Überraschung in Südkorea Während Fahrt: Zugführer wird zum Minister ernannt

Kim Young-hoon war gerade auf der Arbeit, als er zum neuen Arbeitsminister Südkoreas ernannt wurde. Die Opposition stellt seine Eignung in Frage.
Kim Young-hoon hat erst nach seiner Schicht erfahren, dass er zum neuen Arbeitsminister Südkoreas nominiert wurde. Am Montagnachmittag wurde die Ernennung des neuen Kabinetts durch Präsident Lee Jae-Myung bekannt gegeben – Kim Young-hoon, ein aktiver Zugführer, war zu diesem Zeitpunkt gerade auf der Strecke zwischen Gimcheon und Busan unterwegs.
Wie er der Nachrichtenagentur Yonhap berichtete, hatte er sein Handy während der Fahrt ausgeschaltet. Erst eine Stunde nach Bekanntgabe der Entscheidung und nach dem Aussteigen am Bahnhof Gimcheon erfuhr er von Kollegen, dass er zum designierten Arbeitsminister ernannt worden war.
Der erste Arbeiter an der Spitze des Arbeitsministeriums
Der liberale Lee Jae-Myung gewann im Juni die vorgezogene Präsidentschaftswahl und übernahm kurz danach die Amtsgeschäfte. Die Wahl war notwendig geworden, nachdem sein konservativer Vorgänger Yoon Suk Yeol das Kriegsrecht ausgerufen und kurz darauf abgesetzt wurde. Insgesamt nominierte Lee elf neue Minister, darunter auch mehrere Personen aus der Privatwirtschaft.

Kim Young-hoon wird der erste Arbeiter an der Spitze des Ministeriums für Beschäftigung und Arbeit. Seit der Gründung des Ministeriums im Jahr 2010 wurden bisher vor allem Verwaltungsbeamte und Politiker berufen. Das Präsidialamt erklärte, Kim sei ein "Vertreter der Arbeitnehmer", der sich etwa dafür einsetzen werde, Arbeitsunfälle zu reduzieren und Reformen wie die 4,5-Tage-Woche umzusetzen.
In Südkorea beklagen Arbeitnehmer seit Jahren prekäre Arbeitsbedingungen. Die Arbeitskultur ist von Hierarchien und langen Arbeitszeiten geprägt, Überstunden sind vielerorts die Regel. Zudem herrschen in vielen Betrieben hoher Leistungsdruck und gefährliche Arbeitsbedingungen, während gleichzeitig die gewerkschaftliche Mitbestimmung begrenzt bleibt.
Kim war von 2010 bis 2012 Vorsitzender des Koreanischen Gewerkschaftsbunds (KCTU), der mit rund 1,2 Millionen Mitgliedern als einflussreichste Gewerkschaft des Landes gilt. Die KCTU ist für ihren konfrontativen Kurs bekannt und geriet in der Vergangenheit wegen Protest und Streik wiederholt mit der Regierung aneinander.
Opposition warnt vor Gewerkschaftseinfluss
Die Nominierung stieß auf geteilte Reaktionen. Während Gewerkschaften die Entscheidung begrüßten, warnte die konservative People Power Party (PPP) vor einem zu starken Einfluss der Gewerkschaften auf die Regierungspolitik. Song Eon-seog, Fraktionsvorsitzender der PPP, warnte vor der Umsetzung einer gewerkschaftlichen Agenda im Staatsapparat.
Auch der konservative Kommentator Jang Seong-cheol äußerte sich kritisch. In einer Radiosendung stellte er Kims Eignung als Verwaltungschef infrage: "Die Verwaltung eines Ministeriums ist eine große Verantwortung. Es besteht die Gefahr, von Bürokraten umzingelt zu werden." Er warnte zudem vor potenziellen Konflikten zwischen dem neuen Minister und seinem Haus, sollte er eine gewerkschaftsnahe Agenda konsequent verfolgen.
Die Ernennung muss noch durch eine parlamentarische Anhörung bestätigt werden. Die regierende Demokratische Partei Koreas verfügt dort derzeit über eine Mehrheit.