Machtkampf beim Rekordmeister Der Traum-Nachfolger kommt ausgerechnet vom Rivalen
Die subjektive Sicht zweier Autoren auf ein Thema. Niemand muss diese Meinungen übernehmen, aber sie können zum Nachdenken anregen.
Der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern steht gewaltig unter Druck. Ein interner Machtkampf und ein eskalierter Disput belasten seine Position. Hat er trotzdem eine Zukunft beim Rekordmeister?
Jan-Christian Dreesen steht beim FC Bayern massiv unter Druck. Seit seinem Amtsantritt als Vorstandsvorsitzender im Mai 2023 reißt die Kritik an seiner Führung nicht ab. Wie die "AZ" nun berichtet, soll spätestens im nun kommenden Winter Klarheit über Dreesens Zukunft herrschen. Geht's weiter oder endet die Zusammenarbeit sogar schon, bevor Dreesens Vertrag im Sommer 2025 ausläuft? Demnach soll am 11. November, dem Tag der Aufsichtsratssitzung, darüber diskutiert werden. Laut Sky hat der Aufsichtsratsvorsitzende Herbert Hainer bereits begonnen, sowohl intern als auch extern Meinungen zur Personalie einzuholen.
Die Vorzeichen für Kahn-Nachfolger Dreesen seien demnach schlecht.
Das "Manager Magazin" berichtet dementsprechend von einem internen Machtkampf beim Rekordmeister – und einem brisanten Vorfall. Ein Disput zwischen Dreesen und einer Mitarbeiterin soll eskaliert sein. Dreesen soll die Frau beschimpft und mit einer Zeitschrift beworfen haben. Allerdings soll der Vorfall drei Jahre alt sein, was laut "Kicker" darauf schließen lässt, dass diese "in Insider-Kreisen längst bekannte Geschichte" bewusst lanciert wurde, um Dreesen zu schaden.
Spielt diese Geschichte bei der Entscheidung über die Zukunft von Dreesen eine Rolle? Oder ist der 57-Jährige ohnehin schon in Ungnade gefallen, weil er als Präsidiumsmitglied der DFL an einer verpatzten Auktion der TV-Rechte beteiligt war? Die DFL hatte zunächst Pay-TV-Sender Sky den Zuschlag gegeben, obwohl der Streamingdienst DAZN mehr Geld geboten hatte. Ein Schiedsgericht entschied daraufhin, dass die Auktion wiederholt werden muss. Dreesen sollte angeblich ein Amt bei der DFL abgeben, tat dies allerdings nicht.
Der "Kicker" berichtet entgegen anderer Medien, dass die Tendenz beim FC Bayern sehr klar dahin gehe, mit dem 57-Jährigen zu verlängern – und dass diese Themen bei der Bewertung nicht den Ausschlag geben. Allein schon die unterschiedlichen Berichte sprechen dafür, dass es unterschiedliche Strömungen und Ansichten im Verein gibt.
So lautet die zentrale Frage:
Sollte Bayern mit Dreesen verlängern?
Ja, Dreesen ist ein Glücksgriff
Kurz vor der Entscheidung über Dreesens Zukunft taucht eine uralte Geschichte in den Medien auf, wie er eine Mitarbeiterin mit einer Zeitschrift beworfen haben soll? Das ist kein Zufall. Das ist Zeugnis eines unschönen Machtkampfes. Eines miesen Spiels von jemandem, der auf seinen Posten schielt.
Statt Dreesen vor die Tür zu setzen, sollte der Aufsichtsrat ihn lieber unterstützen, seinen Laden aufzuräumen und von Mitarbeitern zu befreien, die solche Geschichten lancieren.
Nur zur Erinnerung: Dreesen wollte sich eigentlich ganz zurückziehen, stellte seine persönlichen Interessen aber zurück, um dem Verein im Mai 2023 in der Not zu helfen und als Nachfolger von Kahn einzuspringen. Schon dafür hat er Dankbarkeit verdient, zumal er sich anschließend als Glücksgriff entpuppte.
In turbulenten Zeiten und sportlichen Krisen behielt er stets einen kühlen Kopf. Er repräsentiert den FC Bayern viel sympathischer als seine Vorgänger Kahn, Rummenigge oder Ehrenpräsident Uli Hoeneß. Er nimmt sich – allem Anschein nach und im Vergleich zu vielen anderen bei Bayern – nicht wichtiger, als er ist.
Entscheidend sind aber letztlich die Fakten: Mit Dreesen steuert der Verein wirtschaftlich auf ein Top-Ergebnis zu und ist sportlich wieder da, wo er hinwollte: an der Spitze der Bundesliga – und das mit bemerkenswertem Offensivfußball.
Nein, der interne Machtkampf entlarvt Dreesen
Jan-Christian Dreesen steht im Zentrum eines Führungschaos, das den FC Bayern in eine tiefe Krise zu stürzen droht. Die Vorwürfe, er habe eine Mitarbeiterin attackiert – völlig egal, wann sich dieser Vorfall ereignete – sind alarmierend und entlarven eine Führungskultur, die aus den Fugen geraten ist.
Das bringt das Fass nur zum Überlaufen. Dreesen ist als Vorstandsvorsitzender letztlich verantwortlich für die Turbulenzen der vergangenen eineinhalb Jahre und die erste titellose Saison seit 2012. Und dann hat er auch noch als Präsidiumsmitglied der DFL die missglückte TV-Rechte-Auktion mitzuverantworten, die gerade bei Bayern zu viel Ärger führte. Kein Wunder, dass Dreesen in Ungnade gefallen ist.
Bayern braucht eine starke Führung – Dreesen hat bewiesen, dass er für das Gegenteil steht.
Alles neu bei Bayern: Der Verein muss schnell einen Anführer finden, der den Klub als Vorstandsvorsitzender vereint, Respekt genießt und weniger Fehler macht. Eine Führungskraft, die Fußballkompetenz und Führungsstärke vereint. Eine wie Leverkusens Geschäftsführer Simon Rolfes oder Bayern-Vereinsgröße Philipp Lahm. Bayern muss radikal umdenken und das Experiment mit Dreesen beenden, bevor das Führungschaos den Klub weiter herunterzieht. Am besten wäre die Verpflichtung von Rolfes für den Rekordmeister – der kann dann möglicherweise auch irgendwann noch Toptrainer Xabi Alonso aus Leverkusen hinterher holen.
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