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Karikaturist: Abgründe hinter dem schönen Schein - Gerhard Haderer wird 70


Karikaturist
Abgründe hinter dem schönen Schein - Gerhard Haderer wird 70

Von dpa
29.05.2021Lesedauer: 2 Min.
Abgründig: Gerhard Haderer wird 70.Vergrößern des BildesAbgründig: Gerhard Haderer wird 70. (Quelle: Swen Pförtner/dpa./dpa)
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Linz (dpa) - Ein prachtvolles Bergpanorama. "Das wird alles einmal dir gehören", sagt ein Vater zu seinem Sohn. Bei näherem Hinsehen wird klar: Sie wandern durch ein Plastikmüll-Gebirge.

Gleichzeitig schön, lustig und bitterböse sind viele Cartoons von Gerhard Haderer, der ein Vierteljahrhundert lang für den "Stern" zeichnete. "Wenn man etwas zu sagen hat, dann muss man auch bereit sein, Ecken und Kanten zu zeigen", sagt der österreichische Karikaturist der Deutschen Presse-Agentur. Diesen Samstag wird Haderer 70 Jahre alt.

Dass er nicht vor Kontroversen zurückschreckt, hat Haderer mehrfach bewiesen. Im März ließ er ein 230 Quadratmeter großes Bild des österreichischen Bundeskanzlers Sebastian Kurz an einer Hausmauer im Zentrum Wiens anbringen. Auf der Brust des jungen Kanzlers klafft ein herzförmiges Loch - als Kritik an seiner restriktiven Migrationspolitik. Haderer nimmt Kurz häufig ins Visier. Kurz sei als perfekter Medienpolitiker ohne erkennbare Substanz eine Ausnahmeerscheinung, meint der Karikaturist: "Das ist eine Art von Plastikfigur, die da designt wurde oder die er selbst designt hat."

Vom Werbegrafiker zum Karikaturisten wurde Haderer, als er ungefähr 30 Jahre alt war und in seinen kommerziellen Arbeiten zunehmend Satirisches durchschimmerte. "Wenn ich da die glückliche Hausfrau gezeichnet habe, die mit irgendwelchen Waren aus dem Supermarkt kommt, hatte die einen bestimmten Ausdruck, der die Auftraggeber irritierte", erzählt er. So habe er seine Bestimmung entdeckt.

International bekannt wurde Haderer für seinen kontroversen Cartoon-Band "Das Leben des Jesus", das den Messias als Weihrauch-kiffenden Surfer darstellte. Das Buch sorgte nicht nur in Österreich für heftige Reaktionen. Ein Gericht in Griechenland verurteilte ihn im Jahr 2005 in Abwesenheit zu sechs Monaten Haft wegen Verletzung des öffentlichen Anstandes und religiöser Gefühle. In zweiter Instanz wurde das Urteil aufgehoben. Auch danach nahm Haderer die Kirche aufs Korn. In seinem großformatigen, altmeisterlichen Ölgemälde aus dem Jahr 2014 versohlt Jesus dem Papst im Vatikan den nackten Hintern. Einige der anwesenden Kardinäle schauen entsetzt, andere beobachten die Szene mit interessiertem Blick.

Satiriker machen sich angreifbar und müssen damit umgehen, sagt Haderer. Nach dem tödlichen Terroranschlag auf die Redaktion der Pariser Satirezeitschrift Charlie Hebdo im Jahr 2015 kann man jedoch aus seiner Sicht begabten jungen Menschen nicht mehr empfehlen, Karikaturisten zu werden. "Es ist ganz klar, dass es hier eine Zäsur gibt", sagt er. Zeitungen würden nun Selbstzensur üben. Außerdem sei das Internet schneller und spontaner als gedruckte Publikationen. "Die beste Satire passiert derzeit im Netz."

Haderer veröffentlicht trotzdem weiterhin auf Papier. Unter anderem erscheint monatlich "Moff", ein Haderer-Heftchen im Miniaturformat. Nebenbei betreibt der im oberösterreichischen Linz und am Attersee lebende Cartoonist die "Schule des Ungehorsams", die Menschen zum satirischen Widerstand animieren will. Neben Ausstellungen und Diskussionsveranstaltungen bietet diese Plattform auch an Schulen Workshops über politische Karikaturen an.

Für seinen runden Geburtstag hat Haderer, der sich als "Geburtstagsmuffel" bezeichnet, keine Pläne geschmiedet. Jedenfalls will er auch nach seinem 70. Jahrestag Pinsel und Stift noch nicht ablegen. "Ich werde mich so lange der Malerei und Zeichnerei widmen, solange mir das Spaß macht, solange das eine bestimmte Leichtigkeit hat", sagt er. "Anstrengung war noch nie meine wirkliche Bestimmung."

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