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Boris Becker | Ex-Häftling berichtet: So wird sein Knast-Alltag aussehen


"Der blanke Horror"
Ex-Häftling berichtet: So sieht Boris Beckers Knast-Alltag aus

Von Jennifer Doemkes

Aktualisiert am 03.05.2022Lesedauer: 3 Min.
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Boris Becker: Der Tennisstar sitzt im Gefängnis.Vergrößern des Bildes
Boris Becker: Der Tennisstar sitzt im Gefängnis. (Quelle: IMAGO / UPI Photo)

Am Freitag trat Boris Becker seine Haftstrafe an, wurde ins Londoner Wandsworth Gefängnis gebracht. Ein Ort, der für seine Härte bekannt ist. Wie der Tennisstar dort lebt, hat Ex-Häftling Chris Atkins t-online erzählt.

Sexualstraftäter, Mörder, Drogenjunkies – und mittendrin Tennislegende Boris Becker. Seit Freitagnachmittag sitzt der ehemalige Profisportler wegen Insolvenzverschleppung im Londoner Wandsworth Prison, einem der härtesten Gefängnisse Großbritanniens. Ein dunkler Steinbau aus dem viktorianischen Zeitalter, an dem seit seiner Eröffnung 1851 nicht viel verändert wurde.

"Dieser Ort ist der blanke Horror. Alles daran ist schrecklich", berichtet Chris Atkins im Gespräch mit t-online. Der britische Autor und Filmemacher wurde 2016 wegen Steuerbetrugs verurteilt, verbrachte Monate dort, wo nun auch Boris Becker den Beginn seiner zweieinhalbjährigen Strafe absitzt. Er weiß: Aktuell macht der Tennisstar die härteste Zeit durch, denn er ist auf engstem Raum mit den "furchteinflößendsten Gestalten" eingesperrt.

Täglich werden in London Hunderte Kriminelle verurteilt, ein großer Teil von ihnen wandert direkt in die zweitgrößte Haftanstalt des Landes: Wandsworth. "Alle Neuankömmlinge werden zunächst im so genannten Einweisungstrakt untergebracht, darunter psychisch Kranke und Häftlinge auf Drogenentzug", berichtet Atkins. "Es ist der schlimmste Flügel des Gefängnisses, laut und voller Gewalt."

"Wenn er Glück hat, darf er eine Stunde am Tag raus"

Erst nach Tagen der Isolation werden die Gefangenen auf die verschiedenen Bereiche aufgeteilt. Promistatus gibt es keinen, auch nicht für einen Boris Becker. Er muss seine Zelle teilen, die Zuordnung erfolgt zufällig. Knapp sechseinhalb Quadratmeter umfasst der Raum aus "Zement und Dreck", wie Atkins sagt. Durch die Fensterschlitze dringt kaum Sonnenlicht. "Man schläft auf harten Pritschen mit dem Kopf quasi an der Toilettenschüssel."

Die ersten Wochen wird Becker fast rund um die Uhr hinter verschlossenen Türen verbringen. "Wenn er Glück hat, darf er eine Stunde am Tag raus in den Hof, sich die Beine vertreten", erklärt der britische Autor. Auch sonst wird der dreifache Wimbledon-Sieger nicht viel außer derselben vier Wände zu Gesicht bekommen.

Selbst das Essen wird in der Zelle eingenommen. Feste Schlafzeiten oder einen Weckruf gibt es nicht – "es gibt ja eh nichts zu tun". Einziges "Highlight": Um 11.30 Uhr darf sich jeder Gefangene das Mittagessen abholen, laut Atkins eine "ungenießbare Pampe". Dabei wird direkt das Frühstück für den nächsten Morgen ausgehändigt. Eine Tüte mit etwas Brot, Milch, Tee – "wenn man Glück hat auch mal Kaffee". Zum Abendbrot gibt es ein aufgetautes Sandwich.

Auch der Hygienestandard sei grenzwertig, "geduscht wird alle paar Tage, mit 150 Mann unter drei Brausen, die aus der Decke ragen". Die Zeit können sich die Häftlinge kaum vertreiben. "Einige Zellen haben Fernseher, dort laufen ein paar wenige Programme, wie Nachrichten." Sport sei zwar ein großes Thema, es gebe sogar ein Fitnessstudio, in Wandsworth herrsche allerdings so großer Personalmangel, dass schlichtweg die Möglichkeit fehle, die Gefangenen dort hin zu bringen und zu beaufsichtigen.

Kaum Kontakt zur Familie

Kontakt zu seiner Familie ist Boris Becker nur eingeschränkt möglich. Er darf zu bestimmten Zeiten ausgewählte Nummern anrufen. Besuch gibt es nur zweimal im Monat für jeweils eine Stunde. Eines der wenigen persönlichen Dinge, die die Häftlinge mitnehmen dürfen, sind Fotos. "Sonst geben sie alles ab – selbst ihre Identität, sie sind nur noch eine Nummer."

Da falle ein Boris Becker nicht auf. Wärter als auch Häftlinge würden Atkins zufolge zwar mit Sicherheit wissen, wer die Tennislegende ist, es gebe aber sowieso so wenig Interaktion untereinander, dass das keine Rolle spiele. "Sie machen sich keine Gedanken um Boris. Solange er keinen Ärger macht, lassen sie ihn in Ruhe."

Allzu lange wird der Tennisstar sowieso nicht in in Wandsworth bleiben, ist sich Atkins sicher. "Es ist eine Art Durchlauf-Gefängnis. Er wird als sehr geringes Risiko eingestuft und nach wenigen Wochen in eine Haftanstalt mit geringerem Sicherheitsstandard verlegt werden", prophezeit der Filmemacher. Bei guter Führung sieht er ihn nach weniger als der Hälfte der Zeit wieder auf freiem Fuß.

Was er Boris Becker bis dahin rät? "Verhalte dich unauffällig und lasse es über dich ergehen." Becker sei ein Sportheld, der bereits auf dem Platz bewiesen habe, wie abgehärtet er ist. "Es wird ihn verändern, aber nicht brechen", glaubt Atkins. "Gerade hat er vielleicht noch Selbstmitleid, aber nach Monaten im britischen Gefängnis wird er erkennen, wie viel Glück er eigentlich hat. Er wird nicht wie Hunderte seiner Mitgefangenen in diesem dysfunktionalen System untergehen, sondern zurück zu seiner Familie können, zurück in sein Leben. Und das wird er zu schätzen wissen", glaubt der Autor.

Verwendete Quellen
  • Gespräch mit Chris Atkins
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