen nicht in aller Konsequenz für ihre Werte einstehen, ist traurig. Aus Angst vor Sanktionen auf ein Statement für Menschenrechte zu verzichten – das ist peinlich. Die nationalen Verbände ziehen den Schwanz ein, die Fifa gewinnt, Katar sowieso. Und jetzt liegt die Verantwortung wieder bei den kleinsten Rädchen im WM-System: den Spielern. Riskieren sie Strafen oder verzichten sie drauf? Verlangen darf man von ihnen nichts."

Im "Kölner Stadt-Anzeiger" wird ähnlich kommentiert: "Mit diesem Akt der Unterwürfigkeit geben die nach eigener Einschätzung guten Nationen dem zynischen Fifa-Präsidenten Infantino vollumfänglich recht, der dem Westen Doppelmoral unterstellt. Denn genau das ist es, was hier bewiesen wird. Und Feigheit ist es auch."

In "Bild" ist von einem Glaubwürdigkeitsverlust der Nationalelf die Rede: "Der deutschen Nationalelf verdankt unser Land viele besondere Momente. Das Wunder von Bern 1954, der Wiedervereinigungs-Titel 1990 oder das historische 7:1 gegen Brasilien 2014. Der 21. November 2022 wird ebenfalls in die Geschichte eingehen. Als ein Tag der Schande. Es ist der Tag, an dem DFB & Nationalelf vor den Augen der ganzen Welt viel von ihrer Glaubwürdigkeit verspielt haben. Die Einknicker der Nation sind tatsächlich zu feige, eine Spielführerbinde mit der Aufschrift "One Love" zu tragen."

In der "Frankfurter Rundschau" stellt der Autor die Fifa mit einer "korrupten Bande" gleich: "'Die Mafia gewinnt immer', lautet eine Redewendung in Italien. Und genauso verhält es sich mit der Fifa, die sich erdreistete, mit sportlichen Sanktionen zu drohen, sollten die acht europäischen Kapitäne in Katar mit der "One Love"-Binde auflaufen. Fast noch schlimmer als diese Entscheidung ist das Einknicken der Verbände vor dieser Erpressung, auch des DFB. Die Nationen verpassten damit eine Chance, Infantino und seiner korrupten Bande auf größtmöglicher Bühne entgegenzutreten."

In dem Kommentar der "Berliner Zeitung" wird der Konflikt zwischen Politik und Sport hervorgehoben: "Es war in der Geschichte der Weltmeisterschaften schon immer zum Scheitern verurteilt, das Verhältnis von akuten sozialen und politischen Fragen mit den Bedürfnissen eines sich in Wertfreiheit ergebenden Fußballs in Einklang bringen zu wollen. In Katar aber, so scheint es, geht der so beliebte Ballsport gerade unter im Whirlpool der Lächerlichkeit. Robert Habecks unglückliche Geste, die er sich inzwischen vermutlich selbst kaum verzeihen kann, wirkt angesichts des "One Love"-Theaters fast wie eine starke Geste des Selbstvertrauens und der Souveränität."

Die WM in Katar läuft. t-online ist mit vor Ort und berichtet über das brisanteste Turnier der Fußballgeschichte. Mit dem WM-Push verpassen Sie keine News mehr. Hier können Sie ihn abonnieren.

Verwendete Quellen
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