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Zum journalistischen Leitbild von t-online.Kann Deutschland den Sieg holen? Das sagen ESC-Fans in Basel über den deutschen Song

Am Donnerstagabend tritt das Duo Abor und Tynna erstmals für Deutschland auf die große ESC-Bühne. Hierzulande gibt es viel Kritik – aber gilt das auch für die internationalen Fans?
Tobias Schibilla berichtet vom Eurovision Song Contest aus Basel.
Die deutschen ESC-Beiträge beim Eurovision Song Contest haben es in ihrem Heimatland häufig schwer. Die Kommentarspalten in den sozialen Medien sind voll mit Kritik und abfälligen Bemerkungen. So ergeht es auch dem österreichischen Duo Abor und Tynna, die Deutschland in diesem Jahr beim größten Musikwettbewerb der Welt mit ihrem Song "Baller" vertreten. Warum Österreicher für Deutschland beim ESC antreten, lesen Sie hier.
"Das balalalalallert uns auf den letzten Platz", merkt ein Nutzer hämisch in einem Kommentar auf der Videoplattform TikTok an. "Warum schicken wir nicht mal gute Bands", fragt ein anderer. Und auch in einer nicht repräsentativen Umfrage für t-online ist fast die Hälfte der mehr als 5.000 Teilnehmer der Meinung, dass Abor und Tynna auf einem der letzten sechs Plätze landen werden.
- Wo landet Deutschland beim ESC? Stimmen Sie hier ab!
Im Ausland sieht das allerdings anders aus. In der App "My Eurovision Scoreboard" haben mehr als 500.000 Nutzer aus ganz Europa ihre Favoriten für den ESC festgelegt. Während viele Deutsche wieder einen der hinteren Plätze fürchten, landen Abor und Tynna bei den internationalen ESC-Fans auf einem respektablen siebten Platz. Sollten sie diese Platzierung erreichen, wäre es das beste Ergebnis für einen deutschen ESC-Beitrag seit 2018, als der Sänger Michael Schulte sensationell auf dem vierten Platz landete.
Auch bei den Eurovision-Fans in Basel, wo der ESC in diesem Jahr stattfindet, weiß der deutsche Beitrag zu überzeugen. t-online-Reporter Tobias Schibilla hat sich auf die Straßen der Stadt im Dreiländereck begeben und die angereisten Zuschauer gefragt, was sie vom Song "Baller" halten und welche Platzierung sie Abor und Tynna beim Finale am Samstag zutrauen.
Nina: "Der Mix aus Klassik und Moderne ist fantastisch"
Die Britin Nina ist aus der Gegend um Birmingham nach Basel gereist, um beim ESC live vor Ort zu sein. Sie steht am Eingang der "Eurovision Street" – einer Straße, in der rund um den Musikwettbewerb viele Veranstaltungen stattfinden. "Ich liebe Abor und Tynna", sagt sie im Gespräch mit t-online. "Baller" sei einer ihrer fünf Lieblingssongs im Wettbewerb. "Der Mix aus klassischer Musik und modernem Uptempo-Beat ist fantastisch", führt die junge Britin weiter aus.
"Man merkt, dass Abor und Tynna aus einer Musikerfamilie kommen", so Nina. Auch dass der deutsche ESC-Beitrag auf Deutsch gesungen werde, gefalle ihr sehr. "Das ist eine Ewigkeit her", erklärt sie. "Dabei ist Deutsch so eine schöne Sprache – und zum ESC gehört es auch, dass viele verschiedene Länder ihre Kultur und ihre Sprache präsentieren.
Am Mittwochabend habe sie sich die Probe für das Halbfinale angeschaut und "Baller" dabei bereits live gesehen. "Im Vorhinein gab es ja viel Kritik an Tynnas Stimme", erklärt Nina. "Aber bei der Probe hat sie wirklich abgeliefert." Die Britin glaubt, dass Abor und Tynna einen besseren Platz erreichen werden als Isaak, der im vergangenen Jahr auf dem 11. Platz landete.
Kamilė und Domantas: "Wir lieben Abor und Tynna"
Ein paar Meter weiter, auf dem "Eurovision Square" in Basel, ist eine große Bühne aufgebaut. Hier finden während der gesamten ESC-Woche Konzerte und Karaoke-Wettbewerbe statt. Kamilė und Domantas aus Litauen machen hier Fotos von sich, die sie später auf Instagram posten wollen.
'Baller' klingt so, wie ich mir die wilden Partys in Berlin vorstelle.
ESC-Fan Kamilė
"Wir lieben Abor und Tynna", sagt Kamilė im Gespräch mit t-online fröhlich. "Endlich schickt Deutschland mal wieder einen Song auf Deutsch zum ESC", merkt Domantas an. Auch er findet die deutsche Sprache schön und hofft, dass diese "fantastische Sprache" häufiger beim ESC vorkommt.
Doch auch musikalisch sind Kamilė und Domantas von Abor und Tynna überzeugt: "Deutschland hat in der Vergangenheit oft langweilige Balladen zum ESC geschickt", erklärt Kamilė grinsend. "'Baller' klingt so, wie ich mir die wilden Partys in Berlin vorstelle." Den deutschen Beitrag sehen beide "mindestens" auf dem zehnten Platz. "Aber sie haben das Potenzial, um zu überraschen", erklärt Domantas. "Wer weiß, vielleicht landen sie noch deutlich weiter vorn."
Alicja: "Der beste deutsche Beitrag der letzten Jahre"
Alicja und ihre Mutter schlendern durch die Basler "Eurovision Street". Die Ukrainerinnen leben wegen des russischen Angriffskrieges gegen ihr Heimatland mittlerweile in Deutschland und haben deshalb auch den nationalen Vorentscheid verfolgt, bei dem sich Abor und Tynna gegen viele weitere Mitbewerber durchsetzen konnten. "Es war mein Lieblingssong, von daher bin ich froh, dass die beiden gewonnen haben", sagt Alicja. "Es ist der beste deutsche Beitrag der letzten Jahre!"
An "Baller" gefalle ihr besonders das Tempo und die Energie, die das Lied transportiere. "Außerdem sehen die beiden einfach verdammt gut aus", sagt die junge Ukrainerin und lacht dabei.
An eine Platzierung in den Top 10 glaubt Alicja trotzdem nicht. Dafür sei der Wettbewerb in diesem Jahr zu stark. "Aber ich glaube, irgendwas auf den Plätzen 13 bis 15 ist möglich", erklärt sie.
Mark und Julio: "Abor und Tynna erinnern an Lena"
Auch Mark und Julio wollen sich den ESC live in Basel anschauen. Vor einem Kaffee-Geschäft in der "Eurovision Street" loben der Ire Mark und der Ecuadorianer Julio den deutschen ESC-Beitrag in höchsten Tönen: "Abor und Tynna erinnern an Lena", sagt Mark. Auch sie halten "Baller" für den besten Eintrag seit Jahren.
Endlich habe Deutschland einen modernen, schnellen Song, der perfekt zum Eurovision Song Contest passe, erklärt Mark. "Außerdem hat sich das deutsche Team beim Bühnenbild selbst übertroffen, es ist fantastisch!" Julio lobt vorrangig die Sängerin Tynna: "Sie ist jung, sie hat Charisma, sie hat eine tolle Bühnenpräsenz und sie ist sehr schön", erklärt der Ecuadorianer.
Beide glauben, Deutschland könne in diesem Jahr wieder auf den zehn vorderen Plätzen landen. "Das hätten Abor und Tynna verdient", sagt Mark.
Eris: "Deutschland kann auf dem zweiten oder dritten Platz landen"
Der Schweizer Eris hört nicht viel deutsche Musik, aber hält den deutschen Beitrag dennoch für gelungen. "Jeder Künstler macht beim ESC sein Ding – und Abor und Tynna machen das auch, stechen aber trotzdem heraus", sagt er.
Ihm geht es beim Eurovision Song Contest darum, dass alle Künstler, insbesondere die unbekannten, eine Bühne bekommen. Passend zu seiner schweizerischen Nationalität gibt sich Eris neutral: "Ich schätze alle Künstler, die hier auftreten – egal ob sie aus Deutschland, aus der Schweiz oder aus Lettland kommen", sagt er grinsend.
Er traut dem deutschen ESC-Beitrag besonders viel zu: "Wenn es gut läuft, können Abor und Tynna auf dem zweiten oder dritten Platz landen", sagt er. "Da kann am Samstag alles passieren."
- Eigene Recherche in Basel
- Fan-Ranking in der "My Eurovision Scorboard"App