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Rick Kavanian: "Habe das noch nie gesagt, aber ich bin ihr dankbar"


Comedian selten privat
Rick Kavanian: "Habe das noch nie gesagt, aber ich bin ihr dankbar"

InterviewVon Janna Halbroth

18.09.2022Lesedauer: 9 Min.
Interview
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Rick Kavanian: Im Interview wird der Comedian selten privat.Vergrößern des Bildes
Rick Kavanian: Im Interview wird der Comedian selten privat. (Quelle: IMAGO / APress)

Er ist ein Garant für gute Laune: Rick Kavanian bringt seit fast 25 Jahren Zuschauer zum Lachen. Wen er selbst lustig findet, wie es sich im Schatten von Bully Herbig lebt und was er seiner Frau zu verdanken hat, verrät er im t-online-Interview.

1997 startete Rick Kavanian mit der "Bullyparade". An der Seite von Michael Bully Herbig bewies er, dass auch deutsche Sketche witzig sind. Doch wie der Titel der Show schon verriet, war es eine Parade von Michael Bully Herbig. Auch die Filme "Schuh des Manitu" oder "Traumschiff Suprise" machten Kavanian berühmt, Anführer blieb dennoch immer Herbig.

"Es ist zugegeben ein sehr großer Schatten", verrät der 51-Jährige im t-online-Interview. Wie er es geschafft hat, seinen eigenen Platz in der Sonne zu finden, welchen Anteil seine Ehefrau daran hat und was er über seinen verstorbenen Comedykollegen Mirco Nontschew zu sagen hat, lesen Sie im Interview.

Anmerkung der Redaktion: Das Interview wurde vor dem Tod von Mirco Nontschew geführt.

t-online: Herr Kavanian, was macht für Sie guten Humor aus?

Rick Kavanian: Guter Humor ist originell, nicht verletzend, nicht verachtend. Er darf nicht schon mal dagewesen sein. Das ist die schwierigste Herausforderung. Guter Humor ist meistens auch etwas. das spontan entsteht. Es ist nichts, was man auswendig gelernt hat. Ich mag Menschen, die diese sogenannten Funny Bones haben. Die originär komisch sind.

Zum Beispiel?

Mein Lieblingsbeispiel ist mein Freund und Kollege Mirco Nontschew. Der ist tatsächlich so. Der lebt auch bei der Arbeit mit dem Anspruch, neue Dinge zu erzählen. Das ist unfassbar schwierig. Es ist nicht leicht, sich immer neu zu erfinden. Das ist ein irrer Anspruch, aber Mirco ist so extrem anspruchsvoll, was sich selbst und seine Komik betrifft. Das bewundere ich und das bekäme ich auch gern hin. Manchmal gelingt es mir, manchmal aber auch nicht. Ich finde es gut, wenn man sich selbst hinterfragt und einen hohen Anspruch an den Humor hat. Ich finde es auch toll, wenn man Jung und Alt gleichzeitig unterhalten kann. Also ich habe auch nichts dagegen, mal einen erwachsenen Witz zu machen, um Gottes Willen. Aber ich finde es schön, ich mag eben dieses Bild mit drei, vier Generationen vorm Bildschirm zu sitzen und lachen zu können.

Einige Ihrer Kollegen, wie Torsten Sträter, Kurt Krömer und auch Nora Tschirner, haben vor Kurzem über Depressionen gesprochen. Gerade, weil diese Personen nach außen hin so lustig sind, ist man schnell erschrocken. Sehen Sie einen Zusammenhang zwischen Komikern, die unter Depressionen leiden?

Also ich nehme das als Krankheit sehr ernst. Ich kenne auch den einen oder anderen aus dem Freundes- und Bekanntenkreis, der damit zu kämpfen hat. Die Komik hat mit der Depression an sich nichts zu tun. Ich denke aber, Leid nährt Humor. Ich glaube nicht, dass du depressiv sein musst, um lustig zu sein. Torsten und Nora haben es ja, Gott sei Dank, im Griff. Das hoffe ich zumindest. Und dadurch können Sie zurückblicken auf das, was sie in der Krankheit erfahren haben und können daraus Humor generieren.

Die Depression kann also hilfreich sein, um lustig zu sein?

Ich glaube aber, dass es nicht zwingend eine Voraussetzung ist, um lustig zu sein. Gleichwohl bin ich der Meinung, dass es dem Humor hilft. Yves Saint Laurent hat lustigerweise mal gesagt: "Wenn es mir am schlechtesten geht, kreiere ich die großartigsten Schnitte." Da ist schon ein Zusammenhang da, dass Leid oder Krankheit oder Trauer etwas Gutes hervorrufen können. Es sollte aber keinesfalls Voraussetzung sein. Man kann auch unbeschwert kreativ sein. Ich wünsche niemandem diese schlimme Sache.

Sie haben unglaublich viel mit Michael Bully Herbig zusammen gemacht. Haben Sie manchmal das Gefühl, in seinem Schatten zu stehen?

Das hatte ich früher mal, ja. Es ist auch zugegeben ein sehr großer Schatten. Was der Mann alles kann, geht auf keine Kuhhaut. Wir haben uns anfangs immer den Spaß gemacht und gesagt: Er ist geklont. Er führt da Regie, er steht da vor der Kamera. Moment mal. Er führt noch eine Firma. Das kann nicht derselbe Typ sein. Also der Schatten ist wirklich gigantisch. Als es losging mit "Manitu" und mit "Traumschiff", war er der Typ im Drivers Seat. Der ist das Ding gefahren. Da ist ganz viel auf seine Initiative entstanden. Er war unser Leitwolf, keine Frage.

Und dann wollten Sie irgendwann ihr eigener Leitwolf werden, statt im Rudel hinter ihm herzurennen?

Klar. Irgendwann denkst du dir schon: Jetzt möchte ich mich doch gerne mal ein bisschen unabhängig machen. Ich habe dann damals, 2006/2007, mein erstes Soloprogramm gemacht, wollte auch auf die Bühne gehen. Ich habe mir das erarbeitet, es hat sich gut angefühlt und war auch schön für unsere Beziehung. Er hat immer sehr großen Respekt gehabt vor mir, wenn ich auf Tournee gegangen bin und zwölf Jahre lang von Theater zu Theater gezogen bin. Das hat auch unserer Kreativität wiederum gutgetan. Und als wir dann wieder mit Christian Tramitz zusammen "Bullyparade – der Film" gemacht haben, war das ein ganz anderes Arbeiten. Jeder hat sein eigenes Ding gemacht und wenn dann die Band wieder zusammenkam, war das schön.

Filme wie "Der Schuh des Manitu" waren unheimlich große Erfolge. Hat Sie das unter Druck gesetzt?

Überhaupt nicht. Ich habe mir darauf nie etwas eingebildet, weil mir diese Flüchtigkeit tatsächlich bewusst war. Außerdem habe ich das Glück, ein Umfeld um mich herum zu haben, das mich immer sehr geerdet hat. Wenn ich nach Hause gekommen bin und gesagt hab: "Mich haben zwölf Millionen Leute im Kino gesehen", hat meine Frau gesagt: "So jetzt trägst du trotzdem erstmal den Müll runter." Es ist wichtig, dass man Menschen hat, die einen erden und dass man sich eben selbst nicht so über den Erfolg definiert.

Werden Sie manchmal auf diese Filme reduziert?

"Manitu" liegt jetzt 20 Jahre zurück. Natürlich ist es schön, wenn sich Leute daran erinnern. Es ist toll, wenn neue Generationen den Film entdecken. Es freut mich, wenn "Traumschiff Surprise" an Silvester oder am 1. Januar läuft und die Leute einen darauf ansprechen. Das macht mich auch ein Stück weit stolz. Aber ich glaube schon, dass es wichtig ist, sich neu zu erfinden und sich nicht immer so sehr auf die Vergangenheit zu berufen. Es hat uns geholfen und extrem weitergebracht. Es ist wunderbar, bei so etwas dabei gewesen zu sein. Aber der Alltag sieht anders aus. Mein Handwerk ist es zu unterhalten. Mein Handwerk ist die Komik, das Schauspiel. Und so ein mega Erfolg hat nichts mit Daily Business oder Daily Routine zu tun.

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In ihrem Alltag zu Hause, wo Sie den Müll runterbringen, wer ist da lustiger: Sie oder ihre Frau?

Meine Frau. Es ist wirklich meine Frau, sie ist super lustig. Und ich glaube, sie weiß das auch. Ich habe das große Glück, mit einer lustigen Frau zusammen zu sein.

Ist das etwas, was Sie beide als Paar ausmacht?

Ich glaube schon. Ich lerne von meiner Frau. Ich habe sowas noch nie öffentlich gesagt, aber ich bin ihr wirklich dankbar. Ich liebe den Beruf so sehr, dass ich manchmal perfekt sein will. Man wird dann schnell zum Pedanten. Wo kann man schleifen? War das lustig genug? War das Timing gut? Sah ich richtig aus? Sie ist auch pedantisch, aber sie kann dann sagen: "Sag mal, siehst du das eigentlich noch? Spinnst du eigentlich?" Dann sage ich: "Ja du hast recht, ich übertreibe." Sie holt mich dann runter und sagt: "Dein Beruf ist gar nicht so wichtig. Jetzt lass uns mal was anderes machen. Gehen wir mal ein bisschen in den Wald. Krieg mal die Birne frei. Es gibt andere Themen, die viel wichtiger sind."

Hilft das?

Das hilft enorm. Es ist wirklich eine Zwickmühle. Ich will gut sein. Ich glaube, es ist nicht um der Pedanterie oder um des Perfektionismus willen. Ich will einfach etwas Tolles zeigen. Etwas, worüber die Leute lachen können. Humor ist wirklich anspruchsvoll und mir sehr wichtig. Trotzdem ist es essentiell, dass man Menschen hat, wie meine Frau, die dann sagen: Stopp! Es reicht.

Wo sie sehr witzig sind, ist als Dracula im Film "Hotel Transsilvanien". Sie sind jetzt schon zum vierten Mal dabei. Warum eigentlich?

Ich habe Sony einen Revolver an den Kopf gehalten und gesagt: Freunde, ich oder ich nicht (lacht). Nein, so schlimm war es nicht. Ich habe die Rolle schon richtig vermisst. Ich habe mittlerweile sogar schon Dracus Frisur. Er ist wirklich geworden und in mir aufgestiegen. Er lebt in mir. Ich liebe Dracu und ich liebe das "Hotel Transsilvanien". Das macht mir wirklich uneingeschränkt Freude. Ich kann und möchte den auch gar nicht gehen lassen.

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Geht es Ihnen mit all Ihren Rollen so, dass Sie diese so verinnerlichen und sie so in Ihr Herz schließen?

Es kommt auf die Größe der Rolle an. Das ist jetzt aber tatsächlich eine Figur, die ich schon seit 2012 übernehme. Aber selbst im ersten Teil war es kein Fremdkörper. Im Original hat ihn Adam Sandler gesprochen und wir haben in Deutschland so ein bisschen die Aufgabe, so nah wie möglich an das Original ranzukommen. Ich habe mir damals gedacht, das ist schwierig, denn im Original klingt er ein bisschen wie eine seiner jüdischen Tanten oder Onkel. Das im Deutschen nachzumachen, kann ich gar nicht. Ich hatte dann die Idee, einen ungarischen Freund von mir nachzumachen beim Casting.

Sie mache unglaublich viele Dialekte und Akzente nach – woher nehmen Sie dafür die Inspiration? Sind das immer Freunde oder Bekannte, an denen Sie sich orientieren?

Es muss kein Freund oder jemand aus der Familie sein. Manchmal werde ich tatsächlich am Flughafen, am Bahnhof oder beim Einkaufen inspiriert. Das was ich sehe, beeindruckt mich. Manchmal mehr, manchmal weniger, manchmal positiv, manchmal negativ. Manchmal bleibt etwas hängen. Manchmal kann ich etwas abrufen, manchmal nicht. Das ist das Faszinierende. Mir macht es aufrichtig Freude, Menschen zu beobachten, ohne ein Voyeur zu sein. Mich faszinieren Menschen.

Sie sind Schauspieler, haben Schauspiel studiert. Haben Sie schon mal den Wunsch gehabt, ernste oder dramatische Rollen zu spielen?

Ja, wenn es sich ergibt, total gerne. Allerdings habe ich festgestellt, dass ich wohl so alt werden müsste, wie Dracula, bis irgendjemand meine dramatische Ader entdeckt. Das ist in Deutschland tatsächlich ein bisschen schwieriger. Mein Lieblingsbeispiel ist immer Jeff Daniels in Amerika. Der kann im selben Monat "Dumm und dümmer" mit Jim Carrey machen und gleichzeitig die zweite Staffel "Newsroom" rausbringen für HBO. Und keiner wird sagen: "Wieso ist Jeff Daniels einmal ernst und einmal lustig?" Da ist das kein Problem. Hier sind wir leider noch nicht so weit. Aber ich werde Pionierarbeit leisten (lacht). Auf der anderen Seite freut es mich, wenn Leute über das lachen können, was ich mache.

Das ist ja auch viel wert. Was glauben Sie: Liegt es eher an den Zuschauern oder an den Machern, dass Künstler oft in Schubladen gesteckt werden?

Ich glaube an beiden. Es ist eine Mischung. Es gibt sicherlich Sehgewohnheiten. Aber ich kenne auch das Verhalten der Sender. Ich möchte jetzt nicht sagen, wer das war, aber ich hatte einmal mit einem landesweiten Sender in Deutschland eine große Diskussion. Ich fragte: Warum müsst ihr denn im Jahr 2021, wenn ihr ein Jugendsender sein wollt, immer noch Hits aus den Achtzigern spielen? Die Antwort: Weil die Bevölkerung auf dem Land das so gewohnt ist. Im Bayerischen sagen wir dazu: Was der Bauer net kennt, frisst er net. Aber so ist es ja nicht. Wenn du dem Bauern einen coolen Track aus dem Jahr 2022 präsentierst, dann sitzt er auch auf seinem Trecker und denkt sich: "Ey geil, zu der Nummer kann man viel besser grooven als zu 'Stayin' Alive'".

Der Zuschauer ist also bereit?

Ja. Egal ob er auf dem Land lebt oder nicht. Ich glaube, wenn du dem was Gutes, was Modernes zeigst, dann ist der interessiert. Die Verantwortlichen machen sich da zu sehr einen Kopf oder sind vielleicht auch weniger risikobereit. Gerade momentan haben wir natürlich eine fragile Situation mit all dem, was im letzten Jahr passiert ist.

Sie meinen die Corona-Krise.

Ja, man ist vorsichtig geworden. Klar. Aber trotzdem würde ich gerne irgendwie an alle Verantwortlichen sowohl an die Studios als auch an die Produzenten appellieren: Lasst uns gemeinsam etwas auf die Beine stellen, was uns Spaß macht. Nicht das, was wir schon mal gesehen haben, was wir schon mal gemacht haben.

Verwendete Quellen
  • Interview mit Rick Kavanian
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