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Schauspieler Hannes Wegener: "Der Aktivist in mir ist wach geworden"


Schauspieler Hannes Wegener
"Der Aktivist in mir ist wach geworden"

Von Maria Bode

08.08.2022Lesedauer: 6 Min.
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Hannes Wegener: Der Schauspieler hat eine Hilfsorganisation gegründet.Vergrößern des Bildes
Hannes Wegener: Der Schauspieler hat eine Hilfsorganisation gegründet. (Quelle: IMAGO / Future Image)

Das Publikum kennt ihn aus zahlreichen Erfolgsserien. Doch inzwischen ist Hannes Wegener nicht mehr nur als Schauspieler aktiv.

Hannes Wegener steht für viele große TV-Produktion vor der Kamera. 2017 spielte er etwa im ZDF-Dreiteiler "Der gleiche Himmel", zuletzt in der Serie "Der Palast" und im Netflix-Film "München – Im Angesicht des Krieges". Außerdem hat der Schauspieler gemeinsam mit seiner Schwester eine Hilfsorganisation gegründet.

Welche besondere Errungenschaft ihrer Großeltern die Geschwister damit weiterführen, erklärt er im Interview mit t-online. Zudem spricht der 41-Jährige über konträre Ansichten und erklärt, dass die Gesellschaft seines Erachtens mit solchen anders umgehen sollte, als es derzeit der Fall ist.

t-online: Herr Wegener, Sie haben 2021 die Organisation Cucomo mitgegründet. Was hat es damit auf sich?

Hannes Wegener: Cucomo steht für Cultural Cooperation Mozambique. Meine Schwester, ich und ein paar Mitstreiter wollen die Arbeit, die unsere Großeltern in Mosambik geleistet haben, fortführen. Wir engagieren uns punktuell in dem Land, in dem unsere Vorfahren einige Jahre ihres Lebens verbracht haben.

Was hat Ihre Großeltern nach Mosambik geführt?

Es gab zwischen der DDR und Mosambik ein Zusammenarbeitsabkommen. Leute aus der DDR gingen dorthin, um die politischen und gesellschaftlichen Strukturen im Sinne des idealen Kommunismus oder des praktischen Sozialismus mit aufzubauen. Im Gegenzug kamen Mosambikaner zur Ausbildung in die DDR. Im Zuge dessen sind meine Großeltern, in der Sportpädagogik tätig, 1986 für vier Jahre nach Mosambik gegangen und haben an der Universität zu Maputo Sportlehrer ausgebildet und mit Kindern Akrobatik gemacht. Sie haben ein gutes Stück ihres Herzens dort gelassen. Wir Enkelkinder wurden durch ihre Geschichten an diesen Ort herangeführt. Jetzt mussten wir entscheiden, was mit den aufgebauten Strukturen im Land passiert.

Das haben Sie inzwischen getan …

Genau, ich war 2021 erstmals in Mosambik und habe die alten Pfade offengelegt. Jetzt sind wir im Begriff, einen Spendenaufruf für konkrete Projekte zu starten.

Wie sehen die konkreten Projekte aus?

Das erste Projekt ist der Bau einer Solaranlage für eine Schule in einem Dorf nördlich von Maputo, die unsere Großeltern vor circa 15 Jahren mit Spendengeldern aufgebaut haben. Das Dorf heißt Banhine und die Unterstützung setzen wir jetzt fort.

Klingt sehr zeitintensiv …

Der Aktivist in mir ist wach geworden und ich schaffe mir Inseln: Gerade habe ich mich intensiv mit Cucomo beschäftigt, weil wir unsere Spendenkampagne jetzt starten. Parallel dazu bin ich Schauspieler.

Auf unserem Kontinent ist gerade Krieg. Wie setzen Sie sich damit auseinander?

Ende Februar waren wir kurz davor, einen Trip nach Mosambik abzusagen, weil die Situation in der Ukraine immer extremer wurde. Wir haben uns dann entschieden doch zu fahren, weil unabhängig von schlagartigen Krisenherden an vielen Orten strukturelle Unterstützung, Empowerment und Kontinuität sehr notwendig sind. Dennoch bin ich fassungslos. Aber die Situation lehrt uns auch etwas.

Was genau meinen Sie?

Es gibt auf dieser Welt Menschen, die nicht in unserer totalen Sicherheit aufwachsen. Es gibt so viele Traumata und es ist schrecklich, was den Menschen in der Ukraine, mitten in Europa, widerfährt. Es eine Realität, die leider an vielen Orten stattfindet. Ein Krieg von vielen.

Wie gehen Sie inzwischen mit den Nachrichten zum Krieg um?

Es ist eine Herausforderung, sich in der permanenten Zugänglichkeit von Nachrichten, die von Krisen berichten, eine Balance zu schaffen. Ich kann mich nicht passiv in diesen Strudel von Neuigkeiten hineinbegeben, da würde ich wahrscheinlich kaputtgehen. Ich gebe mir Nachrichten in einer Dosis, um einen Überblick zu haben und dabei aber auch stabil zu bleiben.

Das heißt?

Ich höre gerne Podcasts, um die Dinge im größeren Rahmen zu verstehen. Zum Beispiel "Making Sense" von Sam Harris. Eine großartige Institution, wo sich kluge Menschen zu relevanten Themen des Erdballs auf nicht-polemische Art austauschen und ein enormer Wert auf Diskurs gelegt wird anstelle von Phrasendrescherei.

Warum betonen Sie das so?

Man kann schnell Kopfschmerzen bekommen, von der im Moment weit verbreiteten Kultur der Vereinnahmung von Meinung und groben Einteilung in richtig und falsch. Ich versuche Besonnenheit walten zu lassen, auch wenn mich Meinungen und Perspektiven anderer innerlich provozieren. Bei Corona ist das ähnlich. Da fand ich es sogar noch schwieriger, weil viele Leute unmittelbar schwerwiegend davon betroffen waren, gesundheitlich, beruflich und sozial. Das war eine Zeit, in der man sich darüber klarwerden musste, worüber man seine persönlich wahrgenommene innere Freiheit definiert. Da hat es mir geholfen, in Afrika zu sein, wo Corona neben Malaria und Ebola nur eine weitere Pandemie ist. Die Leute lassen sich davon nicht in derselben Weise psychisch belasten wie die Menschen hier.

Wie sind Sie denn durch die Pandemie gekommen?

Im Grunde gut. Aber es gab Herausforderungen und Dispute durch sehr konträre Ansichten im sozialen Umfeld, die verstärkt wurden durch die äußeren Bedingungen. Das sind schon belastende Momente, wo man sich merkwürdig und anders begegnet ist, wenn man von verschiedenen Seiten auf dieselbe Sache guckt. Aber beruflich habe ich als Filmschauspieler davon profitiert, dass die Produktionen im Verbund direkt Pläne aufgestellt und gehandelt haben. Da muss man einfach sagen: Hut ab, Chapeau!

Aktuelle Projekte: Hannes Wegener ist derzeit im 2022 auf Festivals erschienenen Film "Jessy" zu sehen. Es geht darin um ein 13-jähriges Mädchen, dessen Vater unerwartet früher aus dem Gefängnis kommt. Jessy kann sich kaum noch an das Leben mit ihrem Vater erinnern. "Jessy fragt sich: Was ist damals passiert? Wie gehe ich damit um, dass dieser Mensch jetzt wieder in meinem Leben ist? Und wo treibt mich das eigentlich hin?", verrät Wegener. Zudem ist er in der vierten Staffel von "Babylon Berlin" zu sehen, die wohl noch in diesem Jahr erscheinen soll. "Es wird auf jeden Fall spektakulär", verspricht der Schauspieler, der zudem noch den ZDF-Eventzweiteiler "Süßer Rausch" über eine Schnapsbrennerfamilie ankündigt. "Ich bin Teil dieser Sippe und wir hatten dazu ganz herrliche Dreharbeiten in Italien", erklärt er.

Welche konträren Ansichten meinen Sie?

Ich habe Freunde aus der Veranstaltungsbranche. Aus deren Perspektive ist es ungerecht, wie sie im Vergleich zu anderen Bereichen, zum Beispiel Fußball, behandelt wurden. Da gab es Situationen, die nicht einfach waren. Aber es gibt immer eine Zeit, wo sich solche Dinge austragen. Dann gibt es wieder eine Zeit, wo man durchatmen kann. So geht es mir auch bei diesen Diskursen, die in meiner Branche aufkamen, mit Aktionen, die gemacht wurden. Wir als selbsternannte Friedensgesellschaft müssen das erdulden. Es gibt keinen eindeutigen Konsens, es gibt immer Überwerfungen und unterschiedliche Meinungen, andere Prinzipien. Man kann nicht sagen, dass jemand, der sich nicht impfen lassen will, per se ein Idiot ist. So etwas muss die Gesellschaft als Ganzes aushalten. Es geht darum, "ja" zu sagen zum Dissens.

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Als die Aktion damals auf dem Weg war, noch bevor sie rauskam, war ich nicht davon überzeugt, dass es ein gutes Konzept ist. Trotzdem kann ich den Impuls nachvollziehen, sich in dieser Enge, die sich ergeben hatte, irgendwie Luft verschaffen zu wollen. Der Rest ist Geschmackssache. Ich finde bestimmte Dinge, die danach gelaufen sind, heftig und ich finde wichtig, dass man sieht, wie es um unsere Diskussionskultur gestellt ist.

Was ist Ihnen denn mit Blick auf die Diskussionskultur aufgefallen?

Dietrich Brüggemann zum Beispiel, der die Aktion mit initiiert hat, war einem wahnsinnigen Shitstorm ausgesetzt. Er hatte im Grunde aus etwas anderer Perspektive versucht, mit Mitteln der Satire relevante Gedanken zu äußern. Auch wenn sie vielen im Verhältnis nicht angemessen erschienen, kontrovers waren und provoziert haben. Ich hatte meine individuelle Wahrnehmung von der Lage, die sich von seiner unterscheidet, aber kann respektieren, dass jemand andere Bausteine in den Diskurs einpflegen will. Wie er mit Medienschelte überzogen wurde, das war sehr außer Rand und Band. Allumfassender Konsens anhand einer geradezu konfektionierten öffentlichen Meinungsbildungsmaßnahme ist nicht einfach zu akzeptieren. Gerade in diesem Land. Eine Pandemie ist ein schwieriges Umfeld für zweifelsfreies Krisenmanagement. Im besten Fall sind unpopuläre Meinungen Interventionen, die eine Erweiterung der Wahrnehmung und eine Vergrößerung der Handlungsmöglichkeiten nach sich ziehen. Dafür bräuchte es aber eine unaufgeregte Art der öffentlichen Debatte.

Hatten die Corona-Maßnahmen denn Ihrer Ansicht nach mit Freiheitsbeschränkung zu tun?

Der innere Freiheitsbegriff definiert sich bei jedem anders, das konnte man durch die Pandemie gut erleben. Die Bedrohung der inneren Freiheit ist in unserem Land ein weit verbreitetes und gleichzeitig sehr misshandeltes Gefühl, scheint mir. Herdenverhalten ist bei uns stark geprägt und schnell aktivierbar, und bringt manchmal zweifelhaftes Bürger-erziehen-Bürger-Verhalten mit sich. Das kann starke Beunruhigung auslösen. In einer Extremsituation treten eben Spannungen zutage, die muss man als Gesellschaft aushalten und austragen. Cancel Culture, egal in welche Richtung und von welchem Standpunkt aus, ist da meist nicht hilfreich. Aber das wird sich schon wieder austarieren. Wichtig ist ja zuallererst, dass möglichst viele Menschen möglichst unbeschadet durch solche Extremsituationen durchkommen.

Verwendete Quellen
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